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Genfehler
Mutationen in Blutzellen können Herzinfarkt verursachen

Sind Blutgefäße zu eng oder stören Ablagerungen den Blutfluss, besteht Herzinfarktgefahr. Ablagerungen können jedoch auch durch Genmutationen im Blut entstehen. Das haben Forscher aus Boston herausgefunden und empfehlen deshalb, verstärkt im Blut von Patienten nach Genfehlern zu suchen. So wollen sie das Risiko für Herzinfarkte bestimmen.

Von Michael Lange | 20.01.2017
    Die Computerdarstellung eines Herzinfarktes. Die Herzregion ist farbig hervorgehoben.
    Durch Gentest könnten Mediziner herausfinden, wer ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen hat. (imago / imago / Science Photo Library)
    Grundsätzlich besitzt jeder Mensch in seinen Billionen Körperzellen den gleichen genetischen Bauplan: sein persönliches Genom. Das heißt aber nicht, dass alle Zellen genetisch absolut identisch sind. Denn bei jeder Zellteilung im Körper können Mutationen auftreten: kleine genetische Fehler. Besonders das Blut ist betroffen, denn es erneuert sich ständig. Das Team um den Medizin-Professor Kenneth Walsh von der Boston University fand im Blut Tausende genetische Abweichungen:
    "Es kommt dauernd zu Mutationen - das ganze Leben lang. Besonders folgenreich sind Mutationen in den weißen Blutzellen, denn sie teilen sich besonders schnell und häufig. Im Knochenmark entstehen hundert Millionen weiße Blutzellen jeden Tag."
    Anzahl der Mutationen im Blut steigt mit dem Alter
    Mit dem Alter steigt ganz allgemein die Zahl der Mutationen im Blut und damit auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erläutert Kenneth Walsh. Im Tierversuch konnte sein Team zeigen, dass eine bestimmte Mutation in weißen Blutzellen vermehrt zu Entzündungen führt.
    Die Forscher untersuchten das Gen TET 2, das relativ häufig mutiert, bei Mäusen. Der Genfehler im Blut führte dazu, dass die Zellen verstärkt den Botenstoff Interleukin 1– Beta bildeten. Das führte zu Entzündungen, und als Folge entstanden Ablagerungen in den Blutgefäßen. Die sogenannten Plaques verengen die Gefäße und erhöhen dadurch das Herzinfarkt-Risiko.
    Obwohl der Zusammenhang mit den Mutationen im Blut noch nicht bekannt war, gibt es bereits eine klinische Studie mit einem Antikörper gegen den Botenstoff Interleukin 1-Beta. Kenneth Walsh fordert nun, das Blut der Studienteilnehmer auf Mutationen zu untersuchen:
    "Unser Forschungsergebnis legt nahe, dass eine Blutuntersuchung hilfreich wäre. Sie könnte eine Mutation im Gen TET 2 nachweisen und so vorhersagen, bei welchen Patienten ein Antikörper wirkt, der sich gegen Interleukin 1-Beta richtet."
    "Verstärkt nach Mutationen im Blut der Patienten suchen"
    Durch die Kenntnis einzelner Mutationen liefern Blutuntersuchungen immer bessere Informationen. So wird sich in Zukunft vorhersagen lassen, welche Medikamente wirken und welche nicht:
    "Die Träger bestimmter Mutationen im Blut lassen sich durch Gentests ausfindig machen. So können wir bestimmen, wer ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen trägt. Man sollte deshalb verstärkt nach Mutationen im Blut der Patienten suchen."
    Neue genetische Untersuchungen beweisen: Die einzelnen Zellen unseres Körpers unterscheiden sich stärker als lange Zeit vermutet. Durch bessere Analyse-Methoden lassen sich jetzt immer mehr genetische Unterschiede aufspüren. So wird das Blut für die richtige Diagnose in Zukunft noch wichtiger werden.