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Besuch bei einem 101-Jährigen
Mit 99 noch Schützenkönig geworden

Als Willi Passmann geboren wurde, hat noch der Kaiser regiert. 99 Jahre später wurde er selbst zum König - in seinem Schützenverein in Gummersbach. Der gelernte Metzger hat in seinem Leben oft neu anfangen müssen und vor allem als Gastwirt seine Leidenschaft gefunden.

Von Sören Brinkmann | 08.02.2019
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    Willi Passmann in seinem Lokal in den 80er Jahren. (Willi Passmann)
    Es war der 12. August 2017, der Willi Passmann urplötzlich ganz viel Aufmerksamkeit bescherte: Er legt an, trifft und schießt den Vogel ab und wird Schützenkönig in Steinenbrück, einem Ortsteil von Gummersbach – mit damals 99 Jahren.
    "Ich habe mich schon weggedreht, da war der Vogel noch oben. Auf einmal schrien die; da ist er doch runter gefallen."
    So wurde Willi Passmann zum wohl ältesten Schützenkönig Deutschlands. Inzwischen, so erzählt er, während er mit seinen Zeigefingern auf den Tisch tippt, als läge da ein Rechenbrett, inzwischen ist er genau ein Jahrhundert, ein Jahr und einen Monat alt.
    "Wenn man so alt geworden ist, hat man manches erlebt. Und da sind manchmal auch Schattenseiten bei. Die vergesse ich einfach. Das schöne Leben, da kann man sich freuen, dass man das noch so mitmacht in so einem hohen Alter."
    Seit 40 Jahren im Bergischen Land
    Ins Bergische Land, nach Gummersbach, kam Passmann aber erst mit Anfang 60. Geboren wurde er im Herzen des Ruhrgebiets. Im Januar 1918.
    "Ich bin in Oberhausen geboren. Und habe auch in Oberhausen gelernt."
    Er bekommt den Namen Wilhelm. Denselben Namen, den auch der Kaiser trägt, der zu dieser Zeit noch regiert. Alle nennen ihn aber Willi. Nach der Schule macht er eine Lehre als Metzger. Er wünscht sich seinen eigenen Betrieb. Doch da kommt der Krieg dazwischen und auch Willi Passmann wird eingezogen.
    "Wie ich vom Krieg zurückkam, wollte ich unbedingt auch wieder Metzger weiter machen. Ich hatte ja gelernt, Gesellenprüfung gemacht und jetzt gab es aber kein Fleisch, als ich wieder kam. Also war Selbständigkeit aus."
    Doch kurze Zeit später erfüllt er sich seinen Traum vom eigenen Betrieb. Und er hat eine Idee: "Machst du doch Metzgerei und Gaststätte zusammen. Das harmoniert gut. Und richtig, so war es auch."
    Der Meisterbrief als Metzger
    Damit wurde er im Nebenberuf und mit großer Leidenschaft Gastwirt...
    "Und man muss als Gastwirt mit den Leuten reden."
    ...erst in Oberhausen, dann in Gelsenkirchen und schließlich in Gummersbach.
    "Man muss sie unterhalten. Die wollen nicht nur an der Theke stehen und Bier trinken. Die wollen auch unterhalten werden. Wenn man das nicht macht, dann läuft sie nicht."
    Doch auch seinen Meisterbrief als Metzger hat Willi Passmann noch bekommen – 1953. Noch heute hängt er eingerahmt im Flur gleich neben der Eingangstür. Darunter, auf der Kommode, stehen Erinnerungsstücke und Bilder. Auf einigen ist Willi Passmann in seiner grünen Schützentracht zu sehen. Auch als Schützenkönig an der Seite seiner gut zehn Jahre jüngeren Frau. Eins zeigt ihn mit seiner Frau Ursel hinter der Theke in ihrem Lokal.
    Zum Deutschen Eck in Gummersbach
    "Wir haben das beide so ziemlich alleine gemacht. Ich hatte dann eine Kellnerin, die uns geholfen hat. Alle 14 Tage ist er sowieso nach Oberhausen gefahren, zum Kegeln am Ruhetag, und einkaufen in der Metro."
    Zum Deutschen Eck in Gummersbach haben sie betrieben, bis 1990 als sie sich zu Ruhe setzten.
    Beide sind das zweite Mal verheiratet – seit inzwischen 40 Jahren. Die erste Ehefrau von Willi Passmann ist mit 50 gestorben. Beide haben jeweils ein Kind aus erster Ehe und insgesamt mehrere Enkelkinder. Die leben allerdings ein Stück weit entfernt im Ruhrgebiet. Doch auch ohne die Familie in der Nähe haben Willi Passmann und seine Frau viel Unterstützung im Ort. Vor allem durch die vielen Vereine, in denen sie noch aktiv sind. Die haben sich früher übrigens alle im Deutschen Eck getroffen.
    "Die rufen schon an: ‚ist was los‘, ob sie helfen sollen. Immer"
    Immer noch selbständig
    Auch mit 101 lebt Willi Passmann mit seiner Frau noch ziemlich selbständig in der eigenen Wohnung. Sogar kurze Strecken mit dem Auto fährt er noch. Das falle ihm leichter als das Laufen, sagt er.