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Binnenschiffe alles andere als umweltfreundlich

Zwei Millionen Tonnen Güter werden pro Jahr per Schiff über die Elbe bewegt. Ein Wert, der sich durch eine Vertiefung des Flusses noch steigern ließe. Doch dagegen existieren erhebliche Bedenken - auch aus Umweltsicht.

Von Verena Kemna | 16.11.2009
    Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, kurz IÖW, hat die Wirtschaftlichkeit der Baumaßnahmen an den beiden Flüssen Elbe und Saale analysiert. Das Ergebnis sei eindeutig, meint Ulrich Petschow, IÖW-Forschungsleiter für den Bereich Umweltökonomie. Die zunehmende Klimaerwärmung stellt den Schiffsverkehr auf der Elbe generell infrage, dazu kommt, dass die Binnenschifffahrt laut Studie gerade einmal sechs Prozent des gesamten Güterverkehrs ausmacht.

    "Wir haben uns sehr viel Mühe gegeben, indem wir alle Gutachten berücksichtigt haben, die es gibt. Wir haben Verkehrsprognosen ausgewertet uns so weiter. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Binnenschifffahrt auf der Elbe eine sehr begrenzte Rolle spielt, dass sie umweltseitig keineswegs vorteilhaft ist, weil sie auf Infrastrukturmaßnahmen angewiesen ist, das heißt die Flüsse müssen ausgebaut werden und dass sie auch in Hinblick auf die Emissionen schlechter da steht als die Bahn."

    Auch deshalb seien Maßnahmen zur Vertiefung der Elbe und der Bau des Saale-Elbe-Kanals unwirtschaftlich. Bisherige Berechnungen über ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Ausbaumaßnahmen aus den 90er-Jahren seien im Jahr 2009 nicht mehr haltbar. Das Vorhaben, die Elbe durch Vertiefung der Fahrrinne ganzjährig befahrbar zu machen, müsse aufgegeben werden. Eine notwendige Fahrrinnentiefe von einem Meter sechzig an allen Tagen des Jahres ist nach Ansicht des Umweltökonomen Petschow unrealistisch. Das IÖW-Gutachten analysiert auch die Folgen der Ausbaumaßnahmen für Natur und Umwelt. Wertvolle Auenlandschaften und Feuchtgebiete würden verschwinden. Somit seien Binnenschiffe alles andere als umweltfreundlich. Auch die vermeintlich niedrigen Emissionen seien kein Argument zugunsten der Binnenschifffahrt.

    "Das gilt für die Elbe in gar keinem Fall, weil als Beispiel wenn sie von Hamburg nach Detschien entlang fahren würden, haben sie 80 Kilometer mehr, als wenn sie mit der Bahn transportieren müssen. Und das bedeutet auch ein mehr an Emissionen, und wenn man das durchrechnet, wird deutlich, dass die Binnenschifffahrt mehr CO2 emittiert, als die Bahn und die Bahn hat auch keinerlei Transportengpässe und eine Verlagerung von der Bahn auf das Binnenschiff wäre schlicht und einfach kontraproduktiv."

    Auf der Grundlage des Gutachtens fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz einen Stopp der laufenden Ausbaumaßnahmen für die Mittelelbe und den Saale-Elbe-Kanal. BUND-Gewässerexperte Stephan Gunkel verweißt auf den Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung. Dort haben sich die Regierungsparteien auf den Schutz von Flussauen verständigt.

    "Bisher ist es so, dass die Wasserstraßenverwaltung des Bundes, die ja für die großen Flüsse zuständig ist, sich auf die Verkehrsnutzung der großen Flüsse spezialisiert und dabei Natur- und Umweltschutz ein wenig außer acht lässt und das muss geändert werden."

    Er hofft, dass die Ankündigungen im Koalitionsvertrag für ökologischen Hochwasserschutz baldmöglichst umgesetzt werden.