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Bistum Limburg
Telefonseelsorge für Tebartz-Geschädigte

Das Erbe des Skandalbischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst beschäftigt das Bistum Limburg weiterhin. Ein Ansatz zur Aufarbeitung: Haupt- und Ehrenamtliche sollen sich nun die Verletzungen seiner Ära an einer Hotline von der Seele reden können. Die Betroffenen sind davon nicht unbedingt begeistert.

Von Anke Petermann | 12.08.2014
    Der Motivwagen "Wohnen wie Gott in Limburg" zeigt am 25.02.2014 in der Wagenhalle des Mainzer Carneval-Verein (MCV) in Mainz (Rheinland-Pfalz) den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst in einer Badewanne voll Goldmünzen.
    Tebartz-Geschädigte können nun eine Hotline anrufen. (picture alliance / dpa / Daniel Reinhardt)
    Patrick Dehm ist Theologe und gefragter Spezialist für neue Kirchenmusik. Kein Diplomat, sondern Mann der offenen Worte. 2012 wurde er als Leiter des katholischen Hauses der Begegnung in Frankfurt am Main fristlos gefeuert. Sinngemäß hatte er bei einer Maklerbegehung des Hauses gesagt, der Bischof lasse jetzt das Tafelsilber verscherbeln, um seine Residenz zu finanzieren. Das wurde Tebartz wohl über seinen Generalvikar zugetragen, vermutet Domkapitular Johannes zu Eltz in einem neuen Sammelband über die Kirchenkrise im Bistum:
    "Ein Frankfurter Rechtsanwalt wurde eingeschaltet. Der muss Tebartz-van Elst und Kaspar in dem Glauben gelassen haben, dass in diesem Fall Majestätsbeleidigung ein zureichender Kündigungsgrund sei. Sie war es nicht. Der verächtliche Ton, in dem die Richterin am Frankfurter Arbeitsgericht in ihrer Begründung das rachsüchtige und rechtsblinde Bistum Mores lehrte, klingt mir heute noch in den Ohren." (aus: Joachim Valentin (Hrsg.): Der Fall Tebartz-van Elst. Kirchenkrise unter dem Brennglas. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2014.)
    Rechtswidrige Kündigungen
    Zwei Kündigungen beurteilte das Arbeitsgericht als rechtswidrig, Dehm akzeptierte eine finanzielle Abfindung - weil er nicht geahnt habe, dass ein neuer Papst Tebartz abberufen würde und
    "weil ich eine wahnsinnige Aggression gespürt habe vonseiten der damaligen Bistumsleitung. Und für mich dieser Vergleich eine Möglichkeit war, mich zu schützen vor weiteren Angriffen. Ich habe durch den Justiziar gehört, selbst wenn ich die Kündigungsschutzklage gewinnen würde, würde ich keinen Fuß mehr in meine Einrichtung und ins Bistum setzen. Diese Ankündigung in dieser Schärfe hat mich veranlasst, einen Strich darunter zu ziehen und den Vergleich zu akzeptieren."
    Dehm ist das prominenteste Opfer des Tebartz-Regiments. Aber nicht das einzige, das bekräftigen auch Schreiben der Priestervereinigung Hofheimer Kreis und der Mitarbeitervertretung des Bistums:
    "Zahlreiche Menschen sind gekündigt worden, eingeschüchtert, denunziert worden, sind verbal bedroht worden. Hauptamtliche mussten auch erfahren, dass sie abgemahnt wurden, dass sie versetzt wurden, sobald sie sich gegen das Unrechtssystem von Kaspar und Tebartz gewendet haben."
    Betroffene sehen Telefonseelsorgeangebot skeptisch
    Auch Dehm ist nun als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Bistums Adressat des neuen Telefonseelsorgeangebots. Doch er wehrt ab:
    "Nein, ich würde das Angebot nicht in Anspruch nehmen. Seelsorgerliche Aussprache kann keine Aufarbeitung bedeuten. Wiedergutmachung ist hier angesagt. Diesen Personen muss Recht widerfahren. Das kann nicht durch anonyme, seelsorgerliche Begleitung erfolgen."
    Will das Bistum Wiedergutmachung durch Seelsorge ersetzen, degradiert es damit Opfer zu Bittstellern? Die Bistumsleitung urlaubt, der Pressesprecher auch. Telefonisch schildert Stephan Schnelle den regelmäßigen Austausch mit der Mitarbeitervertretung seit Ende vergangenen Jahres:
    "Wir sind auf einem guten Weg. Gerade in den Anfangsmonaten sind alle strittigen Personalangelegenheiten durchgegangen worden. Man hat geguckt, was ist da grundlegend gewesen, was ist passiert, wo sind wir da. Da ist man in einem guten Gespräch."
    Den Anruf seiner früheren Dezernentin empfand Patrick Dehm nicht als gutes Gespräch, sondern als von oben herab. Der Theologe wünscht sich, dass die Bistumsleitung ihn und andere Geschädigte zu einem Dialog auf Augenhöhe einlädt. Auch einer seiner ehemaligen Mitarbeiter, der abgemahnt wurde, warte noch auf einen solchen Kontakt. Auf die Frage, ob das Bistum unrechtmäßige Kündigungen und Abmahnungen bereits zurückgenommen habe, bleibt Bistumssprecher Schnelle vage:
    "Also sollten sie nicht rechtmäßig gewesen sein, dann wird man nach Wegen suchen, die wieder zu heilen. Dort, wo sie ausgesprochen, rechtsgültig und wo es einen neuen Erkenntnisstand gibt, versucht man, das Gespräch zu führen, da kann man nicht hinter die rechtlichen Gegebenheiten und Bestimmungen zurück."
    Rechtlich ist der Fall Dehm aus Sicht des Bistums mit der Abfindung abgehakt. Der Rest ist – Seelsorge.