Donnerstag, 25. April 2024

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Besucherrekorde in deutschen Museen
"Das Museum muss emotional ansprechen"

"Nur zum Belehren gehen heute die Wenigsten ins Museum", sagte der Präsident des Deutschen Museumsbundes Eckart Köhne im DLF. Dass in den letzten Jahren immer mehr Menschen Museen besuchten, liege an den neuen Konzepten vieler Häuser. Trotzdem sei er um die Zukunft der deutschen Museen besorgt.

Eckart Köhne im Gespräch mit Doris Schäfer-Noske | 21.12.2014
    Stammesmitglieder der Maori bei der Segnungszeremonie der Lindauer-Bilder in der Alten Nationalgalerie Berlin.
    Stammesmitglieder der Maori bei der Segnungszeremonie der Lindauer-Bilder in der Alten Nationalgalerie Berlin. (Carsten Probst)
    Doris Schäfer-Noske: Wer diesen Spätsommer auf der Berliner Museumsinsel war, der konnte sie sehen, die lange Schlange vor dem Neuen Museum, und - sogar noch etwas länger - die vor dem Pergamon-Museum. Im Neuen Museum kann man die Nofretete besichtigen und im Pergamon-Museum war noch bis Ende September der Pergamon-Altar zu sehen. Seitdem wird der Saal renoviert und der Altar bleibt jahrelang verhüllt.
    Die Museen in Deutschland erfreuen sich großer Beliebtheit. Der Deutsche Museumsbund hat seine Besucherzahlen für 2013 vorgelegt, die das bestätigen. Knapp 116 Millionen Besucher wurden registriert, das ist die zweithöchste Zahl seit Beginn der Erhebungen 1981. Nur 2012 waren die Besucherzahlen noch einmal um zwei Prozent höher, aber da fand ja auch die documenta statt. - Frage an den Präsidenten des Deutschen Museumsbundes, Eckhart Köhne: Was sind denn die Zugpferde unter den Museen?
    Eckart Köhne: Zugpferde sind sicherlich Museen, die spezielle Sonderausstellungen mit spannenden Themen anbieten. Zugpferde sind immer Museen, die in touristisch frequentierten Orten liegen, wie beispielsweise Berlin, und auch Museen, die neu eingerichtet werden, teilweise spektakulär mit neuer Architektur. Das sind dann die Highlights eines Museumsjahres.
    Ansonsten gibt es natürlich Museumssparten, die immer auf Interesse stoßen, beispielsweise die Naturkunde-Museen, beispielsweise die archäologischen Museen und Ausstellungen. Da gibt es auch ein Grundinteresse.
    Schäfer-Noske: Sie haben Sonderausstellungen schon angesprochen. Wie ist es denn mit Aktionen wie Museumsnächte oder zum Beispiel auch die Zusammenarbeit mehrerer Museen wie die Quadriennale in Düsseldorf? Ist das ein Erfolgsrezept?
    Köhne: Museumsnächte sind ja mittlerweile nach, ich glaube, 15 Jahren oder so auch ein eingeführtes Format. Die sind immer dafür erfolgreich, mehrere tausend oder zehntausend Menschen ins Museum zu bringen, wobei man an dem Format auch arbeiten muss. Teilweise sind es ja nicht mehr nur die Museen, die mitmachen, andere Kulturträger auch. Und wenn sich Museen untereinander vernetzen, ist das meistens auch gut, weil man ja den Interessierten quasi nur einmal ansprechen braucht und er hat dann mehrere Möglichkeiten, in verschiedene Museen zu gehen.
    Schäfer-Noske: Was suchen denn die Menschen heute in Museen? Geht es da um das Erlebnis eines authentischen Objekts? Geht es um so was wie Wissen und Bildung, oder vielleicht auch darum, rauszukommen aus dem Alltag, oder vielleicht sogar um die Suche nach etwas Überzeitlichem?
    Köhne: Ich glaube, es ist von allem ein bisschen, denn natürlich sind die Museen durch ihre authentischen Objekte letztlich geprägt. Aber ich denke, nur zum Belehren gehen heute die wenigsten ins Museum. Es soll auch doch ein Erlebnis sein und es soll emotional ansprechen.
    Schäfer-Noske: Nun sind diese Zahlen ja wirklich sehr gut. Gibt es denn auch Dinge, wo Sie sagen, da machen Ihnen einzelne Museen Sorgen, weil sie so wahrscheinlich nicht weiter bestehen können?
    Köhne: Sorge macht mir vor allem die schlechte Finanzlage bei einigen der Museumsträger, insbesondere der kommunalen Träger. Es ist leider doch so, dass aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen Kultur und damit auch Museumsarbeit als freiwillige Leistung gilt, und die Museen sollten sich da sehr viel mehr selber ins Gespräch bringen, denn in dem Maße, in dem man in dem Kulturbereich spart, werden die Leistungen auch weniger werden, die die Museen erbringen können, und die Substanz, die man durch diesen Prozess verliert, die kann man heutzutage nur schwer wieder aufholen. Das ist es, was mir Sorge macht, und die Museen sind da eigentlich viel zu friedlich. Sie sollten sich viel offener und lauter wehren.
    Schäfer-Noske: Sind es vor allem die Museen in kleineren Städten, die da bedroht sind?
    Köhne: Es sind vor allem kommunale Museen, weil ja die Kommunen durch die vielen, ihnen übertragenen Aufgaben teilweise wirklich an den Rand ihrer Belastungsgrenze gekommen sind. Ein bisschen besser stehen private Museen, Stiftungen da, auch Landesmuseen sind in anderer Weise gesichert. Aber die Breite der deutschen Museumslandschaft, das sind ja tatsächlich die kleineren Museen, die sich in kommunaler Trägerschaft befinden. Es sind die vielen ehrenamtlichen Museen, die aber letztlich auch von kommunaler Unterstützung abhängen - sei es, dass man ihnen die Miete zahlt, dass man die Energiekosten übernimmt -, und in dem Bereich, glaube ich, ist vieles gefährdet.
    Schäfer-Noske: Wie sieht denn da Ihre Prognose für das laufende Jahr aus?
    Köhne: Unterm Strich werden wir auch in diesem Jahr wahrscheinlich wieder gute Zahlen erleben. Aber die mittelfristige Sicherung, die Finanzplanung, das ist das, was uns umtreibt. Die meisten Kommunen und Länder haben sich ja den Neuverschuldungspakten angeschlossen, was ja auch grundsätzlich gut ist, aber das Problem ist, dass diese sehr linearen Sparmaßnahmen auch immer die Kultur mit betreffen. Die Kultur nimmt in den öffentlichen Haushalten sehr wenig ein, oftmals nicht nur ein Prozent der Gesamtsumme, aber das Sparen, dass man in diesen marginalen Bereichen macht, das richtet großen Schaden an und dagegen muss man jetzt beginnen, die Stimme zu erheben.
    Schäfer-Noske: Das war der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Eckart Köhne, zu den guten Besucherzahlen der Museen und den finanziellen Problemen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.