Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

BND-NSA-Affäre
Vizekanzler Gabriel fordert Aufklärung

In der Spähaffäre um den BND hat die SPD den Druck auf den Koalitionspartner verstärkt. Parteichef Sigmar Gabriel unterstützte die Forderung der Opposition, dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags Geheiminformationen des BND zukommen zu lassen. Dabei geht es um die Liste sogenannter Selektoren.

04.05.2015
    Sigmar Gabriel bei einem Pressestatement in Berlin
    SPD-Chef Gabriel fordert die Offenlegung der Suchbegriffe. (dpa / Stephanie Pilick)
    Vizekanzler Gabriel forderte eine Offenlegung der Selektoren-Liste, auf deren Grundlage der Bundesnachrichtendienst (BND) im Auftrag des US-Geheimdienstes NSA auch deutsche Ziele ausgeforscht haben soll. Diese Liste müsse die Regierung "in einem geeigneten Verfahren den Mitgliedern des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) zugänglich machen, auch den Mitgliedern des NSA-Untersuchungsausschusses" des Bundestages. Andernfalls sei eine wirkliche Aufklärungsarbeit nicht möglich.
    Gabriel machte klar, welche Brisanz Teile der Bundesregierung der Affäre inzwischen zumessen. "Das ist mehr als eine der üblichen und alle paar Jahre wiederkehrenden Affären um Geheimdienste", sagte er in Berlin. Dieser Skandal sei "geeignet, eine schwere Erschütterung auszulösen".
    Antworten gefordert
    Bereits unter Druck geraten sind Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (beide CDU). Am Mittwoch müssen sie nun dem Geheimdienstausschuss des Bundestags Rede und Antwort stehen. De Maizière sprach in Berlin von "Unterstellungen", die er vor dem Gremium entkräften wolle.
    Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags (PKGr), dem die Kontrolle der Geheimdienste obliegt, erhofft sich von de Maizière und Altmaier Antworten auf die Frage, ab wann das Kanzleramt in die Details der Zusammenarbeit zwischen dem Bundesnachrichtendienst (BND) und dem US-Dienst NSA eingeweiht war. Dabei geht es auch um die Frage, ob das Amt rechtswidrige Abhörpraktiken zugelassen und dem Parlament verschwiegen habe.
    Es steht der Verdacht im Raum, de Maizière könnte bereits 2008 als Chef des Kanzleramts Informationen erhalten haben, wonach die NSA mit Hilfe des BND europäische Firmen sowie ranghohe Politiker der EU und aus befreundeten Ländern ausspioniert habe.
    Merkel bereit auszusagen
    Diesen Vorwurf wies de Maizière erneut zurück: Es sei 2008 nicht um "konkret belastbare Erkenntnisse über Missbräuche der NSA" gegangen. Vielmehr sei es darum gegangen, "eine bestimmte Form der Zusammenarbeit mit der NSA gerade nicht zu vertiefen, um Missbräuchen vorzubeugen".
    Weitere Details wollte de Maizière unter Verweis auf Geheimhaltungspflichten nicht nennen. Aus demselben Grund hält sich die Bundesregierung mit öffentlichen Informationen zu der Affäre zurück. Geheimdienste müssten "geheim arbeiten", bekräftigte Bundeskanzlerin Angel Merkel (CDU). Ihre Regierung werde aber den Parlamentsgremien "Rede und Antwort stehen". Merkel ist zu einer Aussage vor dem NSA-Untersuchungsausschuss bereit. "Wenn das Parlament, wenn der Untersuchungsausschuss die Bundeskanzlerin lädt, dann geht sie selbstverständlich dort gerne hin", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
    Die Kanzlerin verteidigte die Zusammenarbeit des BND mit der NSA. "Angesichts der internationalen terroristischen Bedrohung" sei der Bundesnachrichtendienst auf die Kooperation mit der NSA angewiesen, erklärte Merkel.
    (pg/ach)