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Briten wollen Osaka-Regel beibehalten

Im Streit zwischen dem Internationalen Olympischen Komitee IOC und dem britischen Nationalen Olympischen Komitee beginnen jetzt die Anhörungen vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS. Der hatte im Oktober 2011 im Verfahren zwischen dem US-Leichtathleten LaShawn Merritt und dem IOC die sogenannte Osaka-Regel abgeschafft und so Dopern nach Ablauf ihrer Sperre ermöglicht, wieder an Olympischen Spielen teilzunehmen. Das IOC hatte die Entscheidung akzeptiert, das Britische NOK nicht.

Von Heinz Peter Kreuzer | 11.03.2012
    Die Briten wollen weiterhin des Dopings überführte Athleten wie Sprinter Dwain Chambers, Kugelstoßer Carl Myerscough und Radfahrer David Millar lebenslang von Olympia ausschließen, das verstößt aber gegen den Welt-Anti-Doping-Code.

    Das Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes CAS im Oktober 2011 sorgt weiter für große Unruhe in der Sportwelt. Damals schaffte der Gerichtshof die sogenannte Osaka-Regel ab. Diese besagte, dass Athleten nach einer mehr als sechsmonatigen Dopingsperre nicht bei den nächsten Sommer- bzw. Winterspielen im Anschluss an ihre Sperre starten dürfen. Das damalige Urteil wurde zwar fast von allen akzeptiert, aber viele bedauern es. Das CAS begründete seine Entscheidung damit, dass der Olympiaausschluss eine zusätzliche Strafe sei. Der frühere CAS-Richter Stefan Netzle:

    "Das ist ja genau der Kern des CAS-Urteils. Ist das eine Teilnahme-Voraussetzung oder ist es eine Strafe. Wäre es das erste. dann könnte man es in die Regeln reinschreiben und anpassen."

    Das wurde aber 2007 bei den Änderungen des Welt-Anti-Doping-Codes versäumt. Eine Neufassung dieser Regel im Code ist aber erst bei der 4. Welt-Anti-Doping-Konferenz im November 2013 möglich. Die Änderungen würden dann 2015 in Kraft treten und so könnte Chambers 2012 in London oder Claudia Pechstein 2014 in Sotchi trotz verbüßter Dopingsperren antreten. Aber die Briten wollen beispielsweise den Start von Chambers in London verhindern und gegen die Entscheidung des CAS an dieser Vorschrift festhalten. Für Anwalt Howard Jacobs, der für LaShawn Meritt die Abschaffung der Osaka-Regel vor dem internationalen Sportgerichtshof erstritten hatte, ist die Lage eindeutig:

    "Für mich war die IOC-Regel eine zusätzliche Strafe zu der Sperre. die Shawn schon abgesessen hatte und stand im Gegensatz zum Welt-Anti-Doping-Code."

    Und im Falle Dwain Chambers ist für Jacobs die Situation ebenfalls klar:

    "Der Dopingfall Dwain Chambers ist neun Jahre alt. Er hat seine Strafe abgesessen, er ist Mitglied in anderen britischen Nationalmannschaften. Für mich macht das dann keinen Sinn, ihn vom größten Sportereignis der Welt fernzuhalten und dann zu behaupten, das sei keine zusätzliche Strafe."

    Wie Jacobs richtig sagt, an anderen internationalen Wettkämpfen darf Chambers teilnehmen. So gewann der Sprinter bei den Leichtathletik-Hallen-Weltmeisterschaften an diesem Wochenende in Istanbul Bronze über 60 m. Auch die Europameisterschaften im Sommer sind für Chambers ein Thema. Nur für Olympia muss er auf die Entscheidung des CAS hoffen. Was Chambers besonders ärgert? Beim Sprint in Istanbul siegte Justin Gatlin. Auch der US-Amerikaner war schon wegen Dopings gesperrt, aber jetzt kann er sich Hoffnungen auf die Sommerspiele in London machen. Aber auch die britischen Dopingsünder, die ihre Sperre abgesessen haben, dürfen sich nach Meinung der Sportrechtler große Hoffnungen machen. Stefan Netzle ist nach dem Urteil des CAS von 2011 überzeugt:

    "Der CAS sagt nein, das ist eine Strafe. Und wenn die Verbände das beibehalten wollen, dann dürfte das zu weiteren Fällen vor dem CAS kommen. Und ich gehe davon aus, das spätere Panels, spätere Schiedsgerichte gleich entscheiden würden wie das jetzige."

    Auch Howard Jacobs erwartet keine Aufhebung des Urteils:

    "Als ich die Erwiderung des britischen NOK’s auf die CAS-Entscheidung hörte, war das identisch mit der Begründung des IOC. Es sei eine Teilnahmevoraussetzung und keine Strafe, Diese Auslegung ist nicht erfolgsversprechend."

    Bei den britischen Sportlern gibt es einen Meinungsumschwung. Die Zustimmung zu lebenslangen Dopingsperren sei unter den Athleten von 90 auf 70 Prozent gefallen, musste Lord Colin Moyinhan, der Präsident des Britischen NOK, einräumen. Und Dwain Chambers fühlt sich wohl im Team.

    "Ich werde vom Verband und meinen Teamkameraden unterstützt. Sie helfen mir, ich helfe Ihnen."