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BND-Reform
Umstrittene Schlagkraft

Mit diesem Gesetz würden rechtswidrige Praktiken im Nachhinein legitimiert: So sieht es die Opposition. Die Koalition hält dagegen, der Bundesnachrichtendienst solle schlagkräftiger werden und eine Rechtsgrundlage bekommen. Der Bundestag entscheidet heute über die BND-Reform.

Von Marcus Pindur | 21.10.2016
    Sie sehen die neue Zentrale des BND in Berlin.
    Die Reform des Bundesnachrichtendienstes (hier die Zentrale in Berlin) ist heute Thema im Deutschen Bundestag. (imago / Rex Schober)
    Für die Große Koalition geht es darum, eine präzisere Rechtsgrundlage zu schaffen. Der BND soll schlagkräftiger werden, und außerdem soll die parlamentarische Kontrolle verstärkt werden.
    Für die Kontrolle der Auslandsfernmeldeaufklärung soll laut der BND-Reform künftig ein sogenanntes "Unabhängiges Gremium" aus Richtern und Bundesanwälten zuständig sein. Das stärke die Kontrolle nicht, so der grüne Abgeordnete Hans-Christian Ströbele.
    "Zumal es sich ja hier um eine Stelle handelt, die in Karlsruhe angesiedelt ist, wo Bundesrichter und Bundesstaatsanwälte drin sind, und die werden eingesetzt von der Bundesregierung, das heißt, das ist nicht unabhängig."
    Das Gesetz regelt die strategische Fernmeldeaufklärung von Ausländern im Ausland - also die Überwachung von Datenverbindungen, um Bedrohungen zu erkennen und die außenpolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands zu sichern. Dazu kann der Geheimdienst auch Internetknotenpunkte in Deutschland anzapfen, über die weltweiter Datenverkehr abgewickelt wird.
    Sechs Monate speichern
    Die gesammelten Daten darf der BND bis zu sechs Monate speichern und auch an ausländische Dienste wie die NSA weitergeben. Eine Erhebung von Daten von deutschen Staatsangehörigen, oder von sich im Bundesgebiet aufhaltenden Personen ist unzulässig, heißt es in dem Gesetz.
    Die Kooperation mit ausländischen Sicherheitsbehörden bedurfte seit langem einer klareren gesetzlichen Grundlage. Bundesdeutsche Geheimdienste kooperieren und profitieren auf vielfältige Weise von den Ermittlungsergebnissen befreundeter, zum Beispiel amerikanischer Sicherheitsbehörden. Der entscheidende Hinweis auf den Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr kam von einem amerikanischen Geheimdienst.
    Im Fall der Sauerlandbomber konnte ebenfalls aufgrund amerikanischer Hinweise ein Anschlag verhindert werden. Nach den Anschlägen in Würzburg und Ansbach hat der amerikanische Geheimdienst NSA codierte Nachrichten entschlüsselt, mit denen ein Drahtzieher der Terrormiliz IS die beiden Attentäter gesteuert hatte.
    "Abhören unter Freunden geht gar nicht"
    Wirtschaftsspionage wird in dem neuen Gesetz ausdrücklich untersagt, ebenso das gezielte Ausspähen befreundeter Staats- und Regierungschefs. Es hatte zu viel Unmut geführt, dass amerikanische Sicherheitsbehörden das - im Übrigen technisch ungesicherte - Funktelefon von Angela Merkel abgehört hatten. Die Kanzlerin kommentierte dies mit den Worten: Abhören unter Freunden gehe gar nicht. Obama versicherte ihr ein paar Monate später, dass man diese Praxis ad acta gelegt habe.
    Grüne und Linke beklagen, dass die Bundesregierung rechtswidrige Praktiken des Bundesnachrichtendienstes nachträglich legitimiere. Ein Bündnis, dem unter anderem Amnesty International, Journalistenverbände und der Deutsche Anwaltsverein angehören, kritisiert, dass vage Kriterien dem BND nahezu ungehinderten Zugriff auf Telekommunikationsnetze erlaubten.