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Beten für das Seelenheil der Juden

Papst Benedikt XVI. will traditionalistischen Katholiken erklärtermaßen entgegenkommen. Die Affäre um den antisemitischen Bischof der Piusbruderschaft, Richard Williamson, hat den Konfliktstoff dieser Strategie deutlich gemacht. Doch schon vor einem Jahr hatte Benedikt mit seiner Änderung der Karfreitagsfürbitte für Unruhe gesorgt, in der nun dafür gebetet wird, dass Juden "Jesus Christus als den Heiland" anerkennen. Kritiker fürchten ein Wiederaufleben der Judenmission.

Von Hajo Goertz | 09.04.2009
    Im vergangenen Jahr gab es eine heftige Debatte um die katholische Karfreitagsliturgie, ausgelöst hat sie Papst Benedikt XVI. Die Kontroverse ist nicht bereinigt, so überschattet sie auch diesen Karfreitag. In einer besonderen Form des Gottesdienstes gedenken die Gemeinden des Leidens und Sterbens Jesu von Nazaret. Nach dem Verständnis des Kreuzestodes Christi als Sühneopfer für alle Menschen beten sie in dieser Liturgie dann für die unterschiedlichen Gruppen von Gläubigen, für nichtkatholische Christen, auch für gottlose Menschen, für Heiden und - eben für die Juden. Papst Benedikt XVI. möchte es so:

    "Lasst uns auch beten für die Juden, dass Gott, unser Herr, ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus als den Heiland aller Menschen erkennen. ... Allmächtiger Gott, ... gewähre gnädig, dass ganz Israel gerettet werde, wenn alle Völker in deine Kirche eintreten."

    So formulierte der Papst höchstselbst diese Fürbitte, bestimmt für die alte, durch das Zweite Vatikanische Konzil in den 1960er-Jahren eigentlich überholte Liturgie; Benedikt hat diese sogenannte tridentinische Gottesdienstform 2007 generell, wenn auch nur als "außerordentlichen Ritus" wieder zugelassen; er will damit, wie er begründet, traditionalistischen Katholiken entgegenkommen. Gerade zum Karfreitagsgebet fragen Katholiken nach dem Sinn und dem Motiv des Papstes, Theologen konstatieren einen Rückschritt Ratzingers hinter die Reformen des Konzils. Jüdische Vertreter interpretieren die Fürbitte als Aufruf zur Judenmission, die mit traumatischen Erinnerungen behaftet ist. Einer der schärfsten Kritiker ist der Gesprächskreis "Juden und Christen" des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Kurz vor diesem Karfreitag hat die bundesweite Vertretung der Laien erneut entschieden Position bezogen. Der Präsident des ZdK, Professor Hans Joachim Meyer:

    "Diese eigentlich rein innerkatholische Angelegenheit erhielt dadurch Brisanz für das Verhältnis zu den Juden, als Papst Benedikt XVI. zwar damit nicht die vom antijudaistischen Geist geprägte Judenfürbitte der alten Karfreitagsliturgie übernahm, aber eben auch nicht die Judenfürbitte der neuen Karfreitagsliturgie Papst Pauls VI. Stattdessen formulierte er 2008 speziell für die Karfreitagsliturgie des tridentinischen Ritus eine eigene Bitte für die Juden, welche nur den Heilsweg über Christus kennt."

    Der Gesprächskreis, in dem Juden und Christen seit Jahrzehnten gleichberechtigt einen ständigen Dialog führen, begründet sein unmissverständliches "Nein zur Judenmission" ausdrücklich nicht historisch, sondern theologisch. Die besondere Beziehung zwischen Christen und Juden schließe Bekehrungsversuche aus, doch die Konsequenzen dieser Einsicht seien in der Kirche noch nicht hinreichend durchdacht. Wörtlich heißt es in dem Papier:

    "Weil Gottes Bund Israel bereits das Heil erschlossen hat, braucht die Kirche nicht um das Heil Israels besorgt zu sein, die Juden nicht [...] um ihres Heiles willen zur Taufe zu veranlassen. Wenn das Zweite Vatikanische Konzil die Hoffnung sogar auf das Heil aller Menschen setzt, dann gilt dies nach unserer Überzeugung in besonderem Maße für die Juden, auch wenn sie nicht getauft sind. [...] Wann, wie und ob sich Juden und Christen auf ihrem Weg zum 'Reich Gottes' begegnen, bleibt ein uns Menschen verborgenes Geheimnis Gottes."

