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Brand auf Adria-Fähre
Rettungseinsatz in der Nacht fortgesetzt

Der Rettungseinsatz an der in Brand geratenen Autofähre "Norman Atlantic" wurde bei Sturm und Dunkelheit in der Nacht fortgesetzt. Am frühen Morgen warteten noch rund 190 Passagiere auf ihre Rettung. Insgesamt sind mittlerweile fünf Tote geborgen worden.

Von Tilmann Kleinjung | 29.12.2014
    Rettungseinsatzkräfte am Capitaneria di Porto
    Auch in der Nacht haben Einsatzkräfte Passagiere von der in Brand geratenen Fähre gerettet. (picture alliance / dpa)
    Trotz Dunkelheit, trotz Sturm sind sie weitergeflogen. Die ganze Nacht durch: Helikopter der italienischen und griechischen Küstenwache und Marine. Einen Passagier nach dem anderen haben sie vom Deck der Norman Atlantic nach oben gezogen und auf eines der Schiffe in der Nähe transportiert. Kapitän Riccardo Rizzotto von der italienischen Marine.
    "Die Evakuierung der Personen ist nur mit Helikoptern möglich. Die Marinehubschrauber sind mit Nachtsichtgeräten ausgestattet, deshalb konnten wir die Rettungsoperationen auch in der Nacht fortsetzen."
    Es ist ein aufwendiger, ein langwieriger Rettungseinsatz. Bis zum frühen Morgen konnten die Retter mehr als 220 Passagiere in Sicherheit bringen. Ein Frachter mit 49 Menschen ist auf dem Weg nach Bari gebracht. Währenddessen sind Helfer, Sanitäter auf dem Oberdeck der Norman Atlantic abgesetzt worden, um denen beizustehen, die noch an Bord sind. Etwa 250 Personen warten nun schon mehr als 24 Stunden auf ihre Rettung.
    Am Sonntagmorgen um halb fünf setzt Kommandant Argilio Giacomazzi einen Notruf ab. An Bord ist ein Brand ausgebrochen. Die Fähre, die 422 Passagiere und 56 Besatzungsmitglieder vom griechischen Patras nach Ancona bringen sollte, treibt manövrierunfähig irgendwo im Mittelmeer zwischen Griechenland, Albanien und Italien.
    "Im Laderaum unten hat es gebrannt", erzählt ein Passagier. "Um halb vier mussten wir alle raus, ohne Vorwarnung, es war saukalt. Zunächst ohne Hilfe. Die ersten Helikopter kamen gegen ein Uhr Mittags und haben ein paar Leute mitgenommen. Auf die Rettungsboote konnten auch nur wenige, die waren alle blockiert."
    Schlechtes Wetter erschwert Rettungseinsatz
    Im Laufe des Tages hatte die Kommandozentrale der Küstenwache in Rom die Koordinierung des Rettungseinsatzes übernommen. Das Hauptproblem: das schlechte Wetter. Deshalb konnten die Passagiere die Rettungsboote nicht besteigen, deshalb konnten keine anderen Schiffe an der Norman Atlantic festmachen. Einsatzleiter Giovanni Pettorino:
    "Die Wetterbedingungen erschweren die Rettung, mit 5,6 Meter hohen Wellen, Windstärken über 50 Knoten. Das ist sehr ungünstig."
    Die ersten Passagiere, die von den Helikoptern in Sicherheit und in ein Krankenhaus auf das italienische Festland gebracht wurden, waren eine schwangere Frau und ihre beiden halb nackten und völlig durchnässten Kinder. Krankenhausarzt Antonio Palumbo:
    "Die klinischen Befunde sind eindeutig gut. Vor allem bei den Kindern gab es nie einen kritischen Moment. Und die Gynäkologen berichten, dass auch die Mutter bald entlassen werden kann."
    Viele Olivenöl-Transporter an Bord
    An Bord der Norman Atlantic waren vor allem Urlauber und Lastwagenfahrer. Unter den Passagieren befanden sich auch 18 Deutsche. Der Brand soll im Autodeck entstanden sein. Passagiere berichten übereinstimmend, dass sich außergewöhnlich viele Olivenöl-Transporter an Bord befanden.
    "Da waren zu viele Laster voll mit Öl. Bestimmt mehr als 100 Wagen mit Olivenöltanks. Sie haben Feuer gefangen und gegen zwei Uhr am Nachmittag hat man gesehen, wie sogar der Fußboden unter der Hitze nachgab. Dazu all der Rauch."
    Auf der Norman Atlantic sollen kurz vor dem Unglück Mängel festgestellt worden sein. Bei einer Inspektion am 19. Dezember waren unter anderem die Feuerschutztüren beanstandet worden. Der italienische Reeder der Fähre Carlo Visentini teilte jedoch mit, das Schiff sei voll fahrtüchtig gewesen, die Feuerschutztüren habe man umgehend repariert.