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Billige Konkurrenz aus dem Netz

Der Siegeszug des Internets und die Krise der Zeitungen zieht auch die Nachrichtenagenturen in Mitleidenschaft. Schnelle Nachrichten scheint es im Netz an jeder Ecke kostenlos zu geben. Deshalb rücken dpa und Co. verstärkt die journalistische Qualität ihres Angebots ins Licht.

Von Brigitte Baetz | 30.01.2010
    "Wir merken natürlich, dass der Markt in Bewegung ist. Es gibt eine ganze Reihe von Zeitungen, die ihre Agenturbezüge überprüfen. Häufig werden dann mit allen Agenturen neue Verträge ausgehandelt. Dies kriegen wir auch so mit. Wir haben aber in der letzten Medienkrise sogar noch unsere Kundenzahl steigern können und hoffen, dass uns das in der gegenwärtigen auch gelingt."

    Thomas Schiller gibt sich zuversichtlich - trotz der Turbulenzen, die seine Branche gerade erlebt. Schiller ist Chefredakteur der ältesten deutschen Nachrichtenagentur epd. Der Evangelische Pressedienst mit Zentrale in Frankfurt am Main erreicht etwa zwei Drittel der deutschen Tageszeitungen und sämtliche öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Dazu mit seinen Spezialangeboten in den Sparten Medien, Film, Kirchliches und Soziales diverse Fachpublika. Seine regionale Verankerung über die Landesdienste, die flächendeckend die Republik überziehen, sichert dem epd in der heutigen Zeit, in der Zeitungsverleger die Bedeutung der Regionalberichterstattung wieder entdecken, ein wirtschaftliches Fundament. Allerdings wird die Luft für alle Agenturen dünner. Die Zeitungsverleger wollen sparen und das Internet überträgt die reine Nachricht, bislang das Schwarzbrot der Agenturarbeit, teilweise schneller als das manche Agentur vermag, allerdings, so Thomas Schiller:

    "Die meisten Internetauftritte brauchen Agenturmaterial, wenn sie verlässliche Nachrichten haben wollen. Das findet man im Internet nicht so einfach. Unser Material ist journalistisch geprüft. Unser Material ist fit to print, oder auch frei und fertig zu Benutzung, auch für Internetauftritte. Das ist der große Vorteil im Vergleich dazu, wenn man alle möglichen anderen Internetquellen durchforstet."

    Qualität heißt dann auch das Zauberwort, das zurzeit von allen Agenturen in die Welt hinausgerufen wird, wenn es heißt, Kunden zu behalten, beziehungsweise neue zu gewinnen. Vor allem der Marktführer dpa bemüht sich unter seinem neuen Chefredakteur Wolfgang Büchner, alle Bedenken zu zerstreuen, die einzelne Falschmeldungen in den Wochen vor seinem Amtsantritt verursacht haben. Für den Erhalt der Glaubwürdigkeit sei kein Preis zu hoch, Geschwindigkeit allein dürfe kein Kriterium sein, auf die Richtigkeit einer Meldung komme es an, meint Büchner und verspricht:

    "Wir werden ganz hart an unserer Qualität und an unseren Produkten arbeiten und ich glaube, am Ende wird sich Qualität durchsetzen."

    Das richtet sich ganz eindeutig gegen den Zweiten in der inoffiziellen Nachrichtenliga, den mit nur der halb so vielen Mitarbeitern antretenden Deutschen Depeschendienst ddp. Dieser hat im Dezember die deutschsprachige Sparte von AP gekauft und - fast wichtiger noch - auch die Rechte am internationalen Dienst der amerikanischen Agentur. Und nun hat er auch noch den ehemaligen dpa-Mann Cord Dreyer als Geschäftsführer abgeworben. Eine ernst zu nehmende Konkurrenz also, denn nicht wenige Verleger finden dpa zu teuer. Und das, obwohl sie ja selbst Mitinhaber der Agentur sind. Michael Reinhard Chefredakteur der zur Georg-von-Holtzbrinck-Gruppe gehörenden Main-Post findet den Druck, der von einigen Verlegern auf die dpa ausgeübt wird, für zu hoch:

    "Was ist denn dpa? Das sind wir alle, wir sind ja auch Gesellschafter. Und gerade wenn wir über Qualität im Journalismus reden, dann ist es absolut kontraproduktiv, eine große Agentur, die uns wirklich weltweit mit wichtigen Nachrichten versorgt, in dem Maße zu schwächen, dass ich sage: Ich ziehe mich da raus, ich kündige, denn damit mach ich dieses Modell kaputt und ich glaube nicht, dass man mit der sogenannten Autorenzeitung dies kompensieren kann. Ich halte es auch für eine gefährliche Entsolidarisierung, genau an der Stelle zu sparen und irgendwoher müssen auch die Autoren ihre Informationen bekommen."

    Und die kriegen sie natürlich wiederum aus dem Internet, das oft genug ursprüngliches Agenturmaterial aus anderen Quellen zitiert. Bislang allerdings haben nur wenige Verleger ernst gemacht und dpa gekündigt. Die WAZ, der größte Verlust bislang, konnte, was die Zahl der Leser angeht, jedenfalls nicht davon profitieren. Die Auflage ist und bleibt rückläufig. Thomas Schiller von epd ist sich sicher, dass seine Agentur unter der Rivalität ddp-dpa nicht leiden wird:

    "Wir werden als kleinere Agentur erstmal sehen, in welchen Bereichen sich dieser Konkurrenzkampf abspielt. Und ich glaube für unser Themenfeld eher, dass Zeitungen erst recht dann auch die kleineren Anbieter nehmen."