Samstag, 20. April 2024

Archiv

Borneo
Forscher entwickeln Modell zur Waldbrandvorhersage

Immer wieder geraten Feuer auf Borneo außer Kontrolle. Sie zerstören einzigartige Ökosysteme, produzieren große Mengen an Kohlendioxid und verstärken damit den Treibhauseffekt. Niederländische und indonesische Forscher entwickeln nun ein Modell zur Waldbrandvorhersage in den feuchten Tropen.

Von Monika Seynsche | 15.11.2017
    Immer wieder gerate Feuer auf Borneo außer Kontrolle, die Folgen sind verheerend.
    Immer wieder gerate Feuer auf Borneo außer Kontrolle, die Folgen sind verheerend. (picture-alliance / dpa / epa afp Subek)
    Nebelschwaden durchziehen den Wald. Von großen Blättern tropft Wasser auf feuchten Torfboden. Borneos Regenwälder gehören zu den artenreichsten der Welt. Aber seit einigen Jahrzehnten greifen Waldbrände um sich, bedrohen Fauna und Flora und zerstören immer größere Flächen, sagt Henny van Lanen von der Universität Wageningen.
    "In dieser Studie haben wir geschaut, welche Mechanismen diesen Feuern zugrunde liegen. Wichtig sind natürlich Trockenperioden und hohe Temperaturen, genau wie in den "normalen" Waldbrandgebieten auch. Aber auf Borneo kommt noch ein Faktor hinzu. Die Regenwälder hier wachsen zum großen Teil auf mächtigen Torfböden mit einem hochanstehenden Grundwasserspiegel. Wenn nun durch eine extreme Dürre der Grundwasserspiegel absinkt und die Torfböden austrocknen, dann steigt die Feuergefahr enorm an. Das ist das wichtigste Ergebnis unserer Studie: in Jahren mit extremen, sogenannten hydrologischen Dürren fallen sehr große Flächen den Feuern zum Opfer."
    Bislang ließ sich die Waldbrandgefahr in feuchten Tropen kaum vorhersagen. Anders als in klassischen Waldbrandgebieten, meint der nicht an der Studie in Nature Climate Change beteiligte Feuerforscher David Bowman von der Universität von Tasmanien in Hobart:
    "Waldbrände traten bisher in leicht brennbaren Waldtypen auf. Und deshalb sind die Werkzeuge, die wir zur Feuervorhersage entwickelt haben auf die klimatischen Bedingungen in solchen Wäldern ausgerichtet. Sie berücksichtigen in erster Linie Wind, Temperatur und Trockenheit."
    Mit diesen drei Indikatoren ließen sich die Ausbreitungsgebiete von Feuern etwa im Mittelmeerraum, in Kalifornien oder Australien sehr gut vorhersagen.
    Indikatoren funktionieren nicht
    "In den feuchten Tropen aber ist das Klima viel homogener. Es ist wärmer und feuchter, so dass unsere Indikatoren dort nicht funktionieren. Den Autoren der Studie ist es jetzt gelungen, den Grundwasserspiegel als wichtigsten Indikator für die Feuergefahr in feuchten Tropen zu identifizieren."
    Denn dort wo der in Folge einer starken Dürre absackt, fällt der Torfboden trocken. Und Torf brennt sehr gut. Henny van Lanen und seine Kollegen haben in ihrer Studie hydrologische Indikatoren in die klassischen Vorhersagemodelle integriert: etwa die Grundwasserneubildung, die vom Niederschlag, der Verdunstung und der Bodenfeuchte beeinflusst wird.
    "Wenn man diese Variablen in die Computermodelle einbezieht, funktionieren sie wesentlich besser. Das heißt, sie können die Fläche, die wahrscheinlich brennen wird, viel genauer vorhersagen."
    Feuer von Menschen gelegt
    Die meisten Feuer auf Borneo werden von Menschen gelegt, um Wälder zu roden und Ackerland zu gewinnen. Ist der Grundwasserspiegel als Folge einer Dürre extrem niedrig, geraten die Feuer oft außer Kontrolle. Mit seinen Ergebnissen könnten die indonesischen Behörden Renaturierungsmaßnahmen genauer planen, hofft Henny van Lanen. Sie sehen welche Gebiete besonders bedroht sind, wo also am dringendsten Torfböden wieder vernässt werden müssten um weitere Feuer zu verhindern.
    Denn die Feuer auf Borneo zerstören nicht nur einzigartige Ökosysteme, sie entlassen durch den brennenden Torf auch enorme Mengen Kohlendioxid in die Atmosphäre und verstärken so wiederum den Treibhauseffekt. Ein Teufelskreis, der sich unter den aktuellen klimatischen Bedingungen kaum durchbrechen lässt, fürchtet David Bowman.
    "Sie bräuchten lange feuerfreie und feuchte Perioden, damit der Regenwald wieder aufwachsen kann. Und dann würde es noch tausende von weiteren Jahren dauern, bis die Torfböden sich wieder neugebildet haben."
    Deshalb sei es so wichtig, die verbliebenen Regenwälder Borneos vor weiteren Feuern zu schützen.