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Blasenschleier und Kofferdamm

Umwelt. - Bis zum Jahr 2030 sollen die Windenergieanlagen vor der deutschen Küste eine Leistung von 25 Gigawatt bringen. Bedenkt man, dass bis heute dort gerade einmal 25 Megawatt installiert sind, bedeutet das für die nächsten Jahre jede Menge Baulärm. Gerade für Schweinswale und andere Meeressäuger kann dieser Lärm gefährlich werden, denn ist er zu groß, werden die Tiere vorübergehend oder ganz taub. Um das zu verhindern, werden zurzeit verschiedene Schallschutzmaßnahmen erprobt. Die Ergebnisse wurden vorgestellt auf der Konferenz "Windforce 2012", diese Woche in Bremen.

Von Monika Seynsche | 28.06.2012
    Mit einem großen Stahlhammer wird der Pfeiler einer Windenergieanlage tief in den Boden der Nordsee gerammt. Der Schall der dabei entsteht, ist selbst einen Kilometer von der Baustelle entfernt noch im Wasser zu hören. Damit er dort möglichst wenig Schaden anrichtet, hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zusammen mit dem Umweltbundesamt vor einigen Jahren einen Grenzwert von 160 Dezibel festgelegt. Viele Firmen experimentieren seitdem mit Luftblasen, die den Schall dämpfen sollen, erzählt Michael Bellmann vom Institut für technische und angewandte Physik in Oldenburg.

    "Ein Blasenschleier ist einfach nur ein Schlauch und in diesem Schlauch sind Löcher in definierten Abständen gebohrt, und wenn man jetzt an der einen Seite Luft reinbläst, kommt das eben durch jede winzige Öffnung raus und es ist so ein bisschen wie ein Whirlpool dann, man legt also dann den Ring oder man legt den Schlauch als Ring um die Baustelle herum und bläst eben die Luft rein und dann hat man eben um diese gesamte Baustelle eine Art Whirlpool."

    Michael Bellmann und seine Kollegen haben verschiedene Blasenschleier getestet und gemessen, wie stark sie den Schall mindern.

    "An die 160 Dezibel kann man rankommen, das hängt ein bisschen davon ab, wo man rammt und was für Pfahldurchmesser man rammt. In der Regel ist das so: Je größer die Pfahlstruktur ist, desto lauter wird es, und im Moment sind Pfähle im Gespräch von acht Meter, 8,50 Durchmesser, da schafft man mit einem Blasenschleier definitiv die Grenzwerte nicht mehr annähernd zu erreichen."

    Den Messungen der Oldenburger Physiker zufolge lässt sich der Schall mit Hilfe von guten Blasenschleiern um elf bis 15 Dezibel senken. Bis zu 25 Dezibel dagegen erreichen eigenen Angaben nach zwei dänische Forscher mit einer Art Kofferdamm. Einer der beiden Gründer der Firma Lo-noise aus Aarhus ist Kurt Thomsen.

    "Wir haben ein besonderes Rohr entwickelt wo wir eigentlich der Pfahl durchstecken können, das Wasser rauspumpen vor dem Rammen, und während des Rammens wird dann der Schall, der Rammschall wird dann nach oben in die Luft transportiert und nicht horizontal ins Wasser raus. Das ist das einfache Prinzip dabei."

    Ein Prinzip, das zu funktionieren scheint. Den Berechnungen der dänischen Ingenieure zufolge lassen sich mit ihrem runden Kofferdamm die Pfeiler aller möglichen Fundamentstrukturen leise in den Meeresboden rammen. Von einfachen Monopiles, über dreibeinige Tripods bis hin zu gerüstartigen Konstruktionen. Thomsen:

    "Wir haben für einen Kunden im Dezember letztes Jahr in Dänemark einen Fullscaletest gemacht. Für einen 82-Zoll-Pfahl haben wir einen Kofferdamm gebaut, mit einem 800 Megajoule-Hammer haben wir es getestet. Und wir sind im ersten Versuch schon bei 152 Dezibel gelandet also weit unter das, was vorgeschriebenen ist."

    Das Rohr ist unten mit einer Dichtung und drei sehr großen Pumpen versehen, die innerhalb einer Stunde bis zu 1500 Kubikmeter Wasser herauspumpen können. Hineinschwappende Wellen sind damit kein Problem. Damit der Kofferdamm nicht umkippt, wird er ähnlich einem Notenständer von vier seitlichen Beinen gestützt. Er sei deshalb bei fast jedem Wetter einsetzbar, sagt Kurt Thomsen. Und darüberhinaus spare er Zeit und Geld.

    "Sie brauchen ja einen Tag oder zwei Tage um so einen Blasenschleier rauszulegen und danach auch wieder einzusammeln, der Kofferdamm ist innerhalb einer halben Stunde aufgestellt worden."

    Mitte Juli folgt der nächste Test in Dänemark. Dann wollen die Ingenieure einen mehr als dreimal so dicken Pfeiler in den Meeresboden rammen und hoffen genauso leise zu sein, wie bei ihrem ersten Test.