Freitag, 29. März 2024

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Bischofskonferenz auf Pilgerreise

Bei einer Pilgerreise ins Heilige Land will die Deutsche Bischofskonferenz Israelis und Palästinenser zur Versöhnung mahnen. Zuvorderst gehe es den Vertretern aus den 27 deutschen Diözesen aber um den Besuch der biblischen Stätten, betonte Karl Kardinal Lehmann, Vorsitzender der Bischofskonferenz. "Und wir wollen schließlich auch die ja gar nicht mehr so zahlreichen Christen etwas unterstützen, die in Israel leben", sagte er.

Moderation: Silvia Engels | 26.02.2007
    Silvia Engels: Angeführt wird die große Delegation der deutschen Bischöfe vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann. Mit ihm haben wird vor der Sendung gesprochen, und zunächst wissen wollen, welches Zeichen er mit dieser besonders großen Reisedelegation setzen will.

    Karl Lehmann: Zunächst einmal soll es wirklich eine Pilgerreise sein zu den großen biblischen Stätten des Alten und des Neuen Testamentes. Dann wollen wir aber auch ein Zeichen der Solidarität geben für die Menschen, die dort wohnen und seit Jahrzehnten unter schweren konflikthaltigen Spannungen existieren müssen, seien es Israelis oder Palästinenser. Und wir wollen schließlich auch die ja gar nicht mehr so zahlreichen Christen etwas unterstützen, die in Israel leben. Und schließlich haben wir ja auch eine ganze Reihe von Schulen und von Krankenhäusern und von Pilgerheimen, Babyhospital und so weiter, dort. Und das alles zusammen ist eine Reise wert.

    Engels: Sie treffen den stellvertretenden israelischen Ministerpräsidenten Shimon Peres und Palästinenserpräsident Abbas. Sehen Sie da auch Möglichkeiten der politischen Vermittlung, oder wie definieren Sie da Ihre Rolle?

    Lehmann: Ich würde das ganz unten ansetzen. Der Konflikt ist so tief und so umfassend, dass man da bei einem kurzen Besuch gerade eben auch noch von kirchlich-religiöser Seite aus nicht unmittelbar etwas erreichen kann. Das wäre Hochmut. Man sieht ja, wie schwierig es auf dem internationalen diplomatischen Parkett ist. Aber ich denke, zu ermutigen, gerade die jetzt wieder in Gang gekommenen Gespräche intensiv fortzusetzen und zu versprechen, dass wir alles tun, was wir bescheiden von uns aus tun können, das wollen wir auf jeden Fall. Und dahinter ist natürlich immer auch eine Mahnung zur Versöhnung.

    Engels: Eine Mahnung zur Versöhnung. Ist da nicht auch eine Möglichkeit, angesichts der drei monotheistischen Religionen Judentum, Katholizismus und eben Judentum da vielleicht doch ein vermittelndes Element hineinzubringen?

    Lehmann: Also das werden wir insofern tun, als wir ja auch die Bischöfe und die Mitchristen in Galiläa, in Jerusalem treffen, aber nicht nur Katholiken, sondern wir haben mehrere Treffpunkte mit den anderen Christen- und Kirchenführern und auch am Rande also mit muslimischen Vertretern. Wir wollen die bestärken, dass es zu diesem gezielten Dialog, zur Aussöhnung, überhaupt keine Alternative gibt, und ihnen den Rücken stärken gegenüber der Gewalt, die sie immer wieder erfahren.

    Engels: Kardinal Lehmann, sehen Sie denn auch die Gefahr, dass Ihre ja nun sehr große Delegation in der derzeit ja wieder etwas aufgeheizten Lage im Nahen Osten auch möglicherweise für Proteste oder Gegenwehr sorgt?

    Lehmann: Ich hoffe nicht, dass dies der Fall ist. Wir sind aber auch, denke ich, dafür dann gerüstet, jedenfalls wenn es darum geht, mit denen, die nicht einverstanden sind, ins Gespräch zu kommen. Mehr können wir nicht tun. Wir wissen, wie die Atmosphäre aufgeladen ist, und werden uns entsprechend verhalten.

