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Branche im Dämmerlicht

Solaranlagen auf dem Hausdach bringen eine gute Rendite. Doch damit könnte blad Schluss sein. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) kündigte an, die Solarförderung drastisch zu kürzen.

Von André Zantow | 18.11.2011
    Denn sie wird zu teuer. Mehr Menschen als geplant haben sich in den letzten Jahren Fotovoltaikpaneele auf ihr Dach montieren lassen. Geplant war von der Bundesregierung pro Jahr eine Gesamtleistung neuer Anlagen von 2.500 bis 3.500 Megawatt. Nun liegt die Zahl in diesem Jahr aber doppelt so hoch: bei etwa 6.5000 Megawatt. Kein Wunder: Das Geschäft mit der Sonne ist so lukrativ wie lange nicht. Denn die Anschaffungskosten für Fotovoltaikanlagen sind stark gesunken. Außerdem gibt es immer noch die auf 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung.

    Je nach Größe der Anlage liegt die momentan zwischen 22 und 29 Cent pro Kilowattstunde. Finanziert wird die Vergütung durch die EEG-Umlage – ein Aufpreis auf den allgemeinen Strompreis, den alle Verbraucher zahlen und somit den Ausbau der erneuerbaren Energien fördern. Aber die Fotovoltaik werde über Gebühr gefördert, rechnet der umweltpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion vor. Michael Kauch:

    "Die Fotovoltaik kostet etwa die Hälfte der Umlage, bringt aber nur 15 Prozent des Stroms aus den erneuerbaren Energien. Das heißt, es ist eine besonders teure Technologie."

    Die Fotovoltaik habe also momentan noch ein schlechtes Kosten-Leistungs-Verhältnis. Trotzdem entstehen immer neue Anlagen wegen der Förderung. Und das führe über die EEG-Umlage zu steigenden Strompreisen, befürchtet der FDP Politiker.

    "Da die Fotovoltaik besonders teuer ist, muss man dann auch überlegen, auch im Interesse der Verbraucher, können wir es uns weiter leisten, dass dieser Zielkorridor dauerhaft überschritten wird, wie es in den vergangenen beiden Jahren der Fall war."

    Um den Zielkorridor – also die Gesamtleistung neuer Anlagen pro Jahr- zu senken, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder die Förderung pro Kilowattstunde sinkt stärker, als bisher vorgesehen. Das habe aber die CDU aber abgelehnt, sagt Michael Kauch. Oder es passiert das, was FDP-Wirtschaftsminister Rösler nun vorgeschlagen hat, dass ab dem kommenden Jahr weniger Anlagen gefördert werden. In der "Rheinischen Post" gab Rösler den die Zahl 1.000 Megawatt an. Das sei aber kein fester Deckel sagt sein Parteikollege Kauch, sondern lediglich der Zielkorridor. In der Solarbranche rief die Zahl trotzdem Angst hervor. Denn es wäre ein Sechstel der Anlagenleistung, die in diesem Jahr installiert wird. Eine so starke Kürzung würde die junge Branche nicht verkraften, meint der Grünen-Abgeordnete Hans-Josef Fell.

    "Wenn ein Gigawatt als Deckel wirklich realisiert wird, wäre das das Ende einer hoffnungsvollen Branche, die jetzt wo der Weltmarkt richtig anspringt, in der Konkurrenz mit chinesischen Herstellern, den Heimatmarkt entzogen bekommt und damit in den Konkurs geht."

    Hans-Josef Fell hat sich seit Jahren für die Förderung der Solartechnologie eingesetzt. Er hält nach wie vor die auf 20 Jahre garantierte Förderung der Erneuerbaren für richtig. Natürlich verursache das Kosten, die alle Verbraucher über den Strompreis zahlen müssten. Aber der Grünen Abgeordnete gibt zu bedenken:
    "Wir kriegen doch Energie auch im fossilen Sektor nicht umsonst. Sondern: Dort sind doch hohe Investitionen. Was glauben Sie, was die neue Pipeline von Russland, in der Ostsee, uns noch die Gaspreise nach oben treiben wird. Da spricht niemand von Belastungen."

    Für die FDP ist vor allem die steigende EEG-Umlage eine Belastung. Lag sie vor drei Jahren noch bei 1,2 Cent pro Kilowattstunde, werden in diesem Jahr schon 3,5 Cent zum Strompreis addiert. Und bis 2013 könnte der Aufschlag auf bis zu 4,7 Cent steigen, rechnen die zuständigen Übertragungsnetzbetreiber vor. Ein Teil dieses Anstieges gebe es auch, weil die Regierung immer mehr Firmen von der Zahlung der EEG-Umlage befreie, sagen die Grünen. Dann müssten die Verbraucher mehr schultern. Gegen diese Rechnung wehrt sich FDP-Abgeordneter Kauch:

    "Es ist richtig, dass wir die Ausnahmeregelungen etwas ausgeweitet haben. Das erklärt aber nicht den Anstieg der Umlage in den vergangenen Jahren und in der Prognose. Es ist notwendig, dass wir Ausnahmetatbestände machen, weil es Unternehmen gibt, die einen so hohen Energiekostenanteil haben, dass ihre Produkte auf dem Weltmarkt nicht mehr wettbewerbsfähig wären."

    Dass die EEG-Umlage weiter ansteigen wird, glaubt auch die Verbraucherzentrale Bundesverband. Das müsse aber nicht sein, sagt Holger Krahwinkel:

    "Weil diese Solarenergie ohnehin in drei bis vier Jahren so günstig sein wird, dass eine Förderung nicht mehr notwendig ist. Das heißt, ich kann das Wachstum an Solarenergie um drei bis vier Jahre verzögern und muss dann deutlich weniger bezahlen."

    Auch eine Begrenzung der neuen Anlagen, wie es Wirtschaftsminister Rösler vorgeschlagen hat, befürwortet Krahwinkel. Denn das würde nicht zulasten der Verbraucher mit ihren kleinen Anlagen gehen, sondern der Solarindustrie.

    "Dass zunächst einmal die Kleinanlagen, als die Häuslebauer mit fünf bis zehn Kilowattstunden vorgezogen werden und wenn dann 1000 Megawatt erreicht wird, muss dann auf das nächste Jahr verwiesen werden. So, dass im Prinzip die Häuslebauer ihre Anlagen bauen können, aber die großen Anlagen eben vorläufig nicht gebaut werden. Das muss sich um drei bis vier Jahre verzögern."

    Egal ob große oder kleine Anlagen – die Einspeisevergütung der Fotovoltaik sinkt ab dem ersten Januar um weitere 15 Prozent. Kein Grund zur Panik sagt Holger Krahwinkel. Die Anschaffungskosten werden weiter sinken, dann rechnen sich neue Fotovoltaikanlagen auch im nächsten Jahr.

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