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Böses Gewerbe bringt bösen Lohn

Kaum eine Persönlichkeit des 30-jährigen Krieges war so verhasst wie er. Bis heute herrscht das Bild des skrupellosen Geschäftsmannes vor, der zum eigenen Profit aus dem Krieg sein eigenes Unternehmen machte. Aber die Politik des Feldherrn, der zu einem der mächtigsten Männer Europas aufstieg, war wesentlich moderner und weitsichtiger, als viele seiner Zeitgenossen ahnten.

Von Christian Berndt | 24.09.2008
    "Ja Max, der Hof hat meinen Untergang beschlossen. Drum bin ich willens, ihm zuvorzukommen. Wir werden mit den Schweden uns verbinden. - Oh tu es nicht! - Ich muss Gewalt ausüben oder leiden, so steht der Fall. - Sei's denn! Behaupte dich auf deinem Posten. Gewaltsam. Widersetze Dich dem Kaiser. Nur - zum Verräter werde nicht! -Wir handeln, wie wir müssen."

    Wallenstein, der Verräter. So galt er lange im Urteil der Geschichte. Albrecht von Wallenstein war nicht nur einer der wichtigsten, sondern auch einer der meistgehassten Staatsmänner des Dreißigjährigen Krieges. Friedrich Schiller stellte ihn 150 Jahre später in seinem "Wallenstein"-Drama als genial-weitsichtigen, aber egozentrischen Politiker dar, der zum Verräter wird, weil man seiner eigenmächtigen Politik nicht mehr folgen und ihn stürzen will. Doch die Wirklichkeit sah anders aus.
    Geboren am 24. September 1583 im heute tschechischen Hermanice, stammt Wallenstein aus altem böhmischen Hochadel, doch die Familie ist wenig wohlhabend. Die Stunde des ehrgeizigen Aristokraten kommt, als er dem in Prag residierenden Erzherzog Ferdinand Truppen für den Krieg gegen Venedig anbietet. Damit setzt er auf den richtigen Verbündeten, Ferdinand wird zwei Jahre später König von Böhmen und 1619 deutscher Kaiser.
    Als 1618 der Dreißigjährige Krieg zwischen den protestantischen deutschen Fürsten auf der einen und den katholischen Landesherren und Kaiser Ferdinand II. auf der anderen Seite beginnt, macht Wallenstein eine atemberaubende Karriere. Er übernimmt als Kriegsunternehmer die finanzielle Organisation kaiserlicher Truppen. Um die Armeen besser auszustatten, erfindet er ein Kontributionssystem. Das heißt, die Länder müssen eine Art Steuer für durchziehende Heere entrichten, die Wallenstein mit Nachdruck einfordert:

    "Wird das Kriegsvolk nicht schnellstens ordentliche Unterhaltung haben, so werden sie mit Unordnung aus den Quartieren laufen und nehmen, was sie bekommen. Entweder ordentliche Verpflegung und Bezahlung oder unordentliches Kriegsvolk. Basta!"

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    Diese Kriegssteuer macht Wallenstein äußerst unbeliebt im Deutschen Reich. Doch tatsächlich bedeutet die geordnete Finanzierung einen wesentlichen Fortschritt gegenüber den sonst üblichen Plünderungen durch die Heere. 1625 wird Wallenstein für seinen militärischen Erfolg zum Herzog und obersten Befehlshaber der kaiserlichen Truppen ernannt. Er lässt ein gewaltiges Heer aufstellen. Doch sein Ziel ist nicht der Sieg. Wallenstein will den Gegner durch militärische Dominanz zu Friedensverhandlungen bringen, der scharfsinnige Realist weiß, dass keine Seite den Krieg gewinnen kann. Und gegenüber den Protestanten hegt Wallenstein, der selbst aus Karrieregründen früh zum Katholizismus übergetreten ist, keine Vorbehalte. Doch der tief religiöse Kaiser will die protestantische Seite besiegen. Und Wallensteins zahlreiche Gegner unter den Fürsten intrigieren gegen ihn. 1630 wird Wallenstein entlassen - genau in dem Moment, als schwedische Truppen unter König Gustav Adolf in Deutschland einfallen. Nach 2 Jahren muss der Kaiser Wallenstein zurückholen. Jetzt erhält er nicht nur den uneingeschränkten Oberbefehl über die kaiserliche Armee, sondern auch das Recht, Verträge mit ausländischen Mächten zu schließen. Wallenstein ist nun mächtiger als der Kaiser, wie der französische Kardinal Richelieu bemerkt.

    "Es wäre schwierig zu entscheiden, ob diese Bedingungen eine Unverschämtheit des Dieners gegen seinen Herren waren oder hochnotwendig im Interesse des Kaisers. In extremen Lagen hat man immer für unabdingbar erachtet, dass der Monarch, der selber nicht zu handeln vermag, seine Geschäfte einem anderen anvertraut und sein Schicksal total in dessen Hände legt."

    Für die Fürsten des Reiches ist diese Machtfülle untragbar. Ein Komplott wird geschmiedet, Friedensverhandlungen, die Wallenstein mit den Schweden führt, werden als Verrat denunziert. Der Kaiser überblickt die Situation nicht, er lässt Wallenstein absetzen und auf der Flucht 1634 ermorden. Jetzt sollen sich Wallensteins schlimmste Befürchtungen bestätigen. Zwar bereitet Ferdinand II. ein halbes Jahr später den schwedischen Truppen eine schwere Niederlage. Aber der kaiserliche Erfolg bewegt Frankreich aus Furcht vor der Übermacht des Deutschen Reiches einzugreifen. Der Krieg geht weiter und Deutschland wird nun zum Schlachtfeld der europäischen Mächte.