    So wie Papst Benedikt formuliert habe, dürfe die Kirche nicht beten, meint der Leiter des ZdK-Gesprächskreises, der Augsburger Pastoraltheologe Hanspeter Heinz:

    "Warum das grundsätzlich nicht geht, Juden einzuladen, Christen zu werden, auf welche Form auch immer? Man könnte sagen, kein Zwang und keine Überredung und keine faulen Tricks, okay, das gilt andern gegenüber auch. Aber selbst das Gebet verbieten wir uns und sagen, das ist unchristlich das Gebet, das Gebet dafür, Juden möchten Christen werden. Da schalten wir noch Gott als Missionar ein und sagen, bitte besorg du das mal. Das ist keine Lösung."

    Man wolle sich natürlich nicht zum Gegenpapst aufschwingen, versichert Heinz, aber das Gremium macht auch keinen Hehl aus seiner Stoßrichtung:

    "Das ist die These im Widerspruch zu dem, was der Papst formulierte in seiner neuen Fürbitte: Nicht nur wann und wie, sondern auch ob Wege von Juden und Kirche zusammenführen, überlassen wir Gott, da haben wir uns nicht einzumischen, auch nicht durch Fürbitten."

    Die Kontroverse bekommt durch die weiter schwelende Auseinandersetzung um die traditionalistische Priesterbruderschaft Pius X. neue Nahrung, da man gerade ihr antisemitische Tendenzen vorhält. Gleichwohl räumt der Braunschweiger Landesrabbiner Jonah Sievers, Mitglied des ZdK-Gesprächskreises, ein:

    "Von katholischer Seite hat es, auch offiziell erklärt vom Vatikan, seit circa zehn Jahren keine organisierte Judenmission gegeben, das muss auch von jüdischer Seite konstatiert werden. Aber die Neuformulierung der Karfreitagsfürbitte durch den jetzigen Papst gab Anlass zu der Sorge, dass diese Position, warum aus theologischer Sicht Judenmission nicht möglich ist, dieses wieder ein bisschen aufzuweichen."

    Zwar halten nur wenige Katholiken - wie die Anhänger der Piusbruderschaft - Gottesdienste nach dem vorkonziliaren tridentinischen Ritus und übernehmen damit am Karfreitag auch das päpstliche Gebet um Erleuchtung der Juden. Doch für Rabbiner Sievers relativiert dieser Text die kirchliche Position, die das Zweite Vatikanische Konzil mühsam eingenommen hat:

    "Aber auf der einen Seite scheint doch dann, ob da in der katholischen Kirche zwei Möglichkeiten zu bestehen, auch wenn nur eine kleine Minderheit diese betet, aber man muss dann schon fragen: Was gilt denn dann? Gilt eines oder gilt das andere? Das ist schon für uns nicht unwichtig."

    Wohl verdrängen die christlichen Kirchen nicht mehr, dass die über Jahrhunderte in ihren Reihen gehegte und geschürte Judenfeindlichkeit mitursächlich war für den rassistischen und Menschen mordenden Antisemitismus des vorigen Jahrhunderts. Seit gut vier Jahrzehnten suchen die deutschen Kirchen nun ihr besonders belastetes Verhältnis zu den Juden zu bereinigen. Ein Wendepunkt dahin war das Zweite Vatikanische Konzil in den 1960er-Jahren. Papst Johannes XXIII., der die Versammlung der rund 2300 Bischöfe aus aller Welt nach Rom einberief, wollte die katholische Kirche auf die Höhe der Zeit bringen; dabei war ihm besonders auch daran gelegen, das Verhältnis zum Judentum aufzuarbeiten.

