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Zoll am Frankfurter Flughafen
Asservatenkammer des Schreckens

Lebende Pfirsichköpfchen im Koffer, Goldschmuck in Windeln, Kokain im Brustimplantat  - das Frankfurter Hauptzollamt hat seine Asservatenkammer geöffnet. Was an Deutschlands größtem Passagier- und Fracht-Drehkreuz Frankfurt am Main im Jahr 2016 alles beschlagnahmt wurde - zum Teil in den exotischsten Verstecken.

Von Anke Petermann | 05.04.2017
    Gegen das Washingtoner Artenschutzabkommen verstößt diese sichergestellte Kette mit Bärenklauen, die auf der Jahrespressekonferenz des Zolls am Flughafen in Frankfurt gezeigt wurde.
    Gegen das Washingtoner Artenschutzabkommen verstößt diese sichergestellte Kette mit Bärenklauen, die auf der Jahrespressekonferenz des Zolls am Flughafen in Frankfurt gezeigt wurde. (dpa/picture alliance/Boris Roessler)
    Als Leiter des Frankfurter Hauptzollamts hat Albrecht Vieth schon viel gesehen. Über den Schmuggel von kiloweise Marihuana, Heroin und der Kau-Droge Chat referiert er ungerührt. Sogenannte Schlucker aufzugreifen, also Menschen, die das verpackte Rauschgift runtergewürgt haben, ist für Zöllner fast Routine, neun von 34 Drogenkurieren, die man 2016 am Rhein-Main-Flughafen festsetze, gehörten dazu.
    Schlecht vernähte Kokain-Brustimplantate für 900 Euro Kurier-Lohn
    Doch wenn Vieth über die Kolumbianerin spricht, die Kokain als Brustimplantate transportierte, hört man Entsetzen raus.
    "Die Frau wurde mittlerweile zu einer zweieinhalb jährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
    Für den Drogenschmuggel waren ihr 900 Euro versprochen worden. Es war eine junge Kolumbianerin, die zwei Kinder hatte, und die zu dieser Tat überredet wurde, diese Drogenkurier-Tätigkeit vorzunehmen. Dass eine Person Brustimplantate mit Kokain gefüllt hatte, das hatten wir in dieser Form noch nie."
    Die Hintermänner, die ihre Kurierin mit schlecht vernähten Implantaten in massive Lebensgefahr brachten, bleiben wohl unentdeckt.
    7.000 Ecstasy-Tabletten in der Unterhose machen unförmig
    Die raffiniert geschlitzte schwarze Unterhose eines aus Argentinien einreisenden Niederländers hat der Zoll zu Präsentationszwecken einer Schaufensterpuppe angelegt – keine Reizwäsche, sondern ein mit zahllosen Mini-Täschchen versehenes Drogen–Transportmittel ebenso wie die dazu gehörige Kniebandage. Zoll-Sprecherin Isabell Gillmann zielt eine Folie mit rosafarbenem Inhalt hervor.
    "Da waren über 7000 Ecstasy-Tabletten drin. Das waren so lange Stangen in Folie. Er hatte diese Hose an und diese Beinumschläge, und dort waren die Tabletten enthalten. Das ist aufgefallen, weil es ein bisschen unförmig aussah unter der Kleidung. Er hatte ja noch andere Kleidung oben drüber. Mittlerweile ist er schon verurteilt worden, er hat zwei Jahre auf Bewährung bekommen."
    Drogen und illegaler Schmuck häufiger im Darknet gehandelt
    Immer häufiger aber finden die Zollkontrolleure das Rauschgift nicht mehr bei Reisenden, sondern in der Post. Das Darknet, der verborgene Teil des Internets, bietet den Kryptomarkt, auf dem häufiger kleine Mengen Drogen bestellt und verschickt werden. Um sagenhafte 230 Prozent ist die Zahl der Drogenaufgriffe in der Post am größten deutschen Flughafen 2016 gestiegen, auf 4.500. Auch illegaler Schmuck wird über den grauen Onlinehandel verschickt. Die indianisch anmutende Kette mit rot-weißen Perlen, Federn und Tierkrallen dazwischen zum Beispiel.
    "Die war auch in einem Postpaket aus den USA. Und das sind Bärenkrallen, verschiedene. Und die Bären sind alle geschützt, ob das ein Braunbär oder Schwarzbär ist, nach dem Washingtoner Artenschutz-Abkommen. Und die Dokumente konnten nicht vorgelegt werden, und deshalb ist das beschlagnahmt worden."
    Bärenkrallen und Elefanten-Stoßzähne als Schmuck verletzt Artenschutz-Abkommen
    Bei Souvenirs gilt: alles aus Elefanten-Stoßzähnen, Schildkrötenpanzern- und Schlangenhäuten ist tabu, da schützt auch Unwissenheit vor Strafe nicht, so die beiden Presssprecherinnen des Zolls.
    "Es kann natürlich sein als unbedarfter Tourist, dass man sich irgendetwas kauft im Urlaub und nicht darüber nachdenkt. Aber auch dort haben wir ja mittlerweile eine App, die Zoll und Reise-App – da kann man sich informieren."
    "Zumindest gibt es theoretisch Strafen bis 50.000 Euro oder fünf Jahre Freiheitsentzug. Allerdings schießen wir natürlich nicht mit Kanonen auf Spatzen. Das Ganze kommt höchstens zum Tragen, wenn das gewerblichen Hintergrund hat. Das kann es durchaus auch mal geben."
    Exotische Vögel gehören nicht ins Handgepäck
    Wer exotische Piepmätze im Handgepäck hat, dürfte ahnen, dass das nicht rechtens ist. Wie in dem Fall, so Albrecht Vieth…
    "…in dem 13 lebende Pfirsichköpfchen in einem Pilotenkoffer im Reiseverkehr eingeschmuggelt werden sollten, die sollten von China in die Niederlande gehen. Pfirsichköpfchen, das sind so kleine Vögel die sehr bunt sind. Die leben jetzt in einem Vogelpark. Da gibt es eigentlich nichts, was es nicht gibt."
    In der Asservaten-Kammer des Schreckens sozusagen, die der Hauptzoll jährlich zur Aufklärungszwecken herrichtet. Neben den Schildkrötpanzer- Teilen stehen Cowboystiefel aus Python-Leder. Dahinter an einer Wand hängen falsche Armani-T-Shirts, und andere Erzeugnisse illegaler Produktpiraterie.
    Lebensgefahr durch Fake-Medikamente ohne Wirkstoff
    Gefälschte Medikamente, vom Antidepressivum bis zur Potenzpille. Auf dem Boden ein Karton mit einer gefakten Lego-Ritterburg. Die Fälschungen richten nicht nur wirtschaftlichen Schaden an, wenn sie unentdeckt bleiben. Sie sind auch alles andere als harmlos. Fehlende oder falsche Arzneimittel-Wirkstoffe sind lebensgefährlich, giftige Farbpigmente im Armani-Shirt oder den Lego-Steinen zumindest potentiell gesundheitsschädlich.

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