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Bilfinger
Dritte Gewinnwarnung innerhalb von zwei Monaten

Drei Gewinnwarnungen innerhalb von kürzester Zeit - das ist sehr ungewöhnlich für ein Unternehmen. Und doch musste der Baukonzern Bilfinger nun zum dritten Mal seine Gewinnprognose für dieses Jahr nach unten korrigieren.

Von Michael Braun | 04.09.2014
    Mal um Mal wurde es schlimmer, Deutschlands zweitgrößter Baukonzern Bilfinger aus Mannheim hat heute abermals die Gewinnprognose für 2014 gesenkt: Aus ursprünglich rund 400 Millionen Euro wurden zunächst 350 Millionen Euro, jetzt sollen es nur noch 270 Millionen Euro operatives Ergebnis sein. Ingbert Faust, Finanzanalyst der Equinetbank, reibt sich die Augen:
    "Also, ich muss ganz ehrlich sagen: Ich bin seit 20 Jahren Analyst, ich habe es noch nicht erlebt, drei Profitwarnings innerhalb zwei Monaten im Grunde. Das ist schon etwas Neues auch für mich."
    Gut möglich, dass die neue Führung von Bilfinger alle Risiken zusammenkratzte, nun die schlechtest mögliche Gewinnvariante formulierte, alle Risiken in die Amtszeit des Vorstandsvorgängers kippen wollte, also vor die Füße des ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, um dann umso glanzvoller aufzusteigen:
    "Ich glaube aber auch, dass man jetzt auch noch mal versucht hat, in eine Position zu kommen, dass man für die Zukunft solche Sachen relativ weitgehend ausschließen kann, um eben wieder mit positiven Neuigkeiten dann den Markt überraschen zu können."
    Die schaurigen Gewinnaussichten hätten vor allem am Geschäftsfeld Power gelegen, teilte das Unternehmen mit. Das heißt bei Bilfinger: Kraftwerke betreiben und warten. Doch die Energiewende hat dazu geführt, dass in Deutschland selbst moderne Gaskraftwerke stillgelegt wurden und im Ausland, das gelegentlich überschüssigen deutschen Strom geschenkt bekam, keine neuen gebaut wurden. Herbert Bodner, der Kochs Vorgänger und Nachfolger als Vorstandschef ist, beschrieb heute Mittag in einer Telefonkonferenz die Folgen:
    "Tatsache ist, dass unser Unternehmen in der Folge von unerwarteten Ereignissen konfrontiert war mit Streichungen von Aufträgen, Suspension von Aufträgen, Abbruch von Auftragsverhandlungen aufgrund der Verschiebung von Projekten. Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die da zusammengekommen sind."
    Die Börse bleibt skeptisch
    Das stellte er als mehr oder weniger unabwendbar dar. Er lobte aber Kochs Entscheidung, den Baukonzern zu straffen und die Regionalvorstände aufzulösen - ein Beschluss, der im Unternehmen für viel Verärgerung gesorgt hatte:
    "Auch aus meiner Sicht war das ein guter, ein wichtiger, ein richtiger Schritt, der das Unternehmen in Zukunft verbessern wird."
    Richtig, so Finanzanalyst Faust, sei auch die Entscheidung gewesen, aus Bilfinger vom Bau- zum Dienstleistungskonzern umzuformen, obwohl in den letzten Jahren die Baubranche boomte:
    "Die andere Seite war allerdings immer auch die Profitabilität. Und die war gerade in Deutschland für deutsche Bauunternehmen immer sehr niedrig im internationalen Vergleich. Von daher: Meiner Meinung nach ist diese Umorganisation hin zu einem Serviceunternehmen durchaus nachvollziehbar und durch eine positive Entwicklung."
    Es werde mit Bilfinger wieder aufwärts gehen, sagte der alte und neue Vorstandschef. Die Börse aber blieb skeptisch.