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Blockupy-Ausschreitungen
Linkspartei nach Gewaltexzessen unter Druck

Mehr als 350 Verletzte, Sachschaden in bisher noch nicht zu beziffernder Höhe: Die Folgen der Gewaltexzesse von Frankfurt am Main sind vielfältig. Betroffen sind auch jugendliche Flüchtlinge, deren Unterkunft von Steinewerfern angegriffen wurde. Ein linker Politiker gerät immer mehr unter politischen Druck.

Von Ludger Fittkau | 19.03.2015
    Ein brennendes Polizeiauto am Rande der Proteste
    Ein brennendes Polizeiauto am Rande der Blockupy-Proteste. (dpa / picture-alliance / Arne Dedert)
    Nach den gewalttätigen Ausschreitungen anlässlich der EZB-Eröffnung gestern hat die politische Aufarbeitung begonnen. Unter Druck steht nun insbesondere die Partei Die Linke. Sie ist Teil des Blockupy-Bündnisses. Politiker insbesondere von SPD und Grünen werfen der Linkspartei nun vor, sich schon im Vorfeld des Protests nicht deutlich genug von gewalttätigen Aktionen distanziert zu haben. Im Zentrum der Kritik steht Ulrich Wilken, der Vizepräsident des Hessischen Landtags und Mitglied der Linkspartei. Wilken hatte die Blockupy-Demonstration in Frankfurt am Main angemeldet. Er distanziert sich zwar von der Gewalt. Aber:
    "Ich will aber auch in aller Deutlichkeit sagen, dass ich großes Verständnis für die Wut und Empörung Menschen habe, die von dieser Verelendungspolitik betroffen sind. Diese Wut und Empörung als Opfer der Verelendungspolitik ist in Frankfurt angekommen."
    Den Vorwurf, er arbeite im Blockupy-Bündnis mit Gruppen zusammen, die Gewalt zumindest tolerieren, weist Wilken zurück. Es geht unter anderem um die kommunistische Gruppe Ums Ganze oder die sogenannte Interventionistische Linke. Deren Sprecher Christof Kleine weist auch nach den Ereignissen gestern Morgen in Frankfurt am Main die Hauptverantwortung nach wie vor der Polizei zu:
    "Im Gegensatz vielleicht zu den Bildern, die die Berichterstattung bestimmen, ist die Erfahrung der Leute, die da auf den Straßen waren eine Erfahrung von massiver Polizeibrutalität. Von einer Vielzahl von Übergriffen, von massivem Tränengas-Einsatz und von zahlreichen Verletzungen durch Schlagstöcke und von unendlich vielen Drangsalierungen, Rumschubsereien, Schlagstockeinsätzen und dergleichen."
    Christof Kleine spricht dann noch von "Dingen", die Protestler getan haben, die "verantwortliche Denkende" vielleicht nicht tun sollten. Es gibt jedoch kein konkretes Wort des Bedauerns des Sprechers der Interventionistischen Linken zu den mehr als 90 verletzten Polizisten, von denen einige Knochenbrüche, Verletzungen am Kopf durch Steinwürfe und Augenverletzungen erlitten.
    Kolpingwerk verlangt Entschuldigung von Blockupy
    Auch die Entschuldigung, die das Kolpingwerk Deutschland fordert, beleibt bisher aus. Demonstranten hatten gestern Steine auf ein Frankfurter Jugendwohnheim der katholischen Organisation geworfen. In diesem Heim leben auch mehr als 20 minderjährige unbegleitete Flüchtlingsjugendliche. Sie seien stark traumatisiert, so das Kolpingwerk in einer Stellungnahme. Eine Kolping-Mitarbeiterin, die eine brennende Mülltonne löschen wollte, sei unter Gewaltandrohung von Demonstranten daran gehindert worden, teilt das Kolpingwerk mit und verlangt eine Entschuldigung von Blockupy. Es liegt jedoch bis jetzt keine Reaktion vor.
    Der Angriff auf das Jugendwohnheim, in dem Flüchtlingsjugendliche leben, wirft auch die Frage auf, wie viele Rechtsradikale gestern unter den Demoteilnehmern in Frankfurt am Main waren. Der linke hessische Landtagsvizepräsident Ulrich Wilken bestätigt auf Anfrage des Deutschlandfunks, dass er gestern persönlich einige Rechtsradikale gebeten habe, die von ihm angemeldete Demonstration zu verlassen. Heute Nachmittag wird sich der Bundestag mit den Ereignissen in Frankfurt am Main beschäftigen. Der hessische Landtag wird sich voraussichtlich am kommenden Dienstag mit dem Thema auseinandersetzen. Für den linken Landtagsvizepräsidenten Wilken dürfte das ein ungemütlicher Termin werden.