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Brexit-Verhandlungen
Die harte Arbeit beginnt erst

Heute beginnt die zweite Runde der Brexit-Verhandlungen in Brüssel. Dabei geht es auch um konkrete inhaltliche Fragen wie die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien. Besonders schwierig wird es wohl, eine Einigung mit der EU beim Geld zu finden, denn die Vorstellungen liegen weit auseinander.

Von Friedbert Meurer | 17.07.2017
    London: EU-Flagge vor Skyline des Londoner Finanzzentrums "The City".
    EU-Flagge vor Skyline des Londoner Finanzzentrums "The City". (dpa / picture alliance / Daniel Kalker)
    Die Lage ist ernst, denn jetzt geht es ans Eingemachte, also vor allem ums Geld. Die EU fordert von Großbritannien, vor dem Austritt aus der EU seine Rechnungen zu begleichen – etwa für Programme, die die Briten mitbeschlossen haben, oder für ausstehende Pensionszahlungen an EU-Beamte. Außenminister Boris Johnson nahm letzte Woche im Unterhaus kein Blatt vor den Mund, was er von den in Rede stehenden Summen hält.
    "Ich habe die Forderungen der EU an uns gesehen. Ich halte sie für Wucher. Es ist völlig angemessen dazu zu sagen: Die Forderung können sie in den Wind schreiben."
    Boris Johnson ist allerdings nicht Mitglied der Verhandlungsdelegation. Immerhin gab es jetzt eine Notiz der Regierung an das Oberhaus, die schon etwas versöhnlicher klang. Auch Schatzkanzler Philipp Hammond, der für Finanzen und Wirtschaft zuständig ist, zeigte sich gestern deutlich versöhnlicher. Man wolle eine Einigung mit der EU beim Geld finden.
    "Wir werden genau darüber diese Woche mit der EU reden. Wir haben immer gesagt, dass wir unsere Verpflichtungen erfüllen. Das gilt aber genauso umgekehrt. Wenn eine Summe ordentlich berechnet und geprüft ist, dann werden wir natürlich darüber reden."
    Es könnte zum großen Knall kommen
    Aber die Vorstellungen zwischen Brüssel und London liegen weit auseinander. 100 Milliarden Euro, wie vielfach kolportiert, hält in London niemand auch nur annähernd für diskutabel. Deswegen wächst trotz Hammonds Verhandlungsbereitschaft die Sorge, dass es beim Geld zum großen Knall kommt – und zwar schon in den nächsten Wochen und Monaten.
    Kontroverse Nummer zwei: Großbritannien sagt zwar den gut drei Millionen hier zum Teil seit langem lebenden EU-Bürgern zu, dass sie auf der Insel bleiben und weiter arbeiten können. Aber die EU hält das für zu vage. Brexit-Minister David Davis versichert dagegen:
    "Wir wollen die EU-Bürger so weit wie möglich wie britische Staatsbürger behandeln. Nur dass sie nicht wählen dürfen. Aber bei Arbeit, Wirtschaft, Soziales, Gesundheit, Erziehung, Rente – das wird alles bleiben wie es ist."
    Davis räumt aber ein, dass es noch keine Einigung beim Familiennachzug gibt – und schon gar nicht in der Frage, ob der Europäische Gerichtshof die Rechte der EU-Bürger überwacht. Das lehnt London strikt ab. Davis verspricht aber, eine internationale Lösung zu finden. Spätere britische Regierungen sollen nicht die Rechte der EU-Bürger beschneiden können.
    In Großbritannien konzentriert sich die Debatte seit geraumer Zeit auf eine mögliche Übergangsperiode – für die Zeit nach dem Austritt aus der EU im März 2019. Schatzkanzler Philipp Hammond deutete an, dass Großbritannien weiter Beiträge zahlen könnte, obwohl man dann nicht mehr EU-Mitglied ist.
    Brexit-Minister David Davis hatte dagegen unlängst ausgeschlossen, weiter Beiträge zu bezahlen. Und auch Premierministerin Theresa May hatte die rote Linie gezogen: Die Zeit, da Großbritannien erhebliche Summen an die EU bezahle, seien vorbei.