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Binnenschifffahrt
Strengere Umweltauflagen in Europa

Europas Binnenschiffe müssen ab dem Jahr 2019 deutlich strengere Umweltauflagen erfüllen - das Europaparlament hat eine entsprechende Verordnung verabschiedet. Wegen der notwendigen Investitionen in neue Motoren oder Schiffe fürchten viele selbstständige Schiffseigentümer um ihre Existenz.

Von Kai Rüsberg | 18.10.2016
    Blick auf die Stadt Köln vom Rhein aus
    Ab 2019 müssen Motoren in Binnenschiffen neue Grenzwerte einhalten. (picture alliance / dpa / Horst Galuschka)
    Binnenschiffe gelten als umweltschonende Verkehrsmittel. Der Transport von Gütern ist auf dem Wasser nicht nur deutlich billiger als auf der Straße: Binnenschiffe produzieren pro Tonne Fracht auch weniger Kohlendioxid. Doch beim Schadstoffausstoß sind die Frachtschiffe alles andere als umweltfreundlich, sagt Andreas Brandt vom Landesumweltministerium NRW.
    "Den Rhein kann man vergleichen mit der A3, das wäre so, als würde mitten durch Köln die Bundesautobahn führen."
    Binnenschiffe produzieren gewaltige Abgasfahnen
    An manchen Tagen passieren den Dom etwa 400 Schiffe. Das ist im Vergleich zum Autoverkehr zwar eine kleine Zahl an Fahrzeugen, doch ziehen die Binnenschiffe gewaltige Abgasfahnen hinter sich her, die meist völlig ungereinigt sind.
    "Das sind schon einige 10.000 Schiffe pro Jahr unterwegs, die sind älter als 30-40 Jahre. Haben auch Motoren, die 25/15 Jahre alt sind. Und haben Abgasgrenzwerte, die nicht reglementiert sind. Und liegen generell unten denen vom Straßenverkehr."
    Betroffen von diesen Abgasfahnen sind laut dem für Luftreinhaltung im Land zuständigen Ingenieur alle Städte, die entlang viel befahrener Wasserstraßen liegen. Dort addieren sich die Schadstoffe aus den großen Dieselmotoren der Schiffe zu der restlichen Luftbelastung - und das nicht nur in Ufernähe, sondern im ganzen Stadtgebiet, erklärt Andreas Brandt.
    "Die Städte Düsseldorf, Bonn, Köln oder Duisburg, dann haben wir bei der Luftreinhalteplanung festgestellt, dass die Anteile an der Belastung etwa 3,4,5% haben. Corneliusstraße ist ja ein Belastungsschwerpunkt mit einer hohen Schadstoffdioxidbelastung, eigentlich vom Straßenverkehr, dort haben wir eine Belastung, nicht in der Nähe des Rheines, von etwa 5 Prozent."
    Die EU hat jetzt strengere Grenzwerte für Binnenschiffe festgesetzt. Ab 2019 müssen neugebaute Schiffe oder Austauschmotoren, die in ältere Schiffe eingesetzt werden, neue Grenzwerte einhalten, die denen von LKW nahekommen, erklärt Florian Franken. Er entwickelt für die Firma Tehag in Moers Abgasreinigungssysteme.
    "Sie verbrennen den gleichen Kraftstoff, wie an der Tankstelle. Die Verbrennungsprozesse sind vergleichbar."
    In Pilotprojekten hat seine Firma daher Rußpartikelfilter in Schiffe eingebaut - und Katalysatoren, die über eine Harnstoffeinspritzung den Stickstoffausstoß der Motoren reduzieren sollen. Allerdings sind alle diese Einbauten je nach Schiff sehr individuell: Sie müssen jedes mal neu an den Bauraum im Schiffsrumpf angepasst werden. Die Filteranlagen kosten schon bei mittelgroßen Schiffen mehr als 100.000 Euro.
    Förderung des Bundes ist zu gering
    "Es gibt die Förderung des Bundesverkehrsministeriums. Da sind 50 Prozent drin."
    Roberto Spranzi vom Binnenschifferverband ist diese Förderung zu gering. Er fordert mehr Geld für die Binnenschiffer. Sonst würden von den 4.500 Binnenschiffen auch künftig nur wenige mit sauberer Technik fahren.
    "Wir überaltern leider mehr und mehr. Zwei Drittel unserer Partikuliere sind 50 und älter, stellen Sie sich einen 60-jährigen Partikulier vor, ob der noch mal 200.000 Euro in die Hand nimmt, das wird schwer."
    Die Branche ist geprägt von kleinen sogenannten Partikulierern, Einzelunternehmer, die oft nur das Schiff besitzen, auf dem sie auch leben.
    Neue Gesezte könnten Kleinunternehmer gefährden
    "Wir sehen das Problem, dass die nicht investieren können, weil das zu kostenintensiv ist für kleine, mittelständische Unternehmen, über die wir sprechen. Wenn sie gezwungen werden zu investieren, wird es für den einen oder anderen Unternehmer das Ende bedeuten."
    Eine Pflicht, ihre Schiffe nachzurüsten, konnte im Europaparlament nicht durchgesetzt werden. Deshalb könnte es auch nach 2019 noch viele Jahre dauern, bis die schlimmsten Stinker von den Flüssen verschwunden sind.