Dienstag, 19. März 2024

Archiv


Bond und Blomkvist

Vor ein paar Jahren da kannte man den Stahlarbeitersohn aus England kaum jemand. In Deutschland tauchte er ab und zu in den Gazetten auf, denn er war immerhin ein paar Jahre der Mann an der Seite von Heike Makatsch. Inzwischen haben sich die Verhältnisse doch deutlich umgekehrt. Denn Daniel Craig ist in erster Linie Bond-Darsteller und in zweiter Linie auch sonst megapräsent im Hollywood-Kino.

Daniel Craig im Gespräch mit Sigrid Fischer | 12.01.2012
    Sei es an der Seite von Harrison Ford als cooler Cowboy oder in einer animierten Version des roten Reckham in Spielbergs "Tim und Struppi"-Adaption. Schon lange lacht keiner mehr über den ersten "Blond", keiner nennt Daniel Craig mehr James Bland - James Langweilig. Längst ist er ganz oben angekommen. Und auch sein neuer Film "Verblendung" dürfte seinen Ruhm kaum schmälern. In den USA spielte das Remake der Stieg-Larsson-Verfilmung satte Gewinne ein.

    Der ehemalige Kunsthochschüler und Ensemblemitglied des Old Vic London Daniel Craig spielt den Journalisten Michael Blomkvist. David Fincher führte Regie und vor ein paar Tagen nahm sich der Superstar Zeit noch einmal kräftig die Werbetrommel für das Werk zu rühren. Sigrid Fischer hat ihn getroffen.

    Sigrid Fischer: Wenn man einen Bestseller verfilmt, den so viele Menschen auf der Welt gelesen haben, entstehen ja besonders hohe Erwartungen an den Film, dazu noch gibt es im Fall von Stieg Larssons "Millennium"-Trilogie schon eine recht gelungene Version, hat das alles die Arbeit an "Verblendung" nicht etwas belastet?

    Daniel Craig: Die ehrliche Antwort darauf ist: Nein. Ich kann auch gar nicht zulassen, dass es mich nervt, denn sonst könnte ich meine Arbeit nicht machen. Weil ich dann ja immer denken müsste: oh Gott, was werden die Leute nur denken, wie werden sie es finden ... und so weiter. Ich hatte ein fantastisches Drehbuch und einen tollen Regisseur - David Fincher, und darauf konzentriere ich mich. Vielleicht bin ich ein totaler Idealist, aber das Erste, was ich dachte, als man mir die Rolle anbot, war: Werden sie die Geschichte wohl verwässern? Ich kannte das Buch sehr gut und wusste, dass es sehr wichtige Themen behandelt, es geht um Machtmissbrauch und um den Missbrauch von Frauen. Und Fakt war, dass das Studio sehr viel Geld ausgeben wollte, um einen großen Film zu drehen - mit diesen Erwachsenen-Themen, sie sind davor nicht zurückgeschreckt. Die Tatsache, dass es so ein bekanntes Buch war, spielte für mich keine Rolle, sondern mir war wichtig,, dass der Film einen Maßstab setzen könnte im Bereich der Erwachsenenfilme. Ich sah hier einfach die Chance, dass man nicht einen Film für das größtmögliche Publikum dreht, sondern für Leute, die sich das ansehen und hinterher darüber nachdenken.

    Fischer: Sie als ein Europäer im Team fanden es vielleicht etwas merkwürdig, dass man so kurz nach der sehr gelungenen schwedischen Version des Films eine amerikanische dreht, dass Ihr schwedischer Kollege Mikael Nykvist Ihre Rolle gerade eben schon gespielt hat.

    Craig: Ich kenne die anderen Filme nicht, ich habe entschieden, sie nicht anzuschauen, um nicht beeinflusst zu werden. Und wie gesagt, für mich war es zu wichtig, den Film überhaupt zu drehen. Außerdem hat doch am Ende jeder was davon. Leute, die den anderen Film gesehen haben, und die Bücher kennen sehen sich jetzt diesen Film an und vielleicht lesen sie die Bücher dann noch mal und schauen sich die schwedischen Filme noch mal an. Das ist doch ein sehr schönes Karussell, auf dem wir hier sitzen. Es sind einfach tolle Geschichten, und wenn es uns gelingen kann, damit ein größeres Publikum zu erreichen, bin ich glücklich.

    Fischer: Das scheint ja in Amerika zu gelingen, trotzdem ist noch unklar zu sein, ob die beiden nächsten Teile - Verdammnis und Vergebung - auch noch gedreht werden sollen - mit Ihnen und Rooney Mara als Lisbeth Salander?

    Craig: Für mich ist das keine Frage. Aber das ist eine rein ökonomische Entscheidung. Das hat nichts mit mir zu tun. Wenn ich verantwortlich wäre, ginge es weiter, aber das bin ich nicht. Ich habe auf jeden Fall für drei Filme unterschrieben.

    Fischer:Sie spielen ja inzwischen in der obersten Hollywoodliga, trotzdem sind da auch mal Flops dazwischen - der Kriegsfilm "Unbeugsam" lief gar nicht gut, "Invasion" mit Nicole Kidman lief gar nicht. Macht Ihnen so was dann Sorgen und Sie sind froh über eine sichere Nummer wie "Verblendung"?

    Craig: Ach, darüber kann ich mir keine Gedanken machen. Ich mache das, was mich begeistert. Und was sich richtig anfühlt, wenn ich es mache. Ob Filme nun als erfolgreich gelten oder nicht, über so was will ich mir gar keine Gedanken machen. Ich habe in den letzten Jahren genau das gemacht, was ich machen wollte, manches hat finanziell funktioniert, manches hat gut Kritiken bekommen, manches hat gar nicht funktioniert - so war das immer bei mir. Ja, bei diesen großen Filmen gibt es für jeden eine Art Punktzahl, aber damit kann ich mich nicht auseinandersetzen.

