Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Bewegtbildstreit in Bayern
"Dann können wir unsere Sportberichterstattung an den Nagel hängen"

Bislang war das Filmen von Spielen im Amateur-Fußball relativ einfach. Der Bayerische Fußballverband will strengere Regeln durchsetzen: Journalisten sollen entweder für das Mitfilmen zahlen - oder dem Verband eigene Videos kostenlos zur Verfügung stellen. Jetzt haben erste Medienhäuser offiziell Beschwerde eingelegt.

Von Christoph Sterz | 02.05.2015
    Ein Fußballspiel in der Oberliga Niederrhein: Der Wuppertaler SV gegen den FC Kray.
    Der Bayerische Fußballverband will strengere Video-Regeln: Ein Vorbild auch für andere? (picture alliance / dpa / Revierfoto)
    "Hallo und herzlich willkommen zur fupa-Show! Wir haben heute gleich drei Partien in unserem Angebot. Starten wollen wir mit einem Match aus der Bayernliga Süd."
    In den Videos der "Mittelbayerischen Zeitung" auf dem Fußballportal fupa.net geht es um Vereine wie den 1. FC Bad Kötzting, die Spielvereinigung Hankofen-Hailing oder den FC Pipinsried. Klassische Spielberichte sind zu sehen, meistens nicht ganz so perfekt gefilmt wie in der Sportschau, aber doch von ordentlicher Qualität. Neben den Videos der "Mittelbayerischen Zeitung" und anderen regionalen Medien gibt es noch jemanden, der kleine Filme aus den unteren Ligen anbietet, und zwar den Bayerischen Fußball-Verband, auf der Seite bfv.tv.
    "Hallo und Servus zu Bayernliga Pur! Wir starten im Süden mit der gefühlten Nummer eins, und das ist der TSV Rain am Lech."
    Mit seinem Video-Angebot will der Bayerische Fußballverband nach eigenen Angaben verhindern, dass die Amateurfußball-Videos auf Dauer hinter möglichen Bezahlschranken verschwinden. Und mit neuen Regeln für die fünfte und sechste Fußballiga will der Verband ab der kommenden Saison seine eigene Position gegenüber den Medien stärken.
    Wer zukünftig Videos von den Amateur-Partien im Netz veröffentlichen will, hat zwei Optionen: Entweder er zahlt pro Spiel der fünften und sechsten Liga eine Gebühr von 500 Euro. Oder, und das ist die zweite Option, die fertig geschnittenen Videos werden zeitgleich mit der eigenen Veröffentlichung kostenlos dem BFV zur Verfügung gestellt - für sein Portal bfv.tv.
    "Wer ist denn dieser Fußballverband?"
    Lizenzgebühren für Amateur-Sport zu bezahlen oder teuer produziertes Filmmaterial einfach weiterzugeben, das schließt Joachim Braun, der Chefredakteur des "Nordbayerischen Kuriers", kategorisch aus. "Also Entschuldigung, wer ist denn dieser Fußballverband, dass er jetzt sozusagen von uns kostenlos bedient wird? Da sträuben sich mir alle meine Nackenhaare. Was soll das? Was ist zum Beispiel, wenn unser Videobericht dann nicht so ausfällt, wie es sich der Verband wünscht? Streicht er das dann? Journalismus hat nichts mit Auftragsarbeit zu tun. Und von daher kommt das überhaupt nicht in Frage."
    Der "Nordbayerische Kurier" hat Mitte der Woche zusammen mit der "Mittelbayerischen Zeitung", der Mediengruppe Oberfranken und der "Main-Post" aus Würzburg Beschwerde gegen die geplanten Regeln des BFV eingelegt, beim bayerischen Landeskartellamt. Die Verlage gehen davon aus, dass das Amt innerhalb der nächsten zwei Monate entscheidet. Sie argumentieren, dass der BFV sein Monopol als Organisator der Amateur-Spiele unzulässigerweise für eigene wirtschaftliche Interessen nutzen will.
    Joachim Braun vom "Nordbayerischen Kurier" sieht Bayern als bundesweites Testfeld. "Wenn der Verband jetzt mit dieser Rechtsauffassung, die er hat, durchkommt, er hat’s ja schon ausgeweitet, vergangenes Jahr fing es ja an mit der Regionalliga, jetzt dehnt er es aus auf die zwei folgenden Ligen. Und wenn er dann damit durchkommt, dann wird er es demnächst bundesweit einführen. Und dann kommt der Handballverband, und dann kommt der Volleyballverband, und alle wollen sie Lizenzgebühren haben. Und dann können wir ehrlich gesagt unsere Sportberichterstattung im Bewegtbildbereich völlig an den Nagel hängen."
    Die Gegenseite, der Bayerische Fußballverband, will sich nicht öffentlich äußern, sieht sich einer medialen Kampagne ausgesetzt. In internen Dokumenten pocht der Verband darauf, dass auch Amateurfußballspiele einen wirtschaftlichen Wert haben – und die Vereine ihre eigenen Rechte geltend machen dürften. Über die 500-Euor-Gebühr und über Online-Werbung werde es mehr Einnahmen für die Vereine geben.
    Aber selbst wenn der Fußballverband vom Landeskartellamt grünes Licht bekäme: Dann müssten immer noch die einzelnen Medien mitmachen - und nicht, wie das der "Nordbayerische Kurier" in der vierten Liga jetzt schon tut, die Fußball-Videos aus Protest einfach streichen.