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Bibliothek des Jahres 2014
Preis für Lesen 2.0 in Kiel

E-Books, weiterführende Links zum Thema oder Diskussionen im Sozialen Netzwerk: Immer mehr Bibliotheken passen sich den Lesegewohnheiten ihrer Nutzer an. Die Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften ist für ihren innovativen Umgang mit den neuen Medien jetzt sogar mit einem Preis ausgezeichnet worden.

Von Dietrich Mohaupt | 24.10.2014
    Die Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW) 2014 des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, aufgenommen am 23.10.2014 in Kiel (Schleswig-Holstein). Die Einrichtung wurde als Bibliothek des Jahres ausgezeichnet.
    Die Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW) des Kieler Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (Schleswig-Holstein). Die Einrichtung wurde als Bibliothek des Jahres 2014 ausgezeichnet. (picture alliance / dpa / Andre Klohn)
    Thorsten Fromberg ist der "Herr der Regale" in der ZBW – mit einem Knopfdruck setzt der Leiter des Büchermagazins schwere Rollregale voller Bücher in Bewegung.
    "Wenn ich die gesamte ZBW nehme – mit den Außenlagern – etwa vier Millionen Bücher. Hier in Kiel sind die aufgestellt auf 55 Regalkilometern auf sechs Etagen mit 6.000 Quadratmetern, auf denen die ganzen Bücher dann aufgestellt sind."
    Ganz nett, aber dafür gibt es keine Auszeichnung vom Deutschen Bibliotheksverband. Die hat die ZBW für ihren innovativen Umgang mit den Herausforderungen des technologischen Wandels erhalten – so die Begründung der Jury. Seit Jahren schon steht nicht mehr das klassische Buch, sondern dessen digitalisierter Inhalt im Fokus der Bibliotheksnutzer – und darauf wolle man reagieren, erläutert Direktor Klaus Tochtermann.
    "Wir wollen also nicht mehr nur das Buch bei uns im Haus haben, sondern wir wollen die digitale Version eines Buchs, eines Zeitschriftenartikels, über möglichst viele Kanäle im Internet verteilen.
    Und diese Kanäle können Social-Media-Kanäle sein, das können Datenserver sein, das können Systeme anderer Einrichtungen sein."
    Lesen im Wandel der Zeit
    Gemeinsam mit der Kieler Christian-Albrecht-Universität wurden in der Bibliothek drei Professuren und eine internationale Doktorandengruppe eingerichtet, die unter dem Stichwort "Science 2.0" neue Arbeitsgewohnheiten, neue Technologien und neue Nutzungsformen der klassischen Bibliothek im Internetzeitalter erforschen.
    Darüber hinaus leistet die ZBW sich auch eine eigene Softwareentwicklung – Leiter der 10köpfigen Abteilung ist Timo Borst. Gerade ist ein neues Browser-Plug-in, fertig geworden – Timo Borst tippt an seinem Computer das Wort "Finanzpolitik" in das Google-Suchfenster ein.
    "Nutzerinnen und Nutzer auch im wissenschaftlichen Umfeld bedienen sich immer noch Google, geben dort eben den gesuchten Begriff ein – Finanzpolitik – und parallel zu der Sucheingabe, die im Hauptfenster die Suchergebnisse aus der Google-Suche präsentiert, wird in dem sogenannten Widget von EEXCCESS die gleiche Suchanfrage eben auch ausgeführt, und Sie sehen hier parallel dazu auch eine Liste mit den Treffern aus den Inhalten der EEXCESS-Partner und unseren Angeboten."
    Innovation bei der Literaturrecherche
    In dem Großprojekt EEXCESS stellen insgesamt zehn europäische Partner Datenbanken mit Forschungs- und Bildungsinhalten zur Verfügung – das neue Browser-Plug-in greift parallel zur Suche im Internet eben auch darauf zu und liefert so ganz spezielle Ergebnisse – nur ein Beispiel für Innovation in der ZBW.
    "Ein anderer Schritt, an dem wir auch derzeit arbeiten, ist es, im Rahmen von Autorenumgebungen – wie zum Beispiel Blog-Plattformen – mit solchen sogenannten Plug-ins eben auch vertreten zu sein, um zum Beispiel eben begleitend zu einem Blogeintrag im Hintergrund einschlägige Literatur anbieten zu können."
    Völlig automatisch soll das im Hintergrund schon während der Eingabe der Blogeinträge ablaufen – und nicht nur die Leser sollen davon profitieren, sondern auch die Autoren. Schließlich gilt besonders im digitalen Zeitalter: Erfolg als Wissenschaftler hat nur, wer regelmäßig publiziert und entsprechend wahrgenommen wird – und besser wahrgenommen wird, wer im Netz mit seinen Publikationen einfacher zu finden ist.
    Über ihren digitalen Publikationsserver EconStor bietet die ZBW gut 75.000 frei zugängliche Dokumente an – ein Schatz, den man künftig auch in sozialen Netzwerken offensiv platzieren wolle, betont Klaus Tochtermann.
    "Beispielsweise in Facebook schreibt jemand einen Text, und dann möchten wir erkennen: Worum geht es da? Und dort hinein unsere Literatur empfehlen. Das sind völlig neue Wege, da sind wir an den Anfängen – also wir haben noch genügend Ideen, um weitere Innovationen für uns, aber auch für die deutsche Bibliotheksszene zu entwickeln."
    Vor allem dieser Fokus auf die Erforschung und ständige Entwicklung weiterer Innovationen hat die Jury des Deutschen Bibliotheksbands überzeugt.