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Blume an Hummel!

Biologie. - Pflanzen locken Bienen und Hummeln mit Düften, Farben, Mustern und einer süßen Belohnung in Form von Nektar an. Als wäre das nicht genug, haben Forscher von der Universität im englischen Bristol jetzt einen weiteren Kommunikationsweg aufgedeckt. Wie die Biologen in ihrem Beitrag schreiben, den das Fachmagazin "Science" heute im Internet veröffentlicht, elektrisieren Blüten ihre Bestäuber regelrecht.

Von Joachim Budde | 22.02.2013
    Im Labor von Professor Daniel Robert von der Universität im englischen Bristol standen zwei Gruppen künstlicher Blumen. Die Blüten der einen Hälfte enthielt einen Tropfen Zuckerwasser, die andere mit einer Chininlösung. Die schmeckt bitter, darum verschmähen Hummeln sie. An den Zuckerwasserblumen lag zusätzlich eine leichte Spannung an. Es waren elektrische Blumen, sagt Robert.

    "Alles andere war identisch. Wir beobachteten, dass die Hummeln nach 40, 50 Besuchen mit einer Genauigkeit von 80 Prozent unsere Elektro-Blumen mit dem Zucker anflogen. Sie hatten gelernt, die Blumen zu unterscheiden. Als wir den Strom aber abstellten, wussten die Hummeln nicht mehr, wo der Zucker war. Das elektrische Feld hat ihnen also geholfen, den Zucker zu finden."

    Auch echte Blumen stehen ein klein wenig unter Spannung. Je nach Form der Blätter und der Blüte unterscheidet sich auch die Form des elektrischen Feldes, das sie umgibt. Robert und seine Mitarbeiter haben gezeigt, dass Hummeln auch diese Unterschiede wahrnehmen können. Sie bauten Elektro-Blumen mit einem gleichmäßigen elektrischen Feld und eine zweite Art, bei der die Spannung in der Mitte höher war als am Rand – wie bei einer Zielscheibe. Wieder lernten die Bienen, welche Blumen das Zuckerwasser enthielten. In der Natur können die Hummeln Blüten auch anhand von deren Duft, Form und Farbe unterscheiden. Doch offenbar hilft das elektrische Feld ihnen zusätzlich. Das zeigten die Forscher mit zwei Sorten Elektro-Blumen, die sie mit zwei fast identischen Grüntönen anmalten, sagt Daniel Robert.

    "Wir konnten zeigen, dass das elektrische Feld an Blüten die Sinne der Hummeln schärfte. Sie konnten die Farben schneller unterscheiden."

    Doch damit nicht genug. Die Insekten verändern die Spannung der Blüte, wenn sie darauf landen. Denn während des Flugs streicht die Luft am Körper der Hummeln vorbei, die Reibung und ionisierte Teilchen laden das Insekt statisch auf. Auf der Blüte saugt die Hummel Nektar, währenddessen fließt die elektrische Ladung auf die Blüte ab und verändert deren Spannung. Eine Blüte ohne Nektar hat also ein anderes elektrisches Feld als eine, auf der länger keine Hummel gesessen hat, sagt Daniel Robert.

    "Das Feld ändert sich sehr schnell, die Blüte kann also ehrlich sein zur Hummel: 'Ich sehe attraktiv aus, aber ich habe gerade keinen Nektar. Komm später wieder.' Unsere Experimente zeigen also, dass Blüten und Bienen miteinander kommunizieren können. Wir nennen diesen Austausch Kommunikation, weil beide Seiten von dem Informationsaustausch profitieren."

    Eine Pflanze kann Hummeln also Hinweise geben, welche Blüten Nektar enthalten und welche nicht. Sie verhindert auf diese Weise, dass sich die Bestäuber von ihr und ihren Artgenossen abwenden, sagt der Professor für Bionanowissenschaften. Das ist wichtig, weil Hummeln und Bienen es schnell lernen, wenn eine Nahrungsquelle versiegt ist. Sie erzählen es ihren Schwestern im Stock, die Bestäuber bleiben aus. Die elektrische Ladung, die die Hummeln auf der Blüte hinterlassen, fließt nur langsam in die Erde ab.

    "Es ist wichtig, wie lang das dauert. Der Einfluss, den eine Biene auf einer Blüte hinterlässt, muss lange genug anhalten, dass die Pflanze ihre Nektarreserven auffüllen kann. Wir haben natürlich längst nicht für alle Blumenarten Daten, aber wir sprechen hier nicht über Stunden oder Tage, sondern das geschieht binnen Minuten. Wir müssen jetzt genau herausfinden, ob die Änderungen im elektrischen Feld und die Änderungen der Nektarreserven zusammenhängen."

    Eine wichtige Fähigkeit, denn die anderen Kommunikationsmittel zwischen Blüten und Bienen – Farbe, Form oder Duft - lassen sich nur sehr langsam verändern. Die Forscher aus Bristol haben jetzt einen flexiblen Informationskanal entdeckt. Es funkt zwischen Blüten und Bienen.