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Bildband
Nackte Soldatentatsachen

Der Kölner Verlag Taschen ist für Bildbände zu Geschichte, Erotik und Pornografie bekannt. Das neue Buch der Autorin Dian Hanson, deren größter Erfolg bisher das "Große Buch der Penisse" war, verbindet beides: Es dreht sich um den Zweiten Weltkrieg - und um nackte Soldaten.

Von Maximilian Schönherr | 18.06.2014
    Dian Hanson ist 63 Jahre alt, war früher Model und Herausgeberin von Hardcore-Pornozeitschriften. Ihr neuestes Werk heißt "My Buddy. World War II laid bare" - zu Deutsch: "Mein Kumpel. Der Zweite Weltkrieg nackt serviert." Auf den fast quadratischen 320 Seiten des schweren Buchs sind neben flankierenden Texten unter anderem von Dian Hanson und einem heute 90-jährigen amerikanischen Marinesoldaten über 1000 mehr oder weniger gut gebaute Männer abgebildet. Sie sitzen auf Latrinen und lesen, sich cremen sich am Strand gegenseitig ein, springen, von Kameraden kalt abgeduscht, vom Kriegsschiff in den Pazifik. Ein nettes Fotoalbum mit nackten oder spärlich uniformierten Männern. Dian Hanson über diese Unschuld:
    "Das sind junge Männer, 18, 20 Jahre alt, ohne einen großen Sinn für Sterblichkeit. Wenn sie nichts zu tun hatten, wurden sie zu den Jungs, die sie eigentlich waren. Offen schwule Männer hatten die meisten nie kennengelernt, ja es fehlte ihnen der Begriff von Homosexualität. Sie waren unschuldig hetero."
    Der Weltkrieg als Fetisch-Pool
    Aus diesen Worten spricht die Unschuld einer amerikanischen Erotikexpertin, die keine Historikerin ist, sicherlich um die Grausamkeiten eines Kriegs weiß, aber diese Verdrängung zulässt. Sie hat bei der Auswahl der Fotos nur das Unverfängliche zugelassen und zum Beispiel Fotos, die nackte gefallene Soldaten zeigen, verworfen. Der Weltkrieg als Fetisch-Pool, das macht das Buch aus. Waffen sind selten zu sehen, Frauen gar nicht. Es gibt ein einziges Foto mit deutschen Soldaten, völlig absurd: Sie gehen entspannt, mit Schäferhund und ihren Militärmützen auf dem Kopf nackt über eine Brücke gehen. Man weiß nicht, warum und wo. Dian Hanson muss bei solchen hochwertigen, unverwackelten Aufnahmen besonders darauf achten, dass sie echt sind und nicht später nachgestellt wurden. Der Markt für diese Bilder ist nämlich so lebendig, dass viele, absichtlich auf schlecht gemachte Fälschungen unterwegs sind.
    Das Zielpublikum für dieses Buch soll breit sein, Männer wie Frauen verschiedener sexueller oder ästhetischer Präferenz ansprechen und keinesfalls verschrecken. Es hebt so naiv unschuldig auf Männerfreundschaften ab, dass man es offen auf dem Wohnzimmertisch liegen lassen könnte, auch wenn die Kinder im Raum sind.
    "Man sieht in dem Buch keine Erektion, weil es den Männern nicht um Sex ging. Es war eher Exhibitionismus", wie der heute 90-jährige Marinesoldat Scotty Bowers in dem Buch schreibt:
    "Der mit dem größten Schwanz, mit einer kräftigen Statur, war dann immer der Erste, der blankzog. Die anderen taten es ihm nach, und ruck, zuck waren alle nackt und stürzten sich ins Wasser. Hatte dann irgendwer zufällig 'nen Fotoapparat dabei, schon hatte man eine von diesen Leck-mich-Aufnahmen, bloß so aus Jux und Tollerei."
    Homophobie im Soldatenleben
    Mit heutigen Kriegen, so Dian Hanson, ging die unschuldige Nacktheit verloren. Homosexualität im Militär ist in Jedermanns Kopf angekommen, und damit hielt die Homophobie Einzug ins Soldatenleben. Wenn ein "Buddy" im Irak einen anderen Buddy tröstet, kommt sicherlich ein dritter daher und sagt: He, seid ihr schwul?