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Berufseinstieg
Bessere Chancen für Alleinerziehende

Nach der Elternzeit zurück in den Job - das ist besonders für Alleinerziehende schwer. Oft können sie nur Teilzeit arbeiten, was mit finanziellen Einbußen sowie geringeren Karrierechancen einhergeht. Die Handwerkskammer Rheinhessen bietet nun spezielle Kurse für Wiedereinsteiger an.

Von Anke Petermann | 14.11.2014
    Eine Mutter im Business-Anzug mit ihrem Baby auf dem Arm, in der Hand eine Kaffeetasse.
    Immer noch sind es meistens alleinerziehende Frauen, die Teilzeit arbeiten. (dpa / picture alliance / Lehtikuva Elina Simonen)
    Sabine John hat den Wiedereinstieg geschafft, als ihr Sohn zwei Jahre alt war. Der Anfang war allerdings holprig. In ihrem damaligen Wohnort Bad Münster am Stein fand John keinen Kita-Platz für ihren Sohn, am Arbeitsort in Ingelheim schon:
    "Aber die Auflage war, dass ich in diesen Ort ziehen muss, sonst wird mein Sohn dort nicht betreut werden".
    Sabine John bewältigte den Umzug mit Kleinkind samt beruflichem Neustart. Ihr Arbeitgeber, ein medizinisches Labor, bot ihr wie gewünscht eine Teilzeit-Stelle an. Der Preis allerdings war: ein Schritt zurück auf der Karriereleiter und finanzielle Einbußen.
    "Dadurch, dass ich nicht mehr Vollzeit arbeiten konnte, konnte ich meine qualifizierte Stelle nicht behalten und bin in eine niedriger qualifizierte Stelle gekommen."
    Als Vollzeitkraft zuständig für die Qualitätssicherung von Messverfahren, als Teilzeitkraft versetzt in die Reisestelle. Wiedereinstieg gleich Karriere- und Gehaltsknick? Dank Elternzeitgesetz hat sich das geändert, sagt Sonja Orantek vom Verband Alleinerziehender Mütter und Väter:
    "Es ist ganz klar, wenn ich in Elternzeit gehe und zurückkehre, habe ich den Anspruch auf den gleichen Arbeitsplatz. Und ich habe einen Anspruch darauf, die Arbeitszeit zu reduzieren für eine befristete Zeit, insofern ist es nicht rechtens, finanzielle Einbußen hinnehmen zu müssen."
    Qualifikationslücken schließen
    Trotz langjähriger Berufserfahrung tun sich Alleinerziehende mit der Eigenwerbung oft schwer. "Es gibt da so ein gefühltes 'Nicht mehr up-to-date-Sein,'" beobachtet Dominik Ostendorf von der Handwerkskammer Rheinhessen. Und, je nach Länge der Familienphase, tatsächliche Qualifikationslücken. Die Agenturen für Arbeit und die Kammern können helfen, diese zu schließen. Auf die Bedürfnisse von Alleinerziehenden hat die Handwerkskammer Rheinhessen ihre Management-Assistenzkurse zugeschnitten. Kurse, die Wiedereinsteigerinnen darin bestätigen, "dass sie die neuesten Erkenntnisse im rechtlichen, wirtschaftlichen, persönlichen, im Mitarbeiterführungsbereich haben und damit wieder sehr stark in eine neue Stelle gehen können, damit einfach mehr Selbstvertrauen haben, eine neue Stelle zu finden und der zweite Punkt, der dieses Management-Assistentinnen-Projekt macht: Er vermittelt die alleinerziehenden Frauen, die lange raus waren, in einen Betrieb, weil die praktischen Kenntnisse da sind."
    Mit einer Quote von 70, 80 Prozent in den vergangenen sieben Jahren. Zum Wiedereinstieg müssen Alleinerziehende allerdings die Betreuungslücken geschlossen haben, die Schule, Kita und Tagespflege lassen: Zwar hat die Hälfte der allgemeinbildenden Schulen in Rheinland-Pfalz Ganztagsbetrieb, aber ohne den Freitagnachmittag. Und die vom Land empfohlene Kita-Öffnungszeit zwischen 7 und 17 Uhr setzen nicht alle Träger um. Sabine John war deshalb für den Teilzeit-Job dankbar, auch wenn er mit finanziellen Einbußen verbunden war. Der Verband Alleinerziehender fordert, Schulen und Kitas länger zu öffnen. In dauerhaft reduzierter Arbeitszeit sieht Sonja Orantek keine Lösung:
    "In der Regel sind die Teilzeitstellen nicht existenzsichernd, schon gar nicht für Kind und Mutter."
    Vernetzung und gegenseitige Unterstützung
    Voll arbeiten können Alleinerziehende, wenn Firmen flexible Zeiten anbieten. Claudia Kuhn, Inhaberin des gleichnamigen Verpackungsservice in Mainz, ermöglicht Beschäftigten, von zuhause aus zu arbeiten und Gleit-Tage zu nehmen. "Keine Einbahnstraße", bilanziert die Unternehmerin, sie bekomme von der Belegschaft überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft zurück. Was Alleinerziehenden noch hilft? Auf die Vernetzung von Berufserfahrenen mit Wiedereinsteigern und auf gegenseitige Unterstützung setzt der Selbsthilfe-Verband der Alleinerziehenden. Sonja Orantek:
    "Bei uns ist es nicht so, dass da ein Berater sitzt, der von oben herab den Alleinerziehenden sagt, so und so musst du das machen, sondern da sitzt jemand, der die Situation selbst erfahren hat und auf Augenhöhe mit den Alleinerziehenden reden kann. Und das ist der große Vorteil daran."