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Breite statt Elite

Eliteförderung hält Katharina Mahrt, Vorstand des Freien Zusammenschlusses von Studierendenschaften, nicht für sinnvoll. "Die Mittel für die Hochschulen sollten nicht willkürlich auf einen Bereich konzentriert werden", fordert sie, sondern allen Studierenden zugutekommen.

Katharina Mahrt im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel | 11.04.2013
    Ulrike Burgwinkel: Morgen treffen sich die Wissenschaftsminister der Länder und die Spitze des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK), um zu beraten und zu diskutieren, wie es weitergehen soll in der Hochschulpolitik, unter anderem mit dem Hochschulpakt 2020. Im Vorfeld wurden zwei Studien lanciert, einen vom Studentenwerk und eine vom CHE. Darüber haben wir gestern berichtet, vom Centrum für Hochschulentwicklung.

    In "Campus & Karriere" wollen wir uns jetzt mal die studentische Sicht der Dinge erklären lassen und erfragen - und zwar bei Katharina Mahrt. Sie ist im Vorstand des fzs, des Freien Zusammenschlusses von Studierendenschaften. Guten Tag, Frau Mahrt!

    Katharina Mahrt: Hallo!

    Burgwinkel: Frau Mahrt, die neue Studie des Studentenwerks zeigt ein äußerst differenziertes Bild der Bachelorstudenten. 70 Prozent macht zum Beispiel das Studium großen Spaß und 49 Prozent fühlen sich gestresst. Sind das jetzt dieselben oder sind das ganz andere, die da gefragt wurden - was ist Ihre Erklärung?

    Mahrt: Ja, ich gehe schon davon aus, dass man auch unter Stress noch Spaß am Studium haben kann, allerdings ist die Tatsache, dass 41 Prozent die finanzielle Situation in ihrem Studium mit den Anforderungen im Nebenjob und im Studium als Belastung empfinden, schon ein ziemlich deutliches Zeichen dafür, dass man das Problem der Studienfinanzierung doch angehen sollte. Was auch für uns heißt, dass das BAföG so umgestaltet werden muss, dass mehr Studierende ohne formale Hürden BAFöG-berechtigt sein sollten. Und das BAföG muss sich dann auch an den tatsächlichen Bedarf der Studierenden anpassen, denn wenn fast die Hälfte der Studierenden doch so sehr unter Druck steht, dass sie in erster Linie die Studienfinanzierung als ihr größtes Studienproblem betrachten, dann ist das ja ein Problem, was man durchaus lösen kann und lösen sollte.

    Burgwinkel: Dann möchte ich jetzt noch mal gerne auf die Studie des CHE zurückkommen, da ist nämlich die Rede von den Perspektiven der Bachelorstudis. Und zwar haben die festgestellt, die Forscher, dass es einen Fehlbedarf gibt von 36.000 Masterplätzen. Tja, und was jetzt? Wie könnte man denn so ein Problem lösen aus Ihrer Sicht, was kann man da tun?

    Mahrt: Hierfür müssen die Kapazitäten in den Masterstudiengängen dringend ausgebaut werden, damit alle diejenigen, die einen Master machen wollen, auch einen Platz bekommen. Und dementsprechend sollten auch die Masterstudienplätze in einem höheren Ausmaß bei den Verhandlungen um den neuen Hochschulpakt berücksichtigt und entsprechend gefördert werden, da die grundlegende Finanzierung ausreichender Masterstudienplätze staatlich gesichert werden muss. Außerdem wäre es dringend notwendig, die bisherigen Zugangshürden zu den Masterstudienplätzen auch so weit wie möglich zu reduzieren. Und die Hochschulen sollten auch begründen, warum sie bestimmte Bachelorabschlüsse nicht anerkennen.

    Burgwinkel: Morgen ist die Sitzung der GWK, der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz - welche Vorschläge oder welche Wünschen würden Sie denn gerne richten an die Kollegen dort?

    Mahrt: Ja, der Hochschulpakt war ja ursprünglich darauf ausgelegt, dass die Zahl der Studieninteressierten nur vorübergehend steigt und danach wieder absinkt. Und dementsprechend war ja auch nur das ausgelegt für eine begrenzte Zeit, die Länder dabei zu unterstützen, die zusätzlich benötigten Studiermöglichkeiten zu schaffen. Allerdings hat sich ja inzwischen doch schon länger gezeigt, dass die Zahl der Studieninteressierten weiter konstant hoch bleibt, von daher ist eine weitere Förderung der Schaffung der Studiermöglichkeiten ganz, ganz dringend notwendig - sowohl im Bachelor- als auch im Masterbereich. Und schon die zweite Programmphase des Hochschulpaktes, die ja aktuell läuft, ist eindeutig ja unzureichend, da sie ja auch außerdem noch den Trend in der Forschung zur Elitenförderung weiter verstärkt hat. Und wir würden uns eher eine Förderung in die Breite wünschen, sodass möglichst vielen auch die Gelder zugutekommen. Denn uns ist es ganz wichtig, dass jeder und jede das studieren können sollte, was er oder sie möchte. Und die Mittel für die Hochschulen sollten daher nicht willkürlich auf einen Bereich konzentriert werden, sondern müssten sich an den Interessen der Studieninteressierten und der Interessen der Studierenden ausrichten. Und es ist daher Grundbedingung, dass es verlässlich auch finanzierte Hochschulen geben muss. Und das muss mit der Grundfinanzierung für die Hochschulen gesichert sein. Und dazu gehören ja die Gelder des Hochschulpaktes nicht. Und damit dieses dauerhaft sichergestellt ist, muss der Bund die Hochschulen permanent mitfinanzieren. Das heißt, dass auch das Kooperationsverbot in dem Bereich abgeschafft werden muss, damit der Hochschulpakt dafür nicht mehr eingesetzt werden muss, denn das kann er in der Form der dauerhaften Hochschulfinanzierung ja nicht leisten. Das war zwar sinnvoll als vorübergehendes Mittel zum Auffangen steigender Studierendenzahlen, aber das bringt ja nun in der Konsequenz auch andere Probleme mit sich. Von daher wäre es uns ganz wichtig, dass der Hochschulpakt keine dauerhafte Lösung wird, sondern die Hochschulen eine garantierte Finanzierung ohne Beschränkung bekommen, die für die Anzahl der Studiermöglichkeiten da ausreicht, die der Zahl der Studieninteressierten auch entspricht.

    Burgwinkel: Die Position des fzs, des Freien Zusammenschlusses von Studierendenschaften, als Anregung für die morgige Sitzung der Bildungspolitiker von Bund und Ländern, formuliert von Vorstandsmitglied Katharina Mahrt.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.