Mittwoch, 17. April 2024

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Berufspraktika mit Erasmus+
So profitieren Auszubildende

Hotelfachfrau in Irland, Koch in Paris, Konditorin in Wien – auch Berufspraktika werden durch Erasmus+ gefördert. Bis zu zwölf Monate können Auszubildende ins Ausland gehen und dafür Zuschüsse erhalten. Wie genau die Förderung funktioniert, erklärt Berufsschullehrerin Christiane Bodammer.

Christiane Bodammer im Gespräch mit Michael Böddeker | 06.06.2017
    Zwei Auszubildende stehen zwischen Stromspeichern im größten kommerziellen Batteriespeicher Europas.
    Auszubildende erhalten durch Erasmus Plus Zuschüsse für Reise- und Aufenthaltskosten (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    Zu sehen ist Christiane Bodammer, im Hintergrung Bäume und Gras
    Christiane Bodammer ist Lehrerin an der Berufsbildenden Schule Osterholz-Scharmbeck und koordiniert dort seit vielen Jahren die Projekte zur Internationalisierung. Sie berät Auszubildende, Lehrkräfte und betriebliche Ausbilder zu den Möglichkeiten von Lernaufenthalten im Ausland mit Erasmus+. Daneben unterstützt sie Berufsschulen im Schulbezirk Lüneburg, die bisher noch keine eigenen Erasmusprojekte beantragt haben.
    Die wichtigsten Informationen im Überblick:
    Wie kann ein Auszubildender ein Erasmus+-Stipendium bekommen?
    Bodammer: Auszubildende können selbst keinen Projektantrag stellen. Ein Stipendium erhalten sie entweder über ihre Berufsbildungseinrichtung. Wenn diese kein Mobilitätsprojekt durchführt, können sie sich auf Praktikumsplätze von Pool-Projekten bewerben. Das geht über das Portal Mach mehr aus Deiner Ausbildung.
    An der Berufsbildenden Schule Osterholz-Scharmbeck informieren wir die Auszubildenden recht vielfältig über Erasmus+ und laden sie ein, sich zu bewerben. In einigen Berufsfeldern bestehen feste Kontakte zu Schulen und Einrichtungen in EU-Mitgliedsstaaten. So können zum Beispiel die angehenden Erzieher und Erzieherinnen ein Praktikum in den Niederlanden machen, der Bereich Pflege bietet Praktika in Spanien und Österreich an, der Einzelhandel in den Niederlanden, der Bereich Holztechnik hat Partner in Schweden und Norwegen und die Kfz-Mechatroniker/innen in Großbritannien. Auszubildende größerer Firmen gehen oft in die ausländischen Niederlassungen ihres Ausbildungsbetriebs.
    Wo entstehen oft Hürden auf dem Weg zum Erasmus-Stipendium?
    Bodammer: Schwierigkeiten ergeben sich gelegentlich daraus, dass die jungen Leute ein großes Interesse haben, ein Auslandspraktikum zu machen, ihre Ausbildungsbetriebe sie aber nicht freistellen möchten. Für kleine Betrieb ist es manchmal schwierig, Auszubildende für längere Zeit zu entbehren. Nach dem Berufsbildungsgesetz können Ausbildungsabschnitte aber auch ausdrücklich im Ausland als Teil der Berufsausbildung gelten. Die Ausbildung wird also nicht unterbrochen und die Ausbildungsvergütung wird weiter gezahlt.
    Wie begegnen Sie den Vorbehalten der Ausbildungsbetriebe?
    Bodammer: Eine gute Information und Vorbereitung kann einige Schwierigkeiten reduzieren. Wir nehmen zum Beispiel Kontakt mit den betrieblichen Ausbildern auf und versuchen ihnen zu verdeutlichen, worin der Vorteil der Auslandserfahrung liegt und was die Auszubildenden während des Praktikums lernen werden.
    Das hilft nicht immer, vor allem dann nicht, wenn Auszubildende in kleinen Betrieben arbeiten und dann für einige Wochen als Arbeitskraft ausfallen. Besonders erfolgreich lassen sich betriebliche Ausbilder überzeugen, wenn sie die Gelegenheit nutzen, selber einen kurzen Lernaufenthalt in den ausländischen Betrieben zu machen. Um die persönlichen Unsicherheiten der Auszubildenden zu reduzieren, bemühen wir uns, sie auch im Ausland zu begleiten.
    Was leistet das Erasmus+-Programm aus Ihrer Sicht?
    Bodammer: Erasmus+ ist ein, wenn wir mal von den bürokratischen Aspekten absehen, ganz wichtiges Programm, das auf der individuellen, der beruflichen und der politischen Ebene junge Menschen fördert. Gerade in diesen europaskeptischen Zeiten ermöglicht es durch konkrete Begegnungen in einem beruflichen Umfeld Europa zu erleben.
    Ohne den finanziellen Zuschuss wäre es nicht möglich, allen interessierten Auszubildenden, eine Lernerfahrung in den 33 Ländern, die bereist werden können, zu ermöglichen. Erasmus+ unterstützt auf diese Weise eine zukunftsweisende Ausbildung und neben berufsfachlichen Erfahrungen auch jede Menge Lernzuwachs im Bereich Persönlichkeitsentwicklung.