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Bremen
Friedhofszwang soll gelockert werden

In Deutschland herrscht der sogenannte Friedhofszwang: Bestattet werden darf nur auf Friedhöfen, in Friedwäldern oder im Meer. Das soll sich in Bremen bald ändern: Ab Januar 2015 werden Bestattungen auf Privatgrundstücken möglich. Kritik kommt nicht nur von der Kirche.

Von Franziska Rattei | 31.10.2014
    Ein steinernes Engelchen ziert am 14.10.2008 einen Grabstein auf dem alten Südfriedhof in München
    Steinerner Engel auf einem Friedhof: Bald müssen Tote nicht mehr zwingend auf dem Friedhof begraben werden. (dpa / Lukas Barth)
    Eine kleine Nebenstraße im sogenannten "Viertel"; in Bremen der Stadtteil mit vielen Cafés, Naturkostläden und den typischen Altbremer Häusern. Hier hat sich Heiner Schomburg vor vier Jahren als Bestatter selbstständig gemacht. Sein Unternehmen "Trauerraum" bietet sogenannte "individuelle Bestattungen" an.
    "Zum Beispiel, das ist auf dem Lande gewesen, da ist eine Frau verstorben, die hat in Bremen lange gewohnt und ist immer mit dem Fahrrad durch die Gegend gefahren. Und da haben wir ihr Fahrrad hier, bei der Trauerfeier, neben der Urne, aufgebaut, und sie war auch Orchideen-Liebhaberin, und da haben wir auch Orchideen aufgestellt."
    Wunsch nach individueller Bestattung
    Nach der Trauerfeier - so individuell sie auch sein mag - muss die Urne auf einem Friedhof, in einem Friedwald oder im Meer bestattet werden. Viel mehr Möglichkeiten bietet das deutsche Bestattungsrecht nicht. In Bremen soll sich das jetzt ändern. Der sogenannte Friedhofszwang soll so sehr gelockert werden wie sonst nirgends in der Bundesrepublik. Die Bremer Bürgerschaft hat eine entsprechende Änderung des Gesetzes bereits in erster Lesung beschlossen. Die Initiative dafür ging, neben anderen, von Maike Schäfer aus. Sie ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen.
    "Wir hatten ganz viele Gespräche mit Angehörigen, aber auch mit Bestattern, die uns immer wieder geschildert haben, dass viele Menschen individuell bestattet werden wollen. Eben nicht auf einem Friedhof, wo sie überhaupt nie Bezug zu hatten, einem Ort, wo sie in ihrem Leben vorher noch nie waren. Sondern die wollen an bestimmten Orten, die ihnen sehr naheliegen, bestattet werden. Und wir wollen den Angehörigen einfach ermöglichen, dem letzten Willen des Verstorbenen auch gerecht zu werden."
    Keine Beeinträchtigung von Nachbargrundstücken
    Künftig soll die Asche Verstorbener auf privaten Grundstücken oder speziell ausgewiesenen öffentlichen Flächen verstreut werden dürfen. Voraussetzung: Die verstorbene Person muss zu Lebzeiten den gewünschten Ort und eine Person für die Totensorge benannt haben. "Einen Meilenstein" nennt Maike Schäfer den Gesetzentwurf. Kritiker, die Kirche zum Beispiel, sehen das ganz anders. Bernd Kuschnerus ist stellvertretender Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche und damit einer der beiden hohen Repräsentanten der BEK.
    "Beim Verstreuen muss man einfach gucken: "Wir haben so ganz viele romantische Vorstellungen von Filmen im Kopf, wo dann die Asche im Wind davon geweht wird. Aber wie die Praxis aussieht, ist dann ja oft anders. Und der Wind weht dann nicht immer so, wie man sich das im Film so anguckt."
    Auf solche Eventualitäten ist das Bremer Gesetz vorbereitet. "Nachbargrundstücke dürfen nicht wesentlich beeinträchtigt werden" heißt es da. Aber es gibt noch mehr Kritik, etwa von der CDU, die fragt, ob man in der Lage sei, Verstöße zu kontrollieren. Und: Wo sollen Menschen trauern, die zu dem ausgesuchten Privatgrundstück keinen Zugang haben? Es gibt also noch offene Fragen, was das neue Bremer Bestattungsgesetz angeht. Aber die zweite Lesung steht ja auch noch an, bevor es dann am 1. Januar 2015 in Kraft treten könnte.