    "Der Antisemitismus sollte mit einem Schuldbekenntnis der Kirche bezüglich dessen christlicher Wurzeln verurteilt werden. Eine positive Lehräußerung sollte die Israel-Vergessenheit der Kirche aufheben","

    erinnerte einmal der frühere Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Mainzer Kardinal Karl Lehmann, an die Zielsetzung Johannes' XXIII. Doch sie war unter den Konzilsteilnehmern lange heftig umstritten, mehrfach drohte das Vorhaben zu scheitern. Am Ende aber blieb dann doch die Neubestimmung der Beziehung zu den Juden ein zentrales Kapitel der "Erklärung über das Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen" "Nostra aetate". Darin heißt es:

    ""Obgleich die jüdischen Obrigkeiten mit ihren Anhängern auf den Tod Christi gedrungen haben, kann man dennoch die Ereignisse seines Leidens weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last legen. [...] Im Bewusstsein des Erbes, das sie mit den Juden gemeinsam hat, beklagt die Kirche, die alle Verfolgungen gegen irgendwelche Menschen verwirft, nicht aus politischen Gründen, sondern auf Antrieb der religiösen Liebe des Evangeliums alle Hassausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus, die sich zu irgendwelcher Zeit und von irgend jemandem gegen die Juden gerichtet haben."

    Zum Bekenntnis einer Mitschuld der Kirche an den Judenverfolgungen und der Shoa kam es allerdings erst im Jahr 2000 durch Papst Johannes Paul II. Kardinal Lehmann, der zur Zeit des Konzils in Rom studierte und die Verhandlungen sozusagen hautnah beobachten konnte, deutet die radikale Wende so:

    "Es kann künftig keine religiöse oder theologische Selbstprofilierung von Kirche, die ohnehin immer schon höchst fragwürdig ist, auf Kosten des Volkes Israel geben, sondern eigentlich nur noch die Anerkennung einer grundlegenden und bleibenden Verbundenheit mit Israel. Trotz der Ablehnung Jesu als des Messias sind die Juden immer noch von Gott geliebt. Aus der Tatsache, dass die Kirche sich als das neue Volk Gottes versteht, darf man nicht ableiten, die Juden seien von Gott verworfen oder verflucht."

    Genau das aber war der Tenor der Karfreitagsfürbitte vor dem Konzil, wie der Liturgiewissenschaftler Heinzgerd Brakmann von der Universität Bonn erläutert:

    "In der klassischen römischen Liturgie, wie sie seit der alten Kirche gefeiert wurde, wurde den Juden gleichzeitig Ungläubigkeit, Heuchelei vorgehalten, Perfidität, übrigens ähnlich auch in der byzantinischen Liturgie. Das ist im 20. Jahrhundert dann geändert worden, weil man diesen Vorwurf nicht aufrecht erhalten wollte."

    Damit wurde die unselige Geschichte eines Gebetes "pro perfidis Judaeis", für die Bekehrung der treulosen Juden, beendet. Die dem Konzil gemäße Form der Fürbitte, die auch von jüdischer Seite Zustimmung findet, hebt sich deutlich ab von der Fassung Benedikts:

    "Lasst uns auch beten für die Juden, zu denen Gott, unser Herr, zuerst gesprochen hat: Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie führen will."

    Bei der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ging es nicht allein um die Gleichrangigkeit der Volkssprachen mit Latein als der traditionellen Gottesdienstsprache. Um den Gläubigen die Messe näher zu bringen, wurden auch andere Erkenntnisse des Konzils umgesetzt. Etwa der Gedanke des allgemeinen Priestertums aller Gläubigen und das Bild der Kirche als Volk Gottes. Äußerlich ist das seither erkennbar daran, dass der Altar in die Mitte gerückt ist und der Priester nicht mehr mit dem Rücken zur Gemeinde zelebriert.

