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Blamage für den US-Präsidenten
"Trumpcare" vorerst gescheitert

US-Präsident Trump ist mit seinem ersten großen Gesetzesvorhaben im Kongress gescheitert. Die Republikaner im Repräsentantenhaus brachten nicht die nötige Mehrheit für die geplante Abschaffung von "Obamacare" zustande. Daraufhin wurde die Abstimmung wegen mangelnder Erfolgsaussichten abgesagt.

24.03.2017
    US-Präsident Trump am 24. März bei einer Feier zum griechischen Unabhängigkeitstag im Weißen Haus. Er kneift die Lippen zusammen.
    US-Präsident Trump am 24. März bei einer Feier zum griechischen Unabhängigkeitstag im Weißen Haus. (AFP / Mandel Ngain)
    Trumps Drohung hat nichts genutzt: Kurz vor der Abstimmung hatte das Trump-Lager noch immer nicht die nötigen 216 Stimmen beisammen. Neben den oppositionellen Demokraten lehnten auch zahlreiche Abgeordnete der republikanischen Mehrheitsfraktion das Vorhaben ab.
    Daraufhin wurde das Votum in letzter Minute abgesagt. US-Medien berichten, darum habe Trump den Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses, Paul Ryan, selbst gebeten. Dieser soll ihn zuvor bei einem Treffen im Weißen Haus darüber informiert haben, dass der Entwurf nicht verabschiedet werden würde.
    Ryan sprach in einer Pressekonferenz von einem "enttäuschenden Tag". "Wir sind stolz auf den Gesetzentwurf", sagte der Republikaner. Man sei kurz davor gewesen, die erforderlichen Stimmen zusammenzubekommen, habe es dann aber nicht ganz geschafft. Und: "Wir werden nun auf absehbare Zukunft mit 'Obamacare' leben müssen." Das System werde langfristig in sich zusammenfallen, prognostizierte Ryan.
    Der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Paul Ryan, spricht in einer Pressekonferenz über das Scheitern von "Trumpcare".
    Der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Paul Ryan, äußerte sich enttäuscht über das Scheitern des Gesetzentwurfes. (AFP / Nicholas Kamm)
    Trump sagte anschließend, viele Leute hätten nicht realisiert, wie gut der Entwurf gewesen sei. Er sei enttäuscht, aber es sei eine interessante Erfahrung gewesen und man habe viel gelernt. Er wolle jetzt einen weiteren Versuch gemeinsam mit der Opposition unternehmen: "Lasst uns ein wirklich großartiges Gesundheitsgesetz machen. Ich glaube wirklich, dass wir dafür auch Unterstützung der Demokraten bekommen." Jetzt werde er sich aber aller Voraussicht nach erst einmal um die Umsetzung einer Steuerreform kümmern, so der US-Präsident.
    Die Abstimmung über die Gesundheitsreform war eigentlich schon für Donnerstag geplant gewesen, dann aber wegen fehlender Stimmen bei den Republikanern auf Freitag verschoben worden. Trump hatte daraufhin gedroht, dass die Republikaner für den von ihm unterstützten Entwurf stimmen sollten - anderenfalls bleibe "Obamacare", also das Gesundheitssystem seines Vorgängers Barack Obama, in Kraft.
    Trump telefonierte mit Abgeordneten
    Trumps Sprecher Spicer berichtete noch vor der Absage der Abstimmung, der US-Präsident habe mit 120 Abgeordneten Einzelgespräche geführt, zum Teil bis spät in die Abendstunden. Die Rücknahme von "Obamacare" war eines der zentralen Wahlversprechen Donald Trumps.
    Der gescheiterte Entwurf sah vor, "Obamacare" durch ein stärker marktwirtschaftlich ausgerichtetes Modell zu ersetzen. Demnach sollen die allgemeine Versicherungspflicht wieder abgeschafft und die staatlichen Zuschüsse und Programme gekürzt werden. Konservativen Republikanern gingen die Pläne aber nicht weit genug. Sie wollten vor allem die Versicherungsleistungen noch stärker kürzen, um die Kosten zu drücken. Moderaten Republikanern hingegen ging der Plan zu weit, da Millionen von Bürgern der Verlust ihrer Krankenversicherung drohte.
    Endgültiges Aus für "Trumpcare"?
    US-Medien spekulierten darüber, ob die abgesagte Abstimmung das endgültige Aus für "Trumpcare" bedeute. Der Journalist Robert Costa berichtete, Trump habe ihn angerufen. "Wir haben es gerade zurückgezogen, sagte er."
    MSNBC berichte unter Berufung auf Costa, Trump habe angekündigt, dass die Vorlage "in nächster Zukunft" nicht mehr vorgelegt würde.
    Deutschlandfunk-Korrespondent Thilo Kößler berichtete bei Twitter von Ratlosigkeit in Washington.
    Bei Twitter gab es auch schnell erste Reaktionen von Trumps Gegnern. Der frühere Präsidentschaftsbewerber der Demokraten, Bernie Sanders, twitterte, das Scheitern von Trumps Reform sei ein Triumph für arbeitende Familien und alle, die sich dagegen gewandt hätten.
    Die Oppositionschefin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, bezeichnete den Freitag als "großen Tag für das Amerikanische Volk".
    (jasi,vic,kr)