Dienstag, 23. April 2024

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"Bildausfall beim Fernsehempfang"

Die Bundesnetzagentur startet heute die Versteigerung neuer Frequenzen für den Mobilfunk der vierten Generation. Laut Michael Bobrowski von der Verbraucherzentrale Bundesverband kann der Betrieb der neuen Mobilfunkfrequenzen negative Auswirkungen auf den Empfang des digitalen Fernsehens haben.

Michael Bobrowski im Gespräch mit Michael Bobrowski | 12.04.2010
    Silvia Engels: Michael Bobrowski, er ist Experte für Telekommunikationsfragen bei der Verbraucherzentrale Bundesverband. Guten Morgen!

    Michael Bobrowski: Guten Morgen, Frau Engels!

    Engels: Die Bundesnetzagentur sieht ja nur Chancen durch die Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen. Sie sehen als Verbraucherschützer aber auch Gefahren. Wo liegen die?

    Bobrowski: Also ich will nicht unbedingt von Gefahren reden, ich möchte eher von Risiken sprechen. Die Bundesnetzagentur hat sich hier leider in dem Bereich wenig vor der Versteigerung bewegt, wir hatten das, wie andere auch, im Vorfeld der Bundesnetzagentur doch aufgegeben, gerade dieses mögliche Störpotenzial durch den Parallelbetrieb verschiedener Funkdienste, also des neuen mobilen Datendienstes auf der einen Seite und des digitalen Antennenfernsehens beispielsweise oder auch des Kabelrundfunks auf der anderen Seite noch mal etwas zu prüfen.

    Engels: Das könnten Sie mal etwas genauer erklären, was könnte im Extremfall für den normalen Radiohörer und Fernsehzuschauer folgen?

    Bobrowski: Also im Extremfall, das haben ja auch die von Ihnen ja schon genannten Messungen ergeben zum Teil, kann es zum Bildausfall beim Fernsehempfang kommen. Das liegt einfach daran, dass die Frequenzen, insbesondere die der sogenannten digitalen Dividende, also der besonders attraktiven Frequenzen, dass diese Frequenzen in einem Bereich liegen, wo auch heute schon eben das digitale Antennenfernsehen sendet. Und da kann es unter Umständen, also gerade wenn, sagen wir mal, die Abstände zwischen den einzelnen Geräten, also dem mobilen Datenfunkgerät auf der einen Seite und dem Fernsehempfänger auf der anderen Seite, wenn die relativ klein sind, kann es durchaus zu solchen zum Teil auch Bildausfällen oder Tonausfällen, Störungen im Bild, in der Bildqualität kommen.

    Engels: Es kann also sein, wenn der Nachbar über die neuen Frequenzen im Internet ist und ich parallel dazu Fernsehen schauen will, dann könnte es Störfälle geben. Lässt sich das denn beheben?

    Bobrowski: Das lässt sich im Prinzip schon beheben, die Frage ist nur, welchen Aufwand man da betreibt. Also es gibt ja inzwischen mehrere Millionen DVB-T-Empfänger, also Antennenfernsehempfänger in den Haushalten, und die Frage ist, wie hoch ist das Störpotenzial, wie viele Geräte können davon betroffen sein. Das ist dann schon eine Frage der Kosten, wenn die entsprechenden Störungen beseitigt werden müssen. Völlig unklar ist im Übrigen bis heute, das hat auch uns die Netzagentur nicht sagen können, wer dann in so einem Fall für die Kosten der Störungsbeseitigung aufkommen muss. Ist es der Mobilfunkanbieter, ist es der Nachbar, oder ist es gar der Gestörte? Also das, den letzten Fall, das kann ich einfach nicht akzeptieren, da hätte man vorher eine klare Regelung treffen müssen. Das ist leider nicht erfolgt.

    Engels: Wie teuer könnte das denn für den Einzelnutzer werden, wenn am Ende die Kosten bei ihm hängen bleiben?

    Bobrowski: Also das ist schwer zu sagen. Ich weiß aus dem Bereich der Gerätehersteller, dass zum Beispiel die Möglichkeit, nachträglich Filter einzubauen, erstens technisch kaum möglich ist und wenn es überhaupt möglich ist, dann nur mit einem hohen Kostenaufwand. Kosten kann ich im Moment leider nicht nennen. Letztendlich würde eine Störungsbeseitigung oder Störungsverhinderung, würde ich mal sagen, nur durch einen Geräteaustausch möglich sein, aber das ist natürlich völlig ausgeschlossen, denn die Leute haben ja gerade ihre modernen Geräte gekauft. Also da muss man natürlich auch seitens der Mobilfunkunternehmen – und das ist auch unsere Forderung an die Unternehmen, die dann die neuen Plätze aufbauen wollen –, muss man dann appellieren, vorher sich genau in der Region so zu informieren, wie ist dort die Empfangslage, und entsprechend dann die Netze auszurichten.

    Engels: Schauen wir noch einmal auf das Wettbewerbsverfahren. Es gab ja Kritik an dem heute beginnenden Bietverfahren – denken Sie, dass so genug Anbieter übrig bleiben, um für einen Wettbewerb und moderate Preise für den Endverbraucher zu sorgen?

    Bobrowski: Also was die von Herrn Kurth sehr optimistisch genannten Preissenkungen anbetrifft, da habe ich meine Zweifel. Wenn Sie bedenken, dass wir heute im europäischen Vergleich beim UMTS-Datenfunk ein relativ hohes Preisniveau haben, da kann ich mir nicht vorstellen, dass durch die neue Technik, auch wenn die Netze etwas preisgünstiger zu bauen sind als die UMTS-Netze, dass zumindest am Anfang die Preise relativ schnell fallen werden. Die Unternehmen müssen ja zunächst einmal die Versteigerungskosten, die sie aufbringen müssen, oder die Steigerungskosten reinholen wieder, sie müssen ihren Netzausbau refinanzieren – also ich glaube nicht, dass so schnell eine Preissteigerung in dem Markt zu beobachten sein wird, zumal ja auch, wie bekannt ist, nur einige ganz wenige und auch nur Mobilfunkanbieter überhaupt zur Versteigerung zugelassen sind. Also ich befürchte, dass das nicht unbedingt dem Wettbewerb in dem Bereich sehr förderlich sein wird.

    Engels: Wir sprachen mit Michael Bobrowski. Anlass war die heute beginnende Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen. Viele sehen darin Chancen, das Internet in ländliche Regionen zu tragen – er hat etwas Wasser in den Wein gegossen und auch auf die Risiken aufmerksam gemacht. Vielen Dank für das Gespräch!

    Bobrowski: Gern geschehen!