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Brandenburg
Lehrer mit Zulagen aufs Land locken

Die ländlichen Regionen Brandenburgs haben Schwierigkeiten, neue Lehrer anzulocken. Dabei will die rot-rote Landesregierung in den kommenden fünf Jahren 4.300 Pädagogen einstellen. Dem Notstand will Bildungsminister Günter Baaske von der SPD jetzt mit Zulagen abhelfen.

Von Vanja Budde | 05.03.2015
    Eine Lehrerin unterrichtet Migrantenkinder in Deutsch
    300 Euro monatlich für drei Jahre: Mit diesem Brandenburg-Bonus will Bildungsminister Günter Baaske Schulen in Kleinstädten helfen. (imago/Sämmer)
    Kaum im Amt greift der Minister zu umstrittenen Maßnahmen. 300 Euro monatlich für drei Jahre: Mit diesem Brandenburg-Bonus will Günter Baaske Schulen in Kleinstädten helfen, die freie Stellen schon länger nicht besetzen konnten.
    Schulen wie das Goethe-Gymnasium in Nauen im schönen Havelland zum Beispiel.
    "Natürlich war das gleich Thema. Im Scherz wurde natürlich gleich von dem ein oder anderen Kollegen gesagt, na Chef, wie sieht's aus? Wann bekomme ich denn meine 300? Denn ich arbeite auch im Land Brandenburg."
    Anreize bieten
    Seit Monaten sucht Schulleiter Wieland Breuer einen Lehrer für Französisch und Mathematik. Vergeblich. Dabei liegt die Kleinstadt Nauen noch einigermaßen zentral: 45 Kilometer sind es bis Berlin, 30 in die Landeshauptstadt Potsdam.
    "Es war keine Neiddiskussion, um Gottes willen, und warum soll man hier nicht mit Anreizen arbeiten? Ich finde das, und der größte Teil des Kollegiums war meiner Meinung, finde das in Ordnung. Wir leben in einer Marktwirtschaft, und hier Anreize zu schaffen, die wenigstens ein Stück weit den Lehrern in anderen Bundesländern gleich zu setzen, das halte ich für legitim."
    Verbaler Roter Teppich für Lehrer
    Bildungsminister Baaske lässt derzeit prüfen, ob solch eine Zulage zulässig ist. Er rollt Bewerbern auf dem Fachkräfteportal des Landes verbal den roten Teppich aus. Denn besonders in den Naturwissenschaften ist der Konkurrenzkampf zwischen den Ländern um die Lehrer groß.
    "Es geht hier um aktuellen Handlungsbedarf, den ich hier sehe, und wenn ich eine Stelle nicht besetzen kann, weil wir keine Bewerber haben, dann muss ich natürlich ein verlockenderes Angebot machen, als ich das derzeit tue. Und wenn wir das anders nicht hin kriegen, denke ich, ist so eine Prämie durchaus angemessen und im Übrigen ja auch im Beamtenrecht vorgesehen."
    Kritik vom Regierungspartner
    Kritik an der Lock-Aktion kommt nicht von der Opposition, sondern pikanterweise vom Regierungspartner: Die Bildungsexpertin und stellvertretende Fraktionschefin der Linken, Gerrit Große, glaubt nicht, dass der Lehrermangel auf dem Lande mit Geld zu beheben ist.
    "Wir haben seit 2004 Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen in diesem Lande versetzt, umgesetzt, in Größenordnungen! Aus der Fläche, in den Speckgürtel und wieder zurück. Diese Lehrer haben natürlich nix bekommen dafür. Und das wird, wenn wir jetzt so eine Buschprämie ausreichen sollten, zu ganz, ganz großen Schwierigkeiten an den Schulen führen."
    Ungleiche Bezahlung
    Schon heute würden angestellte und verbeamtete Lehrer ungleich bezahlt, noch eine Kategorie mehr sei dem Frieden im Lehrerzimmer nicht förderlich, meint Große. Statt am Symptom herum zu doktern müsse die Ursache der Misere angegangen werden:
    "Die liegt a) in der Lehrerausbildung: Wir bilden nicht nach Bedarf aus, es fehlen Primarstufen, Sekundarstufen Eins-Lehrer. Und wir bilden nicht die richtigen Fächer aus. Die Universitäten sind nicht in der Lage, die Praxissemester im Masterstudium in der Fläche abzufahren, und wir haben immer noch das schwierige, im Lehrergesetz festgelegte Verfahren, dass ein Land nicht nach Bedarf einstellen darf, sondern beamtengesetzmäßig gebunden ist nach Note einzustellen."
    Auch der Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft glaubt nicht, dass Boni das Problem lösen werden. Dafür seien die Einkommensunterschiede im Vergleich zu anderen Bundesländern mit bis zu 700 Euro, die es in Brandenburg weniger gibt, zu hoch. Außerdem gebe es kaum attraktive Aufstiegsmöglichkeiten für Lehrer. Brandenburg hat allerdings, von schöner Landschaft abgesehen, ein Pfund, mit dem es wuchern kann: Berlin zahlt für Einsteiger zwar 300 Euro mehr, hat aber die Verbeamtung gestoppt, Brandenburg aber nicht.
    "Wir verbeamten! Auch junge, hinzukommende Lehramtsanwärter, wenn sie bei uns eine Stelle kriegen. Bei uns kann man also sofort damit rechnen, dass man hierher kommt, auch fest und sicher im Lande bleiben darf. Und insofern glaube ich schon, dass das durchaus ein großer Bonus ist, den wir hier haben."
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