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Biokraftstoffe
Über ihre Zukunft entscheidet der politische Wille

Biokraftstoffe haben immer noch ein Akzeptanzproblem. Dabei sind sie aus der Gegenwart gar nicht mehr wegzudenken. Wer Benzin tankt, tankt immer auch etwas Biosprit mit. Über die "Kraftstoffe der Zukunft" diskutierte jetzt der Bundesverband BioEnergie auf einem Kongress. Welche Zukunft sie haben, wird aber woanders entschieden.

Von Anja Nehls | 20.01.2015
    Ein Kanister mit Biokraftstoff steht in einem Feld in Bayern.
    Ein Kanister mit Biokraftstoff steht in einem Feld in Bayern. (imago/Westend61)
    Wenn es nach den Verbänden der Biokraftstoffindustrie geht, haben diese Kraftstoffe eine große Zukunft. Umstritten sind sie aber nach wie vor und bei der Bevölkerung gibt es immer noch ein Akzeptanzproblem.
    Biokraftstoffe sind bereits jetzt aus der Gegenwart nicht mehr wegzudenken. Wer an der Tankstelle Diesel tankt, tankt automatisch 7 Prozent sogenannten Biodiesel, der bis zu 2/3 aus Raps, zu 20 Prozent aus pflanzlichen Abfallstoffen und zu kleinen Teilen aus alten Speisenfetten, Soja oder Palmöl gewonnen wird.
    Wer Benzin tankt, tankt entweder E5 oder E10, also Benzin, das zu 5 oder 10 Prozent aus Bioethanol besteht, das aus Weizen und Roggen hergestellt wird. Es gibt Traktoren, die mit Pflanzenöl betrieben werden und es gibt Biomethan. Für Elmar Baumann vom Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie tragen diese Kraftstoffe ganz entscheidend zum Klimaschutz und zur Verminderung der Treibhausgase bei:
    Ziele in der EU bis 2020
    "Biodiesel aus Raps reduziert Treibhausgase im Vergleich zu fossilem Diesel um 60 Prozent, es ist also ein riesiger Schritt, der gemacht worden ist, insofern wird dieser Anteil bis 2020 noch steigen. Die Europäische Union hat Ziele gesetzt bis 2020 und überlegt jetzt wie es danach weitergeht."
    Und die Vorgaben, die ab 2020 gelten sind entscheidend, denn über die Zukunft der Biokraftstoffe entscheidet weniger der Markt als vielmehr der politische Wille.
    Unter den 500 Teilnehmern des Kongresses sind deshalb nicht nur Vertreter der Biokraftstoffhersteller, sondern auch der Industrie und Wissenschaftler die wissen wollen, in welche Richtung künftig geforscht werden muss. Hauptsächlich geht es darum, welche Pflanzen in Zukunft für die Gewinnung von Biokraftstoffen verwendet werden.
    BUND spricht lieber von Agrokraftstoffen
    Besonders bei Biokraftstoffen der sogenannten ersten Generation, die aus Weizen, Roggen, Raps und Mais hergestellt werden, ist nämlich sehr umstritten, wie nachhaltig sie sind. Jens Hilgenberg vom BUND möchte sie deshalb nicht mal als Biokraftstoffe bezeichnen, sondern als Agrokraftstoffe:
    "Weil sie nämlich aus Agrarprodukten gewonnen werden, die man viel besser nutzen könnte, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Oder gerade in Bereichen, in denen es sehr fragile Ökosysteme gibt, werden ja immer mehr Agroflächen gewonnen, um dort immer mehr Nahrungsmittel, Futtermittel oder auch Pflanzen für die Biosprit- oder Agrospritproduktion zu gewinnen."
    Dem widerspricht die Biokraftstoffindustrie. Alle in Deutschland verwendeten Kraftstoffe seien zertifiziert sagt Elmar Baumann vom Verband der Biokraftstoffindustrie:
    "Biokraftstoffe sind nicht die Ursache für Hunger, sie sind auch nicht die Ursache für Rodung. Wir haben als einzige für Anbaubiomasse, also auf das, was auf dem Acker wächst, für Drittstaaten Vorgaben. Also es darf nicht gerodet werden, es darf kein Torfmoor entwässert werden, es darf kein Grünland umgebrochen werden. Biokraftstoffe müssen zertifiziert sein, wenn sie in der Europäischen Union eingesetzt werden. In Deutschland haben wir als erstes begonnen 2011. Die Nachhaltigkeitsverordnung für Biokraftstoff ist einmalig."
    "Sie sind keine Lösung für die Mobilitätsfrage"
    Dennoch wird Land durch mehr und intensiveren Mais oder Rapsanbau anders genutzt als vorher und das fließe in die Nachhaltigkeitsberechnungen nicht mit ein, kritisiert der BUND. Besser wäre es, stärker auf die Biokraftstoffe der 2. und 3. Generation zu setzen, meint Uwe Fritsche, vom Institut für Nachhaltigkeitsanalysen und Strategien in Darmstadt:
    "Je nachdem wo Biokraftstoffe hergestellt werden und aus welchen Rohstoffen die kommen und welche Technologie man einsetzt, gibt es ganz unterschiedliche Bewertung von Biokraftstoffen. Es gibt eine Entwicklung dahin, dass man auch aus Rest- und Abfallstoffen Biokraftstoffe herstellen kann. Denken Sie an Stroh, das man nicht für die Bodenfruchtbarkeit braucht. Es gibt eine Menge Stroh, das dazu gar nicht nötig ist. Daraus kann man ohne große Bedenken Biokraftstoffe herstellen. Allerdings sind diese Mengen vergleichsweise gering. Das heißt, Biokraftstoffe kann man nachhaltig herstellen, aber sie sind keine Lösung für die Mobilitätsfrage."
    Gefordert seien also die Automobilhersteller in der Entwicklung sparsamerer Motoren und die Mineralölkonzerne in der Förderung von Technologien für eine wirklich umweltfreundliche Gewinnung von Biokraftstoffen. Geforscht wird zurzeit zum Beispiel auch an der Gewinnung dieser Kraftstoffe aus Algen.
    Ein Problem für die Hersteller von Biokraftstoff ist der zurzeit niedrige Mineralölpreis übrigens nicht, weil die Beimischungsanteile ja vorgegeben sind. Sollte das aber irgendwann anders sein, ist das natürlich auch ein entscheidender Faktor.