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Digitalwirtschaft
Bundeskartellamt nimmt Facebook und Co. ins Visier

Amazon fürs Shoppen, Facebook fürs Netzwerken: In der Internetwirtschaft scheint es kaum so etwas wie Wettbewerb zu geben. Das Bundeskartellamt in Bonn nimmt Facebook und den E-Commerce seit geraumer Zeit genauer in den Blick. Und fordert dafür mehr Rechte – die Bonner wollen zur Verbraucherbehörde werden.

Sina Fröhndrich im Wirtschaftsgespräch mit Mario Dobovisek | 27.08.2018
    Facebook-App auf einem Mobiltelefon
    Bereits seit 2016 läuft ein Verfahren der Wettbewerbshüter gegen Facebook (dpa / Rolf vennenbernd)
    Facebook sei nicht nur besonders beliebt, es beherrsche den Markt - und diese Stellung werde auch ausgenutzt, sagt Kartellamtschef Andreas Mundt im Dlf. Facebook sammle Daten – und das auch auf anderen Websites, womit die Nutzer nicht unbedingt rechnen könnten. Die Bonner Behörde hatte bereits 2016 ein Verfahren gegen Facebook eingeleitet – Mundt versichert anlässlich der Jahresbilanz 2017: Man wolle dieses Verfahren mit Hochdruck zum Ende bringen – aber das dauere, auch weil es gerichtsfest sein müsse.
    Auch den E-Commerce und Plattformen wie Amazon will sich das Amt näher anschauen: Denn Amazon sei nicht nur Verkäufer, es biete auch anderen die Möglichkeit, zu verkaufen. Und "da gibt es in der Tat ein gewisses Potenzial für Missbrauch, dazu gibt es immer wieder Beschwerden, das gucken wir uns im Moment sehr genau an."
    David gegen Goliath?
    Mundt spricht von verschiedenen Möglichkeiten, das Kartellamt habe nicht nur Bußgelder als scharfes Schwert. Viel wesentlicher sei: Durch Auflagen könne man auch diese Unternehmen dazu bringen, dass sie ihr Geschäftsmodell verändern müssten. Die Erfahrung aus der Vergangenheit lehre, dass dies "Unternehmen oft viel weher tut für die Zukunft als ein hohes Bußgeld zu verhängen."
    Mundt betonte zudem, in der Internetwirtschaft gelte der alte Wettbewerbsbegriff kaum noch – "den wir von der Freiburger Schule und von Ludwig Erhardt so gut kennen, dass da ganz viele Wettbewerber auf einem Markt sind, die sich gegenseitig die Märkte streitig machen und dadurch auch die Macht im Zaum halten." Denn online gebe es Netzwerkeffekte. Ist einer bei Facebook, folgen andere – da hätten es Mitbewerber schwer. Kartellamtschef Mundt wünscht sich deswegen auch mehr Befugnisse für seine Behörde. Seit Juni 2017 hat das Kartellamt zusätzliche Kompetenzen im Bereich Verbraucherschutz. Es kann bestimmte Sektoren untersuchen, wenn ein begründeter Verdacht auf Verstöße besteht. Allerdings kann es diese Defizite nur feststellen, nicht aber abstellen – dazu fehlen den Wettbewerbshütern die Befugnisse.
    Wurstlücke sorgt für eher niedrige Kartellstrafen im Jahr 2017
    Im vergangenen Jahr verhängte das Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von 66 Millionen Euro. "Nur", sagt Andreas Mundt, und verweist auf die sogenannte Wurstlücke: Es habe Preisabsprachen zwischen Wurstherstellern gegeben – die verhängten Bußgelder seien aber nicht vollstreckt worden, da sich ein großes Unternehmen intern umstrukturiert habe. Dadurch hätten die Wettbewerbshüter keinen Zugriff mehr auf die Firma gehabt. Diese Lücke hätten auch kleinere Wursthersteller genutzt. Die Wurstlücke sei inzwischen geschlossen – und fast schon verteidigend sagt Kartellamtschef Mundt: "Mir ist es allerdings in dem Zusammenhang immer wichtig zu sagen, dass wir ja keine Fiskalbehörde sind, die den Auftrag hat, möglichst hohe Bußgelder zu generieren, wir wollen dafür sorgen, dass die Märkte funktionieren mit der Kartellverfolgung."
    2018 wurden bereits einige Verfahren eingeleitet und 272 Millionen Euro Bußgeld verhängt – unter anderem gegen Edelstahlfirmen.