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Bis zum Morgengrauen
Unterwegs in Londons Nighttube

London ist bekannt für ein wildes Nachtleben. Lange standen Touristen und Einheimische aber nachts vor verschlossenen U-Bahn Stationen. Besonders ärgerlich für Menschen, die zu dieser Zeit arbeiten müssen. Jetzt fahren zwei Linien am Wochenende wieder durchgängig. Dadurch verspricht sich die Stadt neue Einnahmequellen.

Von Friedbert Meurer | 22.08.2016
    Night Tube Schild an der Haltestelle Oxford Circus, London.
    Night Tube Schild an der Haltestelle Oxford Circus, London. Seit dem 20. August können Partygänger die Central- und Victoria-Linie erstmals Nachts benutzen. Weitere Stationen sollen folgen (imago / I images)
    Oxford Circus nachts um ein Uhr. Alle zehn Minuten kommt die Victoria Line. Die Rolltreppen hoch ist die Stimmung an den Ausgängen bestens.
    "Wir wollen zur Regent Street um die Ecke. Die Nacht-U-Bahn nehmen wir dann später, wenn wir gegen drei oder vier Uhr nach Hause wollen. Das ist schon viel einfacher."
    "Ich hoffe, die Restaurants haben länger offen. Ganz sicher werden wir mehr Geld da lassen."
    Ein Straßenmusiker empfängt die Nachtschwärmer mit seinem Schlagzeug auf umgestülpten Eimern und Kochtöpfen. Heute Nacht sei es noch relativ ruhig, viele sind in Urlaub, aber die Leute hier sind nett.
    Auch die Pub- und Restaurantbesitzer sind noch verhalten, aber glauben, dass mit der Zeit mehr Gäste kommen.
    "Das ist die erste Woche mit der Night Tube", sagt Carlos von der spanischen Tapas-Bar um die Ecke. Für das Nachtleben Londons wird das richtig gut. Aber unsere Restaurantlizenz geht nur bis zwei Uhr. Wir schließen wie immer."
    Eine Ehepaar Mitte 40 will unten auf dem Bahnsteig nach Hause, leicht frustriert.
    "Wir wollten ins Pub, aber das war zu. Vorher dachten wir noch, wau, die U-Bahn fährt auch später noch."
    "Also, da muss der Bürgermeister ran, damit die Pubs länger offen bleiben. Wir sind über 40, wir wissen nicht, wo die Nachtclubs sind."
    Das Village Underground in Shoreditch wäre ein Tipp gewesen, es liegt aber noch nicht an der Night Tube. Genauso nicht die Corsica Studios in Elephant and Castle. Die Victoria Line braust jetzt an King's Cross heran und Bürgermeister Sadiq Khan steht im vordersten Wagen, umringt von Journalisten. Das mit den Pubs will er angehen, damit die Night Tube auch tatsächlich der Wirtschaft Londons zu Gute kommt.
    "Die Night Tube soll tausende Jobs schaffen und hunderte Millionen Pfund in die Kassen Londons spülen. Sie ist auch gut, für die, die nachts arbeiten müssen: Krankenschwestern, Ärztinnen, Wachpersonal. Sie kommen schneller zur Arbeit oder anschließend nach Hause."
    Außer zwei Linien sind alle anderen weiter nachts geschlossen, noch. Bis zum Jahresende sollen weitere hinzukommen. Die Gewerkschaften kämpften um Zuschläge und Schichtpläne, deswegen kommt alles mit einem Jahr Verzögerung.
    "Es ist toll, wenn wir die Option mit der U-Bahn haben. Aber, ergänzt seine Freundin, wir wohnen außerhalb, ab King's Cross hier haben wir keinen Anschluss. Uns bringt die Nacht-U-Bahn nichts."
    Es ist jetzt drei Uhr nachts, wieder am Oxford Circus. Statt Schlagzeug auf Eimern gibt es jetzt Rockmusik. Schräg gegenüber warten die Taxifahrer in ihren Black Cabs. Schadet die Nacht-U-Bahn ihrem Geschäft? Die Cab Driver bleiben - britisch cool - noch unbeeindruckt.
    "Schwer zu sagen, mal sehen was passiert."
    "Ich weiß es nicht, die Zeit wird es zeigen."
    Und ein Dritter sagt sogar: "Es bleibt doch alles gleich. Die Night Tube wird gar nicht so sehr in Anspruch genommen werden."