Donnerstag, 25. April 2024

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Böhmer: Über Feinheiten noch zu beraten

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer rechnet nach der Grundsatzeinigung der Großen Koalition noch mit weiteren Diskussionen über die Gesundheitsreform im Gesetzgebungsverfahren. "Da wird über einiges noch zu sprechen sein", sagte der CDU-Politiker. Allerdings gehe er davon aus, dass die Eckpunkte jetzt stehen.

Moderation: Elke Durak | 05.10.2006
    Elke Durak: Es ist also offensichtlich vollbracht, wenn auch vorerst: Die Große Koalition hat sich über die Gesundheitsreform geeinigt. Zumindest hat sich die Bundeskanzlerin durchgesetzt, so scheint es, denn sie hat ja zum Schluss gesagt, am Ende entscheide ich.

    Ist das so, und was hält er von dieser Einigung? Wolfgang Böhmer (CDU) Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Guten Morgen, Herr Böhmer!

    Wolfgang Böhmer: Guten Morgen!

    Durak: Was halten Sie davon? Herr Beck hat gesagt, in der Nacht, das ist eine große Reform. Ist sie das?

    Böhmer: Auf alle Fälle ist es eine Reform, von der wir ja jetzt nur die politischen Eckpunkte kennen. Eine exakte Beurteilung wird erst möglich sein, wenn wir wissen, wie das in Gesetzesform umgesetzt wird. Und, da bin ich sicher, da wird über einiges noch zu sprechen sein. Aber es ist eine notwendige, und, ich würde sogar sagen, eine von der Richtung her richtige Reform.

    Durak: Ich habe Sie soweit verstanden, es ist eine Reform, eine politische Einigung, die möglich war, mehr nicht. Alles weitere soll geprüft werden. Was soll denn Ihrer Meinung nach auf jeden Fall geprüft werden?

    Böhmer: Das ist die technische Umsetzung der beschlossenen politischen Eckpunkte in Gesetzesform. Da kommen ja dann erst die ganzen Feinheiten, die dann sicherlich noch einmal diskutiert werden. Aber ich gehe davon aus, dass diese Reform kommen wird, dass die Eckpunkte jetzt stehen. Und ich bin der Meinung, das ist nicht nur notwendig, sondern auch eine politisch richtige Entscheidung.

    Durak: Immerhin hat aber der bayerische Ministerpräsident, Ihr Amtskollege, wieder Vorbehalte angemeldet und hat gesagt, dies muss alles erst einmal geprüft werden.

    Böhmer: Das meine ich ja auch, das sind dann die Feinheiten bei der Umsetzung im Gesetzestext. Und die Bayern haben ja schon immer ein Problem mit dem Solidarpakt in Deutschland und auch mit dem Risikostrukturausgleich. Und da mit der jetzigen Reform im Grunde genommen der Risikostrukturausgleich festgeschrieben wird, da war das schon zu erwarten, dass es da noch einmal kritische Fragen geben wird.

    Durak: Welchen Bestand wird diese Reform haben, Herr Böhmer?

    Böhmer: Ich kann nicht genau sagen, wie lange sie in dieser Form bestehen wird. Aber es gibt keine Reform, die für 100 Jahre bestimmt wäre. Das Gesundheitswesen ist ein so dynamischer Bereich, und auch die demografischen Veränderungen werden von Jahrzehnt zu Jahrzehnt neue Entscheidungen notwendig machen, so dass man schon immer froh sein kann, wenn man für einen Zeitraum von, sagen wir maximal 10 Jahre, das System wieder gesichert hat.

    Durak: Das heißt, Ihre Zeitrechnung geht über die nächsten Bundestagswahlen hinaus? Also, meine Frage konkret: Wird es nach einem möglichen Regierungswechsel eine andere Reform geben?

    Böhmer: Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Es ist ja vereinbart worden, dass das, was jetzt umgesetzt werden soll, spätestens nach zwei Jahren überprüft werden soll, weil niemand genau einschätzen kann, wie sich das konkret auswirken wird. Und erst von diesen Ergebnissen wird es abhängen, wann man dann nachkorrigieren muss.

    Durak: Herr Böhmer, ist die Große Koalition damit vorerst gerettet?

    Böhmer: Also aus meiner Sicht war die Große Koalition nie so in Gefahr, dass das nur von diesen Gesundheitsdiskussionen abhängig ist. Es war für mich völlig klar, dass es ein Reformgesetz geben wird. Wir wussten zwar alle nicht genau wann, und wir wissen auch heute nicht genau jede Einzelheit, die da drin stehen wird, aber dass die Große Koalition in der Lage sein wird, wenigstens einen Kompromiss zu finden, das war für mich nie strittig.

    Durak: Ich kann mich ja täuschen, Herr Böhmer, aber ich höre aus Ihren Worten und der Art wie sie sprechen eine gewisse Erleichterung heraus, dass dieses Thema nun vielleicht vom Tisch ist. Eine Frage zu Frau Merkel: Die Bundeskanzlerin hat sich durchgesetzt. Nach allen Seiten, also auch zu den CDU-Ministerpräsidenten hin, die sie auch möglicherweise unter Druck gesetzt haben?

    Böhmer: Nein, das ist eine falsche Darstellung, der kann ich einfach nicht folgen. Es gab Diskussionen, wir sind nach unserer Meinung gefragt worden, wir haben unsere Meinung versucht einzubringen, damit es möglichst zeitig einen Konsens gibt. Aber niemand von uns hat versucht, die Bundeskanzlerin unter Druck zu setzen.

    Durak: Dankeschön, das war Wolfgang Böhmer, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Herzlichen Dank für das kurze und schnelle Gespräch, denn die Ministerpräsidenten sind ja auch gerade erst informiert worden. Besten Dank.