    "Der Träger der Liturgie wird entschieden anders gesehen. In der sogenannten tridentinischen Liturgie ist der Träger der Liturgie, der eigentliche, der die Liturgie feiert, der vorstehende Priester oder Bischof. Und in der Liturgie seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil haben wir die altkirchliche Wahrheit wieder entdeckt, dass der Träger des christlichen Gottesdienstes das versammelte Volk Gottes ist."

    Brakmann weist darauf hin, dass die erneuerte Liturgie eher biblisch begründet sei und dem Verständnis der frühen Kirche entspreche, mithin sei sie traditioneller als die vorkonziliare tridentinische Messe. Deren Grundlage bildet das Konzil von Trient Mitte des 16. Jahrhunderts, das der Ausbreitung der Reformation wehren sollte. Dennoch halten streng konservative Katholiken der Liturgiereform des Konzils einen Traditionsbruch vor; sie vermissen nicht nur die fast völlig verschwundene lateinische Kultsprache. Pater Matthias Gaudron, Beauftragter der Piusbruderschaft für den theologischen Disput mit der deutschen Kirche, kritisiert:

    "Vor allem der Opfercharakter wurde sehr zurückgedrängt. Man hat wirklich versucht, die Liturgie mehr an die protestantische Auffassung von einer Abendmahlsfeier anzugleichen. Während nach katholischer Überzeugung die Messe die Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers ist, was ja von den Katholiken fast niemand mehr weiß."

    Solcher Kritik an nachkonziliaren Entwicklungen entspricht es, wenn der Papst den traditionalistischen Gruppen wieder erlaubt hat, Gottesdienst nach dem tridentinischen Ritus zu feiern. Er möchte dadurch verhindern, begründet Benedikt, dass es etwa mit der Piusbruderschaft zu endgültigen Abspaltungen von der Kirche kommt. Hinter der Maßnahme verbirgt sich also mehr als nur die Förderung der lateinischen Liturgiesprache, die Joseph Ratzinger immer schon als den eigentlich dem Gottesdienst gemäßen Ausdruck ansieht. Tatsächlich leitet diese Kehrtwende des Papstes Wasser auf die Mühlen traditionalistischer Gruppen. Sie sehen ihr vorkonziliares Verständnis der Eucharistiefeier insgesamt bestätigt. Pater Gaudron weist allerdings den Vorwurf zurück, die Piusbruderschaft lehne das Konzil in Bausch und Bogen ab. Es seien nur bestimmte Punkte, die sie nicht anerkennen könne.

    "Nun, wir denken, dass das Zweite Vatikanische Konzil viel Unsicherheit in die Kirche gebracht hat durch die vielen Doppeldeutigkeiten, Zweideutigkeiten, die sich in den Konzilstexten finden, dass die heutigen Katholiken nicht mehr so ganz überzeugt sind, dass ihre Kirche wirklich die wahre, von Christus gegründete Kirche ist."

    Die Piusbruderschaft hat dabei insbesondere die Öffnung der katholischen Kirche für den ökumenischen Prozess und die Neubestimmung ihres Verhältnisses zu den nichtchristlichen Religionen im Visier. Gaudron:

    "Durch dieses ganze ökumenische Gebaren wird doch der Eindruck erweckt, dass es letztlich egal ist, welchem Glauben man folgt, welcher Religion oder welcher Konfession man angehört. Und das ist nicht unsere Haltung, das lehnen wir ab."

    Gaudron befürwortet daher auch das Gebet für die Juden, wie Papst Benedikt es formuliert hat:

    "Die Karfreitagsbitte in der neuen Liturgie ist sehr zweideutig, die könnte den Eindruck erwecken, als sei es für die Juden nicht nötig, Christus anzunehmen, während Benedikt XVI. ja natürlich davon beten lässt, dass die Juden zu Christus finden. Jesus Christus ist ja aus dem jüdischen Volk hervorgegangen und ist an erster Stelle Messias des jüdischen Volkes. Also, das jüdische Volk kann nicht seinen eigenen Messias ablehnen, sondern soll zu ihm finden."