    Engels: Sie haben es schon angesprochen, auch eine Stärkung der christlichen Gläubigen im Heiligen Land und der ganzen Region ist Ihr Anliegen. Was liegt denn da besonders im Argen?

    Lehmann: Also es sind natürlich zunächst die Schulen. Wir haben unsere Schulen, übrigens auch sehr viele andere Einrichtungen, von den Pilgerheimen abgesehen, ja auch geöffnet immer schon für die Muslime, für muslimische Kinder. Und da ist es natürlich so, dass auf der einen Seite Eltern Angst haben, ihre Kinder heute mit dem Bus zu den Schulen zu schicken. Da die Busse eben ein besonderes Element der Gefährdung sind, schicken sie die Kinder lieber in die nächste Schule und nicht in eine vielleicht ihnen sonst willkommenere Schule. Wir haben aber auch natürlich das Problem, dass es doch eben einen ziemlichen Rückgang von Pilgerfahrten gibt, von den Christen her, und dass dadurch natürlich unsere entsprechenden Einrichtungen, Pilgerheime und dergleichen, auch Ermutigung brauchen, und nicht nur das, im ideellen Sinn, sondern wir müssen natürlich noch mehr Subventionen geben, damit die Häuser überleben können. Und schließlich kommt das alles ja auch ein bisschen konzentriert zusammen in der Sion Abtei, das ist ja eine deutsche Benediktinerabtei, die früher mit Hilfe des preußischen Königs erbaut worden ist und die ein ganz wichtiger Mittelpunkt für das Gespräch der drei großen Religionen geworden ist in Jerusalem. Und schließlich darf man nicht vergessen, dass, ich glaube, seit 30 Jahren jetzt dort auch evangelische und katholische Theologiestudierende zusammen die Möglichkeit haben, dass sie während ihres Studiums ein Auslandsjahr dort verbringen und Land und Leute besser kennen lernen. Ich habe selber, solange ich auf der Universität war, zweimal auch dort doziert, und halte das für eine ganz große Möglichkeit, die wir bei dieser Gelegenheit natürlich auch etwas herausstellen wollen.

    Lob für Krippenoffensive
    Engels: Kardinal Lehmann, lassen Sie uns noch zu einem anderen Thema kommen: Am Wochenende hat Ihr Augsburger Kollege Bischof Mixa die Familienpolitik von Ministerin Ursula von der Leyen noch einmal kinderfeindlich und ideologisch verblendet genannt. Er erneuerte in diesem Zusammenhang auch seinen Vorwurf, Frauen würden, wenn sie die Kinder schon im jüngsten Kindesalter abgäben und wieder arbeiten gehen sollten, so formulierte er zugespitzt, zu Gebärmaschinen degradiert. Wie bewerten Sie diese Äußerungen?

    Lehmann: Also zunächst einmal bedaure ich die Sprache, die hier und da dort verwendet worden ist auf beiden Seiten, derer, die auch ihn kritisiert haben. Aber ich selber nehme eine andere Haltung ein. Mindestens sage ich, dass ich begrüße, dass es diese Krippenoffensive für die Eins- bis Dreijährigen gibt, und ich bin auch nicht der Überzeugung, dass wir die Augen vor der Realität verschließen müssen, wenn man nicht die Notwendigkeit, wo wir also sowieso schon längst Schlusslicht sind im Vergleich zu unseren Nachbarn begrüßen. Ich bin teilweise in Übereinstimmung mit dem Bischof, wenn ich auch nicht in dieser Form das zum Ausdruck bringen möchte, dass man natürlich schon sehen muss, dass man die echte Wahlfreiheit der Eltern aufrechterhalten muss, dass man auch die Gefahren sieht, die sind ja nicht aus der Luft gegriffen, dass es auch ein bisschen zuviel staatliche Obhut im Blick auf Kinder geben kann, dass man auch nicht dazu kommen darf, dass man in der Errichtung der Kinderkrippen andere Familienunterstützungen radikal kürzt. Also da gibt es schon eine ganze Reihe von Bedenken, die ich in diesen Tagen auch anderswo ausgesprochen habe.