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Berliner SPD
Die Zukunft des Klaus Wowereit

Trotz vieler Probleme in der Hauptstadt ist der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit kaum politisch unter Druck. Ein geplantes Volksbegehren zu seiner Absetzung hat nur geringe Erfolgsaussichten. Auch in der Berliner SPD gibt es keine öffentliche Opposition gegen den 60-Jährigen.

Von Claudia van Laak | 20.03.2014
    Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit nimmt Platz im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses.
    Klaus Wowereit muss trotz vieler politischer Probleme in Berlin nicht um seinen Posten bangen (picture alliance / dpa / Florian)
    "Außerparlamentarische Ergänzung", so haben Martin Wittau und Felix Herzog ihre Initiative genannt. Die zwei sind die Gesichter des Volksbegehrens: der eine wie immer mit Rucksack und in kariertem Hemd – Felix Herzog; der andere heute im dunkelblauen Anzug – Martin Wittau:
    "Ich hab mich heute schick gemacht. Sonne scheint, Frühlingsanfang. Ein neuer Start. Wenn er klug ist und die Zeichen der Zeit erkennt, tritt Herr Wowereit von selbst ab."
    Wowereit-Gegner listen Flops auf
    Die Initiatoren des Volksbegehrens sind am Vormittag zum Abgeordnetenhaus gezogen, um den Startschuss zu geben. Die erste Hürde ist überwindbar: 50.000 Unterschriften in den nächsten sechs Monaten. Doch dann wird es schwierig: 500.000 Unterschriften in den darauffolgenden vier Monaten. Warum Klaus Wowereit lieber heute als morgen zurücktreten sollte? Felix Herzog zieht einen zerknitterten Zettel aus der Tasche:
    "Ein paar Gründe habe ich hier, das sind die Wowi-Top-Flops."
    Zehn Gründe liest Felix Herzog vom Blatt: Ganz oben steht der Hauptstadtflughafen BER, der nicht fertig wird. Dann der Wiederaufbau des Stadtschlosses, den die Politaktivisten für überflüssig halten, der schlechte Zustand der Berliner Schulen, die kaputten Straßen, die S-Bahn. Felix Herzog tut sich schwer mit dem Vorlesen:
    "Statt neuen Zügen fahren jetzt um zig Millionen revitalisierte renovierte DDR-Züge, (stottert), bis die hin sind und man doppelt Geld reinstecken muss."
    Wenn man mit den Akteuren der Berliner Landespolitik über die Initiatoren des Volksbegehrens redet, fällt das Wort "Spinner". Der offizielle Politikbetrieb nimmt sie nicht ernst, auch, weil sie keinen schlagkräftigen Verband oder Verein hinter sich haben. Die Opposition hält sich ebenfalls zurück: weder Grüne noch Linke unterstützen die Initiative zur vorzeitigen Neuwahl. Von der SPD ganz zu schweigen.
    Es fehlt der geborene Nachfolger
    "Wenn ein großes Unbehagen an Wowereit vorhanden wäre, dann wäre das auch in der Berliner SPD vorhanden, und zwar so manifest, dass aus der SPD heraus schon Initiativen gestartet worden wären, Wowereit zumindest aufzufordern, darüber nachzudenken, ob er zurücktreten soll oder nicht."
    Analysiert der Politikwissenschaftler Gero Neugebauer. Vielleicht wäre die Situation eine andere, gäbe es einen geborenen Nachfolger für den 60-jährigen Klaus Wowereit. Doch die Lage bei den Berliner Sozialdemokraten ist unübersichtlich, zwei Namen werden immer wieder genannt. Raed Saleh, Fraktionsvorsitzender im Abgeordnetenhaus und Jan Stöß, Landesvorsitzender. Der kommt mit dem Fahrrad, krempelt die Ärmel des karierten Hemds auf, bestellt einen Cappuccino und gibt sich selbstbewusst.
    "Der Landesverband der SPD in Berlin ist der einzige Landesverband bundesweit, der an Mitgliedern gewinnt, und das sogar recht deutlich."
    40 Jahre alt ist er, von Beruf Verwaltungsrichter und vor zwei Jahren ohne Unterstützung von Klaus Wowereit zum Chef der Berliner SPD gewählt worden. Die erste richtige Machtprobe zwischen den beiden war der Fall des Wowereit-Vertrauten Schmitz – der Kulturstaatssekretär, der Steuern hinterzogen hatte und vom Regierenden Bürgermeister gedeckt wurde. Wowereit war im Urlaub und Jan Stöß nutzte seine Abwesenheit, zwang Schmitz zum Rücktritt. Die öffentliche Retourkutsche folgte im Abgeordnetenhaus. Klaus Wowereit wurde zu einem Auftritt Thilo Sarrazins gefragt, den SPD-Chef Stöß in den Medien dezidiert kritisiert hatte.
    Klaus Wowereit, der König
    "Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, Landesvorsitzende können erzählen und argumentieren, (Lachen) wie sie wollen, (Lachen) … das gilt für Herrn Stöß genauso wie für Herrn Lauer – bei den Grünen fallen mir die Namen der Landesvorsitzenden gerade nicht ein (Lachen) – , und insofern möchte ich das nicht kommentieren (Lachen, Beifall)."
    Da ist sie, die sprichwörtliche Arroganz des Klaus Wowereit. Der König bin ich, und der Landesvorsitzende meiner Partei hat mir gar nichts zu sagen. Jan Stöß erwidert:
    "Das muss man bei Klaus Wowereit immer sportlich sehen."
    Könnte heißen: Ich habe mir ein dickes Fell zugelegt. Könnte aber auch heißen: der Wettbewerb ist eröffnet, ich nehme die Herausforderung an. Der Politikwissenschaftler Gero Neugebauer analysiert:
    "Der Landesvorsitzende weiß, dass er eigentlich unter den potenziellen Nachfolge-Kandidaten der sein müsste, der den Königsmörder spielt, aber er findet nicht genügend Leute, die sich auf der Treppe des Berliner Rathaus mit ihm versammeln, um dann den Regierenden zu erdolchen."
    Im Mai stellt sich Jan Stöß zur Wiederwahl – ob die Berliner SPD hinter seinem Kurs steht, wird das Wahlergebnis zeigen. Bislang hat sich Klaus Wowereit noch nicht geäußert, ob er bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl noch einmal antritt. Die wird im Herbst 2016 stattfinden – es sei denn, das heute gestartete Volksbegehren von Martin Wittau und Felix Herzog ist erfolgreich. Damit rechnet allerdings kaum jemand.