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Briten diskutieren über Militärschlag gegen Syrien

Der britische Premierminister David Cameron hält einen Militärschlag gegen Syrien nach dem Giftgasangriff für notwendig. Sein Argument: Es gehe nicht um einen Krieg im Nachen Osten, sondern darum, den Gebrauch von Chemiewaffen zu verhindern.

Von Jochen Spengler | 28.08.2013
    Unter Vorsitz des Premierministers berät der Nationale Sicherheitsrat über die Optionen und Pläne für begrenzte militärische Schläge gegen Syrien. Noch vor dem Wochenende könnten von Schlachtschiffen, U-Booten und Kampfflugzeugen Raketen und Cruise Missiles auf syrische Flugplätze und Kommandoeinrichtungen abgefeuert werden. David Cameron aber beschwichtigt:

    "Es geht nicht um einen Krieg im Nahen Osten, es geht noch nicht mal um den syrischen Konflikt. Es geht um den Gebrauch von Chemiewaffen und darum, als Weltgemeinschaft sicherzustellen, dass wir von deren Nutzung abschrecken. Die Frage ist jetzt: Können wir den künftigen Einsatz von Chemiewaffen eher durch Handeln verhindern oder Nichthandel?"

    Doch noch scheinen Camerons Landsleute nicht überzeugt von einer solchen Abschreckungs- und Strafaktion. Doppelt so viele Briten sind dagegen wie dafür. Das geistliche Oberhaupt der anglikanischen Staatskirche, Justin Welby, warnt vor einem Einsatz gegen ein muslimisches Land und skeptisch äußern sich auch immer mehr frühere hochrangige Militärs, die vor allem an die Eigendynamik einer Intervention erinnern:

    "Sobald du dich auf das, was Krieg ist, einlässt, verlierst du die Kontrolle über das Geschehen. Ja, du magst vielleicht sehr präzise Schläge führen, aber was wird die Reaktion darauf sein. Wo Assad schon Chemiewaffen gegen sein eigenes Volk eingesetzt hat und leicht gestört sein dürfte, was könnte er noch tun?"

    ... fragt Lord West, früherer Oberster Admiral der Royal Navy. Nicht wenige befürchten, dass eine Intervention des Westens am Ende die Al-Kaida-Terrorgruppen stärken könnte. Das britische Parlament hat es in der Hand, die Beteiligung Großbritanniens noch zu stoppen. Morgen Nachmittag kommt es zu einer Sondersitzung zusammen, die bis kurz vor Mitternacht dauern soll. Premier Cameron verspricht den Abgeordneten, dass jede Aktion angemessen, legal und geeignet sein werde, vom künftigen Gebrauch chemischer Waffen abzuschrecken.

    "Any action would have to be legal, proportionate and specifically to deter the future use of chemical weapons."

    Damit hat Cameron anscheinend die anderen Parteiführer hinter sich gebracht. Etwa Nick Clegg, den Chef der mitregierenden Liberaldemokraten: Doch ob Clegg seine Parteifreunde folgen werden, ist unklar. Viele werden sich daran erinnern, dass sie beim Wähler populär wurden, als sie eindeutig gegen den Irak-Krieg opponierten. Und so erklärt denn auch ihr Ex-Parteichef Menzies Campbell:

    "Ich habe Befürchtungen, dass das Vereinigte Königreich tiefer in die Konflikte im Nahen Osten hineingezogen werden könnte. Wir haben unsere Erfahrungen gemacht mit der Kriegserklärung gegen Saddam Hussein – schauen Sie, was dabei herausgekommen ist."

    Der Labour-Oppositionsführer Ed Miliband hat sich vor drei Jahren als Parteichef gegen seinen Bruder David vor allem deswegen durchgesetzt, weil er den Irak-Krieg Tony Blairs als falsch brandmarkte. Im Falle Syriens aber scheint Miliband nach Konsultationen mit dem Premierminister einzuknicken. Er formuliert Bedingungen für seine Zustimmung zum Militär-Einsatz, die den Versprechungen Camerons auffällig ähneln. Widerstand klingt jedenfalls anders:

    "Jede Handlung muss auf saubere Art vom internationalen Recht gedeckt sein, das ist unglaublich wichtig. Und sie muss geeignet sein, weitere Chemiewaffeneinsätze gegen die unschuldigen Bürger in Syrien zu stoppen."

    Zwar versucht David Cameron – wie es dem Wunsch Milibands entspricht - mit einem neuen Resolutionsentwurf doch noch die Zustimmung des Weltsicherheitsrats zur Intervention zu erhalten, dies aber ist unwahrscheinlich und selbst in Teilen der Labour-Partei glaubt man, dass das internationale Recht nicht zwingend einen UN-Beschluss verlangt.

    Vermutlich wird Cameron morgen Nacht seine Parlamentsmehrheit hinter sich scharen. Der zur Abstimmung gestellte Antrag wird so formuliert werden, dass ihm möglichst viele Abgeordnete zustimmen können.