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40 Jahre "Rock Lobster"
Mit Hummer, Haltung und Humor

1978 veröffentlichten The B-52's ihre erste Single: "Rock Lobster": Sänger Fred Schneider erzählt darin absurde Geschichten von Partys und Stränden – und diesem komischen Ding "Rock Hummer". Die B-52's erklären zum 40. Geburtstag dieses Songs endlich, was das eigentlich sein soll.

Von Jenni Zylka | 28.04.2018
    Fred Schneider, Cindy Wilson und Kate Pierson von The B-52’s bei einem Konzert in Austin im Mai 2017
    Fred Schneider, Cindy Wilson und Kate Pierson von den B-52s (AFP)
    Kann man das, einen Lobster, einen Hummer rocken? Man kann - und wie. Vor 40 Jahren kreierten in Athens, Georgia, fünf junge Menschen dieses mehr oder weniger dadaistische Wortspiel, heraus kam die erste Singe der B-52’s. "Rock Lobster" erschien im April 1978 und wurde der Signature Song der Band. Fred Schneider, dessen trockene Sprechstimme den Chorgesang von Kate Pierson und Cindy Wilson konterkariert, erzählt von einer eher eigenartigen Party:
    "Anstatt einer echten Lightshow zeigten sie Dias von Welpen und Babys und auf einem Grill lagen Hummer. Und so dachte ich: Rock Lobster? Das ist ein guter Songtitel! Als ich zurückkam, jammten wir auf Rock Lobster."
    "Athens war ein Leuchtfeuer des Liberalismus"
    Schneider hatte den Schlagzeuger Keith Strickland und den Gitarristen Ricky Wilson kurz vorher beim Tanzen kennengelernt. Rickys Schwester Cindy und ihre Freundin Kate Pierson stiegen schnell in die Band ein. Die Universitätsstadt Athens war damals ein für die Südstaaten ungewöhnlich toleranter und kreativer Ort, erklärt der aus New Jersey stammende Schneider:
    "Als ich dorthin zog, liebte ich es. Dieses ganze Hippie-Ding der 60er, das überall bereits ausgetrocknet war, das erblühte dort. Es war eine richtige Szene, sehr aufgeschlossen. Georgia war damals noch ziemlich rassistisch, aber Athens war ein Leuchtfeuer des Liberalismus. Ich fand die Leute dort toll, und nachdem ich die Uni geschmissen hatte, blieb ich da."
    Die Band veröffentlichte ihre erste Single auf dem Label eines Freundes, ein Jahr später das erste von bis heute sieben Alben. In den Songs, die mit ihrem extrem eigenwilligen Mix aus New Wave und Retro bis heute einzigartig in der Popmusik stehen, spielten sie mit futuristischen Themen wie Raumfahrt oder Zeitreisen, die Konzerte glichen Happenings, garniert von den hochaufgetürmten Beehive-Perücken und Minikleidern der Frauen. Cindy Wilson, deren 1985 und damit viel zu früh an den Folgen von HIV verstorbener Bruder diesen Sound entscheidend prägte, erinnert sich - auch an den Grund für die Frisurenmode:
    "Als wir anfingen, war ich 19! Ein junges Mädchen mit langen strähnigen Haaren, fettig, wissen Sie! Ich war so ein interessantes Second-Hand-Mädchen. Und jeder hatte sandbraue Haare, wir hatten alle die gleiche Haarfarbe! Es war einfach Alchemie - jeder hat ein bisschen Magie mitgebracht. Als ob man sich bei einer kreativen Kraft einhakt. Ich finde es toll."
    Homosexualität nie versteckt
    Die Band macht noch immer gemeinsam Musik und ist trotz unterschiedlicher Wohnorte und dem altersbedingten Ausstieg Stricklands eng befreundet. Die Homosexualität ihrer Mitglieder - bis auf Cindy sind alle schwul oder lesbisch - wurde nie versteckt. Auf der Bühne oder in den Songs spielte Queerness jedoch keine Rolle.
    Fred Schneider: "Wir haben auf vielen AIDS-Benefits gespielt. Wir sind aber nicht damit hausieren gegangen - unsere Freunde wussten natürlich Bescheid, aber über Politisches reden wir eher in Interviews. Ich glaube, es gibt bei uns schon eine Art schwule Sensibilität."
    Die Mitglieder der B-52’s sind heute über 60; Fred, Cindy und Kate hegen und pflegen nebenbei Soloprojekte. Und sie leben gesund, sogar noch gesünder als früher.
    Fred Schneider: "Wir haben wie jede Band unsere Momente, aber wir sind doch recht erwachsen, halten Termine ein und so. Wir nehmen keine Drogen oder trinken. Früher habe ich eine Menge gekifft, aber damit aufgehört, als ich auf der Whammy-Tour die Namen unserer Begleitmusiker vergessen habe."
    Lobster, also Hummer, isst der Teilzeitvegetarier Fred Schneider übrigens nie. Vor ein paar Jahren konnte man seine Stimme sogar unter einem Peta-Spot gegen das Krabbenfischen hören. Mit welchem Song dieser Spot endete, ist jawohl klar.