    Fischer: Wie Sie sagen, Schauspieler werden ja auch nach ihrem wirtschaftlichen Wert besetzt, zumindest in großen Filmen. Das heißt, man braucht schon Hits.

    Craig: Nicht unbedingt. In Filmhits mitzuspielen heißt nicht, dass man automatisch interessante Rollen angeboten bekommt. Im Gegenteil, das kann auch bedeuten, dass sie dann sagen: ach, der spielt immer nur in massentauglichen Filmen mit, da passt er nicht in unseren Film. Deshalb versuche ich immer, eine Mischung hinzukriegen. So behalte ich auch das Interesse an meiner Arbeit.

    Fischer: Sie befinden sich gerade in den Dreharbeiten zu Ihrem dritten James Bondfilm "Skyfall" Haben Sie eine Erklärung dafür, dass Sie als James Bond so ungeheuer erfolgreich sind? "Casino Royale" und "Ein Quantum Trost" sind die erfolgreichsten Bondfilme aller Zeiten.

    Craig: Das ist vielleicht mehr Glück als sonst was. Ich weiß es nicht. Ich habe damals einfach die Chance, die sich mir bot, ergriffen. Wir hatten ein tolles Drehbuch zu "Casino Royale", ein weniger gutes bei "Ein Quantum Trost", aber wir haben trotzdem einen guten Film daraus gemacht, der die Geschichte weiter erzählte. Und am Drehbuch für den nächsten, "Skyfall", haben Regisseur Sam Mendes und ich zwei Jahre gearbeitet, John Logan hat es dann in die Endfassung gebracht und es ist wirklich ein gutes Skript. Das war mir nach der letzten Erfahrung auch wichtig, dass wir ein Drehbuch haben, mit dem man arbeiten kann. Und wir haben mehr als das, wir haben eine super Geschichte.

    Fischer: Als bekannt wurde, dass Sie der nächste James Bond sein werden, gab es Fanproteste und schlechte Vorabpresse. Sind Sie nicht ein bisschen stolz, dass Sie die Lügen strafen konnten?

    Craig: Bin ich nicht, Stolz kommt immer vor dem Fall.

    Fischer: Bei den Bondfilmen wird viel getrickst, in "Verblendung" geht es stellenweise richtig zur Sache. Wenn Mikael Blomkvist am Ende in die Fänge des Serienmörders gerät, das war bestimmt nicht so angenehm -

    Craig: Ja, das war schon ziemlich hart, da kann man auch nicht tricksen, ich war wirklich gefesselt und musste da an der Decke hängen. Über Stunden, den ganzen Drehtag, nur für eine Pause wurde ich mal runter gelassen.

    Fischer: Lieben Sie Ihren Job in solchen Momenten immer noch?

    Craig: Mein Job ist einfach, ich muss doch keine Kohle aus der Erde graben, ich gehe zur Arbeit und schauspielere, und das macht so viel Spaß. Ich arbeite mit unglaublich intelligenten und kreativen Leuten zusammen. Was ist daran schwer? Klar, diese Szene war heftig, aber wurde ich dabei verletzt? Oder wache ich nachts deswegen schreiend auf? Nein.

    Fischer: Es hieß mal, Sie wollten nach drei James-Bond-Filmen aufhören, jetzt steht in der Zeitung, dass man Ihnen einen Vertrag über fünf weitere anbietet, in den nächsten zwölf Jahren. Und? Haben Sie sich schon entschieden?

    Craig: Es gibt da für mich jetzt nichts zu entscheiden. Jetzt stehen erst mal ganz andere Dinge an, ich habe noch fast sechs Drehmonate vor mir. Ich glaube, der Vertrag geht über 3 Bondfilme, ich weiß es nicht genau. Muss ich nachschauen. Ich bin kein Geschäftsmann. Es gibt einen Vertrag, ich habe für 3 Filme unterschrieben, und wenn sie noch einen mit mir drehen wollen, gerne, ich mache gerne noch einen. Aber ich will da jetzt gar nicht spekulieren - Michael, der Produzent, hat der Presse wohl was gesagt. Aber ich habe gelernt, dass man nichts glauben soll, was in der Zeitung steht. Deshalb weiß ich nicht, was er gesagt hat.

    Fischer: Das heißt, Sie haben keine gute Meinung von der Presse, was man aus Sicht eines Briten ja auch verstehen kann. In "Verblendung" spielen Sie aber nun selbst einen Journalisten.

    Craig: Ich bin ein großer Fan der Journalisten. Einige von ihnen sind Helden, sie sind gestorben an ihren Einsatzorten nicht weit von hier. Wir brauchen Leute, die ihren Kopf riskieren und versuchen, die Wahrheit herauszufinden, ohne sie haben wir keine freie und demokratische Gesellschaft. Das Spannende an den Larsson-Büchern ist ja auch, dass sie die Grenze ausloten, wo Journalisten legal und wo sie illegal arbeiten, was ja in den letzten Jahren auch wirklich Thema war, bei allem, was über die britische Presse und auch anderswo herausgekommen ist. Und diese Debatte muss geführt werden: Wo verläuft diese Grenze? Wann handeln Journalisten kriminell?

    Fischer: Waren Sie auch Opfer der Murdoch-Methoden wie Hugh Grant und andere Ihrer Kollegen?

    Craig: Ich weiß es nicht sicher. Vielleicht, aber ich will es auch gar nicht wissen. Denn was würde ich mit der Information anfangen, außer mich zu ärgern? Dann weiß ich es lieber erst gar nicht.