    Die Piusbruderschaft dürfe mit dieser Einstellung aber nicht in eine antijudaistische Ecke geschoben werden, betont Pater Gaudron:

    "Also, wir haben mit Antisemitismus nichts zu tun. Auch mit irgendwelchen Judenverfolgungen, das ist natürlich klar abzulehnen. Antisemitismus wird heute schon bezeichnet, wenn man sagt, die Juden sollen zu Christus finden. Aber das ist doch kein Antisemitismus, wenn man wünscht den Juden, dass sie auch Jesus als ihren Messias erkennen."

    Die Wahrnehmung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, ist allerdings eine andere. Die Affäre um Bischof Williamson von der Piusbruderschaft, der mit seiner Leugnung des Holocaust die deutsche Öffentlichkeit erregte, deutet der Freiburger Oberhirte als Spitze eines Eisbergs:

    "Dass die Holocaust-Leugnung eines Bischofs der Priesterbruderschaft absolut unannehmbar ist, ist für uns alle klar, macht deutlich, dass offensichtlich in der Priesterbruderschaft auch entsprechend antisemitische Strömungen durchaus da sind."

    Zollitsch war allerdings erst auf gezielte Nachfrage bereit, Stellung zu beziehen zu der Äußerung des deutschen Distriktoberen der Piusbruderschaft, Pater Franz Schmidberger, der in einem Schreiben an die deutschen Bischöfe erklärt hatte, Juden trügen auch heute noch Verantwortung für den Tod Christi. Er hat diese Bemerkung zwar im nachhinein abgeschwächt, jedoch nicht zurückgenommen.

    "Herr Schmidberger hat in einem offenen Brief an die Bischöfe solche Äußerungen getan, dass nun seine Äußerung, das darf ich so sagen, von uns allen für unmöglich gehalten wird, das ist auch klar. Diese Redeweise, die heute lebenden Juden seien Schuld am Tod Jesu, die vertritt keiner von uns, und die kann ich von der Stelle ganz klar ablehnen."

    Diverse Umfragen zu antisemitischen Einstellungen der Deutschen belegen, dass um die 20 Prozent Vorbehalte gegen Juden hegen; etwa 15 Prozent meinen, auch heute lebende Juden seien noch verantwortlich für den Tod Christi; darunter dürften eher Christen als Nichtchristen zu finden sein. Der Präsident des Katholiken-Komitees, Hans Joachim Meyer, wird jedenfalls nach seinen Erfahrungen nicht überrascht, wenn auch nach der jetzt vorgelegten Erklärung "Nein zur Judenmission" der Posteingang der Laienvertretung in Bonn anschwillt:

    "Es ist natürlich so, dass bei unserer Kritik an der Piusbruderschaft und an dem überraschenden Schritt des Papstes gegenüber vier Bischöfen dieser traditionalistischen Gemeinschaft es auch sehr kritische bis bösartige Zuschriften von Katholiken an uns gegeben hat."

    Keine Illusionen macht sich auch Nikolaus Schneider, Präses der Rheinischen Landeskirche und Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland.

    "Die Kirchen repräsentieren ja auch die Breite unserer Gesellschaft, und wir wissen ja, dass Antisemitismus in unserer Gesellschaft sozusagen als brauner Bodensatz vorkommt, und insofern wird er auch in der Kirche vorkommen. Antisemitismus ist in unserer Kirche allerdings nicht hoffähig, und er artikuliert sich nicht im Rahmen der Kirche, weil er keine Chance hätte aufgenommen oder wahrgenommen zu werden, sondern er würde dann eher beschämt."

    Die Repräsentanten der beiden Kirchen meinen übereinstimmend, dass der Dialog zwischen Christen und Juden mit großem Engagement und hoher Sensibilität beständig weiterzuführen ist, und dass man sich auch in den eigenen Reihen immer wieder neu gegen antijudaistische Tendenzen einsetzen muss.