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Bio-Labels und Co.
Wie gut sind Siegel für Nachhaltigkeit?

Siegel wie der Blaue Engel oder Bio-Label sollen Verbrauchern die Einhalt gewisser Standards garantieren. Doch nicht alle geben wirklich Auskunft darüber, wie fair und nachhaltig ein Produkt hergestellt wurde. Als Verbraucher muss man sich genau informieren.

Von Anna Florenske | 05.01.2015
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    Das FSC-Siegel steht für nachhaltigen Holzanbau - allerdings ist das bei Tropenhölzern schwer zu garantieren, sagen Experten. (dpa/picture alliance)
    Viele Verbraucher schätzen Siegel oder neudeutsch Label, die nachhaltige Produkte auszeichnen:
    "Ich bin Veganerin - und deswegen achte ich sehr darauf. Von daher kommen für mich auch nur nachhaltige Sachen in Betracht."
    "Wenn zwei Produkte da sind, dann nehme ich das mit dem Label drauf."
    Anders diese junge Mutter: Sie findet es schwer, sich im Dschungel der Siegel zu Recht zu finden:
    "Ganz viele Siegel werden ja auch von den Supermärkten selber quasi erfunden. Also ich vertraue nicht mehr jedem Siegel."
    Internet bietet Orientierung
    Eine Orientierungshilfe bieten Online-Datenbanken wie der Nachhaltige Warenkorb vom Nachhaltigkeitsrat und - wohl das größte Bewertungsinstrument für Siegel - "label-online.de" von der Verbraucher Initiative. Hier finden sich wichtige Hintergrundinformationen zu über 600 gängigen Siegeln, erklärt Jens Kolodziejczak von der Verbraucher Initiative:
    "Also eine inhaltliche Einschätzung dessen, was sich hinter dem Label verbirgt, aber auch wie die Kontrollmechanismen hinter diesem Label sind. Und wie transparent der Labelgeber auch sich an die Öffentlichkeit richtet."
    Aber das Internetprotal hat auch seine Grenzen - das zeigt ein Beispiel: Das Siegel "Bio Cotton" des Bekleidungsunternehmens C&A schneidet bei Label online genauso gut ab wie das "GOTS Siegel" - obwohl das GOTS-Siegel weltweit zu den wichtigsten und strengsten Siegeln in der Textilbranche zählt, was ökologische und soziale Standards angeht. Jens Kolodziejczak von Label-Online erklärt das so:
    "Der Ansatz, den wir verfolgen, ist ja, dass die Labels in unserer inhaltlichen Bewertung über gesetzliche Mindeststandards hinausgehen müssen. Sobald es passiert, bekommt es bei uns den Punkt. Die Unterscheidung gibt unsere Bewertung Matrix nicht her - also da stößt dann auch ein standardisiertes System irgendwann an seine Grenzen."
    Kritik an firmeneigenen Siegeln
    Klaus Dosch von der Aachener Stiftung Kathy Beys, die sich mit Fragen der Nachhaltigkeit beschäftigt, zweifelt an der Aussagekraft von firmeneigenen Siegeln wie "Bio Cotton".
    "Es wichtig für die Glaubwürdigkeit solcher Siegel, dass die durch unabhängige Dritte überwacht sind. Und ‚Bio Cotton' macht das meines Wissens nicht - also die Überwachungsinstanz, die hinter ‚Bio-Cotton' steckt, da hat C&A das zumindest mit gegründet. Man würde vielleicht sagen: das hat ein leichtes Geschmäckle. Also C&A, das ist ein relativ schwieriges Label."
    Ein unbestritten gutes Siegel ist für Klaus Dosch dagegen der altbekannte Umweltengel, der vom Umweltbundesamt vergeben wird. Der Blaue Engel bewertet zwar nur Teilaspekte von Nachhaltigkeit - die aber zuverlässig.
    "Weil es sich bei ganz bestimmten Produktkategorien immer die wesentlichen Bereiche herausgreift. Nehmen wir zum Beispiel mal Wandfarben. Wenn Sie ihre Wohnung streichen wollen und Sie kaufen Wandfarben wo der Blaue Engel drauf klebt, dann wissen Sie, ok, dieses Produkt ist gut, weil das schadstoffarm ist. dass ist tatsächlich bei Wandfarben einer der wesentlichen Punkte - ist da Lösemittel drin, sind Konservierungsstoffe drin?"
    Komplexer ist die Sache beim FSC-Siegel: Es steht für nachhaltigen Holzanbau und wird von unabhängigen Stellen kontrolliert. Doch das gilt nach Ansicht von Klaus Dosch nur zuverlässig für in Europa produziertes Holz - bei Tropenholz sei das fragwürdig.
    "Wenn Sie jetzt ein Stück Tropenholz kaufen, wo dass FSC-Label draufklebt, dann können Sie natürlich sicher sein, dass dieses Label von der Organisation vor Ort auch zertifiziert worden ist, aber wir wissen alle: es gibt Länder, wo man also befürchten muss, dass Korruption wirklich im Tagesgeschäft eine Rolle spielt. Da würde ich genauer hingucken."
    Detailwissen erforderlich
    Wieder anders beim Pro Planet-Siegel von Rewe. Auf den ersten Blick wirkt es wie Greenwashing - also wie der Versuch eines Unternehmens, sich einen grünen Anstrich zu geben. Doch von Nachhaltigkeits-Experten Klaus Dosch bekommt dieses Firmenlabel überraschend gute Noten:
    "Die schauen sich das wirklich an vom Rohstoffabbau bis hin zur Entsorgung und sie gucken, wo sind denn da in dieser langen Wertschöpfungskette eines Produktes Probleme drin? Es ist nicht unbedingt immer hundertprozentig transparent, was sie tun. Aber sie werden durch unabhängige Dritte überwacht. Also hinter dem Pro Planet-Label steckt zum Beispiel der Nabu, der Naturschutzbund Deutschland, die Verbraucher Initiative und ein Ableger vom Wuppertal-Institut. Sicherlich auch wirklich ein Garant für Fachkompetenz und Unabhängigkeit."
    Fazit: Verbraucher, die möglichst nachhaltig konsumieren möchten, haben es nicht leicht. Sie brauchen viel Detailwissen, um beurteilen zu können, ob ein Siegel wirklich hält was es verspricht - oder nicht.