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BIP
Schwächelnde europäische Wirtschaft

Die deutsche Wirtschaft zeigt sich mit einem Bruttoinlandsprodukt von 0,4 Prozent robust. Frankreichs Wirtschaft stagniert, die italienische schwächelt und legte nur um 0,2 Prozent zu. Dafür aber überraschten zwei Krisenländer: Griechenlands Wirtschaft schaffte ein Plus von 0,8 Prozent. Spaniens Bruttoinlandsprodukt legte sogar um 1,0 Prozent zu.

Von Brigitte Scholtes | 14.08.2015
    Der Bochumer Maschinenbauer Eickhoff produziert seit 2009 in Klipphausen bei Dresden Getriebe fuer Windkraftanlagen.
    Vor dem Hintergrund der schwächeren Weltkonjunktur ist wohl eine deutliche Erholung im Maschinen- und Anlagenbau nicht zu erwarten (imago/Rainer Weisflog)
    Das Plus fiel mit 0,4 Prozent gegenüber dem ersten Quartal nicht ganz so stark aus wie von Experten erhofft. Aber die exportorientierte deutsche Wirtschaft zeigte sich damit mehr als robust. Sie profitierte vom schwachen Euro, der verbilligte die Produkte der Unternehmen außerhalb des Euro-Währungsraums. Aber auch die Ausgaben für den Konsum zogen weiter an und stützten die Konjunkturentwicklung. Dabei haben die gesunkenen Energiepreise beigetragen. Es gab aber auch weitere Gründe, sagt Stefan Schneider, Volkswirt der Deutschen Bank:
    "Hier spiegelt sich der gute Arbeitsmarkt, die relativ guten Lohnabschlüsse und die praktisch nicht existierende Inflation wider. Der private Verbrauch wird dieses Jahr die Hauptkonjunkturstütze bleiben auf jeden Fall, auch der Bau dürfte nach dem überraschend schwachen Ergebnis im zweiten Quartal im zweiten Halbjahr wieder zulegen. Frage ist ein bisschen: Die Investitionen, die sehr stark an dem Exportausblick hängen und vor dem Hintergrund der schwächeren Weltkonjunktur ist wohl eine deutliche Erholung der Maschinen und Anlagen nicht zu erwarten."
    Risiken wachsen
    Es sei aber noch möglich, das bisherige Wachstumstempo beizubehalten, meint Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank:
    "Wenn es zu halten ist, dann kommt es aus der Stärke der europäischen Volkswirtschaften, welche ja das zweite Standbein dieser doch recht kräftigen Zahlen für Deutschland sind. Aber auch hier sehen wir ja das Beispiel Frankreich, Italien, wo die Bäume ja auch nicht in den Himmel wachsen: Wenn wir also es schaffen, die Projektionen für dieses Jahr, für das Gesamtjahr, die etwa bei zwei Prozent für Deutschland liegen, zu erreichen, dann ist das schon ein positives Ergebnis fürs Jahr."
    Krisenländer überraschen
    Doch die Risiken wachsen: Frankreichs Wirtschaft stagniert, die italienische schwächelt und legte nur um 0,2 Prozent zu. Dafür aber überraschten zwei Krisenländer: Griechenlands Wirtschaft schaffte ein Plus von 0,8 Prozent. Spaniens Bruttoinlandsprodukt legte sogar um 1,0 Prozent zu. Insgesamt aber wuchs Euroland damit nur um 0,3 Prozent. Das zweite Halbjahr dürfte für die europäische Wirtschaft jedoch nicht einfach werden: Ulrich Kater bleibt aber optimistisch:
    "Die Zinserhöhung in den USA wird an den Finanzmärkten eher ein "Non-Event" sein, sie ist eingepreist, wir haben lange genug darüber geredet. Die chinesische Abkühlung sehen wir nicht so stark, dass sie die Koordinaten vollständig ändert. Es bleibt dabei: Es wird ein etwas stärkerer Gegenwind sein, auch für die europäische Konjunktur. Aber sie ist stark genug unterwegs, um sich auch unter den Bedingungen voranzuarbeiten."
    Dazu könnte auch die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank beitragen, glaubt Ökonom Schneider von der Deutschen Bank:
    "Die EZB wird in erster Linie auf die Inflation und die Inflationserwartungen schauen, und da auch wird's wieder ein bisschen kippelig, aber ich glaube noch nicht so stark, dass die EZB jetzt ihr quantitatives Lockerungsprogramm weiter ausweiten dürfte."
    Die Inflationsrate nämlich lag wegen der niedrigen Treibstoffpreise im Juli bei nur 0,2 Prozent - die EZB strebt eigentlich eine Rate von knapp zwei Prozent an.