Donnerstag, 28. März 2024

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Bessere Schulverpflegung aus der Region

Agrarwissenschaftler in Göttingen haben ein Modellprojekt zur besseren Schulverpflegung ins Leben gerufen. Den Schülern soll es ein gesundes und frisches Essen geboten werden. Die Zutaten dazu kommen vorwiegend aus der Umgebung.

Von Carolin Hoffrogge | 03.01.2006
    [Kinderstimmen]:
    "Mir schmeckt´s eigentlich gut."

    "Ich esse heute Milchreis."

    "Am liebsten esse ich Griesbrei."

    "Heute habe ich mir so Kartoffeln mit Meerrettich..."

    Der Meerrettich, den Madita meint auf ihrem Teller zu haben, ist eine Gewürzgurke. Madita, Julian, Josephine und die anderen 1200 Schülerinnen und Schülern der Georg Christof Lichtenberg Gesamtschule essen das gerne, was wohl alle Kinder gerne essen: Nudeln, Milchreis oder Pommes Frites. Da muss sich Schulkoch Bernhard Theiss was einfallen lassen. Schließlich sollen die Kinder auch frische Kost essen:

    "Salat, Gurke, Tomaten, Zwiebeln, Gemüse und Obst."

    Nicht nur frisch soll es sein, so Bernhard Theiss, sondern auch gesund, schmackhaft und dabei möglichst billig. Diese drei Eigenschaften dem Essen mitzugeben, nennt sich in der Kochsprache Mischkalkulation:

    "Wir haben bei uns eine Mischkalkulation, da wir hier bei uns ständig ein Nudelbüffet anbieten. Was von unseren jüngeren Schülern besonders frequentiert wird. Und wir wissen es alle, das Nudeln günstig zu haben sind. Da bleibt dann Geld für unsere älteren Schüler über. Das ist mit viel Fingerspitzengefühl zu handhaben."

    Sein Fingerspitzengefühl rührt Koch Theiss in seinen Wochenplan. Puten Cordon bleu, Pfannengyros oder Kassler mit Grünkohl und Bio Kartoffeln. Dabei kommen die Kartoffeln genauso wie das Fleisch mittlerweile von südniedersächsischen Höfen.

    "Das ist eine Schlachterei in Geismar. Der Schlachter hält selber noch Tiere und kauft die anderen Tiere hier in der Region zu. Weil wir uns einfach auch gesagt haben, diesen Wahnsinn mit unnötigen Tiertransporten und so weiter müssen wir von hier aus nicht auch noch unterstützen."

    Ein regionales Netzwerk von Erzeugern und Vermarktern wollen die Agrarwissenschaftler der Universität Göttingen für die Schulkantinen in Südniedersachsen etablieren, so Dr. Maren Lüth:

    "Das Problem ist nur, das es sehr hoher Vorverarbeitungsgrad erforderlich ist. Es bringt nichts, wenn der einzelne Landwirt sich bereit erklärt Kartoffeln an die IGS zu liefern. Es muss Sammelstellen geben, das heißt das die Produkte in größeren Mengen zusammengefügt werden und schon einen Vorverarbeitungsgrad aufweisen, von daher sind wir sehr interessiert an Bündlern hier in der Region. Um die Anforderungen, die die Schulen haben eben auch zu erfüllen."

    Landwirte investiert in die Veredelung! So ließe sich ein Zwischenergebnis des Göttinger Projektes zur gesünderen Schulverpflegung zusammenfassen. Maren Lüth:

    "Da ist das Landvolk gerade dabei zu gucken, welche großen Maschinen gibt es hier schon in der Umgebung. Meistens sind das große Maschinen, die sich Landwirte im Verbund anschaffen, um dann eben sich dann auch diese Kunden einzustellen."

    Denn mit sandiger roter Beete, schrumpeligen Möhren oder runzeligem Sellerie kann Bernhard Theiss in seiner Schulkantine nichts anfangen. Auch wenn es einen sehr kurzen Weg aus der Region an seine Schule hinter sich gebracht hat.

    "Das Beste ist schon geputzt und geschnitten. Ich hoffe, das da bald ein Anbieter hier im Raum Göttingen ist."

    Für diese Infrastruktur setzen sich unter anderem auch die Landfrauen der Region Göttingen ein. Außerdem lassen sie sich fortbilden, um mit Schülern in den Ganztagsschulen gemeinsam zu kochen. Die Landfrauen Anja Köchermann und Ulrike Wille:

    "Köchermann:. Den Kindern nahe zu bringen, etwas selbst herzustellen. Ich denke das Kochen von originären Lebensmitteln ein ganz wichtiger Punkt ist, sich gesund zu ernähren. Wille: Man kann zum Beispiel selbst Brötchen backen, mit Haferflocken und Quark und dazu ein Gemüsedip machen, was billig ist, einfach herzustellen und einfach gesund ist."

    Da sich viele Schulen jetzt auf die Ganztagsbetreuung umstellen müssen und somit auch ein Kantinenessen anbieten sollen, rät der Schulleiter der Göttinger Gesamtschule, Wolfgang Vogelsänger seinen Kollegen, die Verpflegung nicht an Großküchen zu geben. Vielmehr sollen sie sich für eine eigene Schulkantine einsetzen.

    "Ich komme aus einer Schule aus Hannover, vor vier Jahren bin ich hierher gekommen, in der eine wunderbare Mensa gebaut wurde, aber die war völlig fehlkonstruiert, das keine eigene dort erbracht werden konnten, wir mussten das Essen annehmen, was uns geliefert wurde, was die Nacht über warm gehalten wurde, und wir haben das ganz klar an den Essenszahlen gesehen, die sind von 400 auf 100 gesunken."

    Das ist besorgniserregend, haben neuere Untersuchungen zur Ernährung doch ergeben, dass viele Kinder hierzulande nur in der Schule warm essen. Zu Hause bleibt - zumindest unter der Woche - oftmals die Küche kalt. Da ist es umso wichtiger dass die Schulkantine frische regionale Produkte auf den Teller bringt. In einem Jahr will die "Göttinger Studie zur gesunden Schülerverpflegung" Ergebnisse vorstellen, die auf alle Regionen in Deutschland übertragbar sind.