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BfR: Verbraucher sollten Kosmetika mit Triclosan meiden

Es steckt in Zahnpasta, Kosmetika oder Matrazen: Triclosan ist eine Allerweltschemikale. Nun legt eine neue Studie nahe, dass der antibakterielle Wirkstoff schädlicher sein könnte als angenommen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht sich in seiner Triclosan-Skepsis bestätigt.

Detlef Wölfle im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 15.08.2012
    Susanne Kuhlmann: Beeinträchtigt Triclosan die Funktion der Muskeln? Es gibt eine neue Studie, die nahelegt, dass die Allerweltschemikalie schädlicher sein könnte als bisher angenommen. Triclosan ist ein antibakterieller Wirkstoff, der vor allem in Kosmetika steckt, aber auch in Kleidung und in Reinigungsmitteln. Amerikanische Forscher haben Versuche mit Mäusen, Fischen und Zellkulturen gemacht und die Ergebnisse gerade in einem Fachmagazin veröffentlicht. Sie waren überrascht. Ist Triclosan doch eine bereits umfassend getestete Chemikalie. Zahnpasta, Matratzen, Müllbeutel, müssen wir viele Dinge des täglichen Lebens nun als Quelle der Gefahr betrachten? Am Telefon in Berlin ist Dr. Detlev Wölfle, im Bundesinstitut für Risikobewertung für die Sicherheit von verbrauchernahen Produkten zuständig. Guten Tag!

    Detlef Wölfle: Ja, guten Tag!

    Kuhlmann: Welchen Schluss ziehen Sie denn aus dieser Studie.

    Wölfle: Ja, die neue Studie bekräftigt im Grunde die kritische Haltung des BfR zu Triclosan. Also das BfR setzt sich ja mit gesundheitsbezogenen Fragen auseinander, und hier in der neuen Studie werden also Effekte berichtet auf Herz- und Skelettmuskulatur. Und dabei fällt auf, dass diese akuten Effekte in den Mäusen schon bei einer Dosierung auftreten, die unterhalb der bereits bekannten toxischen Wirkungen liegt. Und von daher sind wir auch überrascht, dass solche Effekte in den bisherigen Langzeitstudien nicht zu sehen gewesen sind. Allerdings, wenn man die Studie kritisch betrachtet, muss man auch sehen, dass das Triclosan hier in den Bauchraum der Versuchstiere direkt gespritzt worden ist, und das ist natürlich nicht die natürliche Aufnahme des Menschen, die ja über Haut oder Schleimhaut oder oral geht. Und deswegen muss man für den Verbraucher jetzt annehmen, dass die wirkliche Aufnahme viel langsamer erfolgt und die Substanz dann auch möglicherweise in Haut und Leber schon verstoffwechselt wird, bevor es quasi überhaupt an den potenziellen Wirkort gelangt.

    Kuhlmann: Das Bundesinstitut hat schon vor drei Jahren festgestellt, dass alleine das in Seife, Zahnpasta und anderen Kosmetika verwendete Triclosan möglicherweise die Gesundheit beeinträchtigen könne. In welcher Weise denn eigentlich?

    Wölfle: Ja, die bisherigen Studien haben gezeigt, dass es sich, dass Effekte auf das Blutbild oder auf die Fortpflanzung zu sehen waren. Und für diese Effekte ist eine sogenannte Dosis ohne Effekte abgeleitet worden, die also als sicher gelten kann, die in den Tieren noch keine toxische Wirkung hat. Und durch diese neuen Ergebnisse scheint eben diese Dosis unterschritten worden zu sein, aber ich hatte ja dazu eben schon ein paar kritische Anmerkungen gemacht. Wenn man jetzt eine gesundheitliche Risikobewertung vornimmt, dann müssen hier einfach noch mehr Daten auf den Tisch zu diesen Versuchen. Aber im Prinzip ist die – nach erster Einschätzung des BfRs bestätigen diese Dinge eigentlich unsere frühere Auffassung, dass die Exposition des Verbrauchers gegenüber Triclosan möglichst eingeschränkt werden soll. Und bereits 2009 haben wir ja schon gesagt, dass es also nicht in Kunststoffprodukten im Kontakt mit Lebensmitteln vorkommen soll. Das ist heute durch die Bedarfsgegenständeverordnung umgesetzt worden. Wir haben auch darauf hingewiesen, dass auf die Verwendung von Triclosan in Textilien verzichtet werden soll und auf die von Ihnen angesprochene Problematik mit einigen kosmetischen Mitteln, das bezieht sich vor allem auf Bodylotions und Mundwässer, weil hier eine hohe Exposition gegeben ist. Auch die haben wir da in unserer Stellungnahme schon problematisiert. Auf der anderen Seite sollte der Verbraucher aber auch wissen, dass für ihn also keine akute Gefahr besteht. Also, das Triclosan befindet sich nun keineswegs in allen kosmetischen Mitteln, sondern in Europa ist es nur in einigen wenigen Produkten zu finden. Und der Verbraucher kann das eben nachgucken, indem er auf die Deklaration der Inhaltsstoffe dieser Mittel guckt.

    Kuhlmann: Eine neue Studie legt nahe, die Allerweltschemikalie Triclosan könne gefährlicher sein als bisher angenommen. Die Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung erläuterte Dr. Detlev Wölfle, der im BfR für die Sicherheit von verbrauchernahen Produkten zuständig ist. Und die ziemlich schlechte Telefonleitungsqualität bitten wir zu entschuldigen.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

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