Freitag, 29. März 2024

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Britische Band The Brew
Turn it up! Play it loud!

Diese drei Briten bedienen alle Klischees, die über Rockbands bestehen: The Brew. Auch ihr Sound klingt wie die musikalische Zukunft von gestern. Doch da ist mehr: Songstrukturen, die über die übliche Folge von Strophe, Bridge, Refrain hinausgehen, lange sphärische Passagen, Gitarrensoli mit Wah-Wah. Wilde Rock'n'Roll-Show!

Von Tim Schauen | 15.01.2017
    Drei Männer spielen Rockmusik auf einer Bühne, der Bassist im Bildvordergrund springt gerade in die Luft.
    Vollgas auf der Bühne: Die britische Band The Brew spielt ein Konzert in der Kölner Kantine. (Frank Wesp)
    Musik "My Juliet"
    Der Schlagzeuger: Kurt Smith.
    "Ich bin hauptsächlich mit der Musik von Led Zeppelin aufgewachsen und ihrem Trommler John Bonham."
    "Klar sind wir viel unterwegs, sehen unsere Freunde und die Familie sehr selten, aber ich möchte im Leben nicht darauf verzichten. Es macht so viel Spaß - und die Freunde und die Familie kann man so vielleicht auch besser wertschätzen, wenn Du nach einer Tour endlich heimkommst. "Und einen aus meiner Familie werde ich einfach nicht los: meinen Vater!"
    Musik "Black Hole Soul"
    Der Bassist & Vater von Trommler Kurt: Tim Smith.
    "Unsere Fans sind wirklich besonders loyal, mache haben uns schon vierzig Mal spielen sehen, überleg doch mal: ich fände das bestimmt irgendwann langweilig."
    Wir sind keine Pop-Band, nicht groß in den Medien, wir gewinnen nicht jedes Jahr eine Menge neuer Fans dazu, wir bekommen Fans, die uns einmal sehen und dabei bleiben."
    Musik "Every Gig Has A Neighbour"
    Der Frontmann:
    "Vor jeder Show werde ich nervös – immer!"
    Jason Barwick, Gitarre & Gesang.
    "Ich glaube: Der Moment, wo ich nicht mehr vor einer Show nervös werde, ist der Moment, wo ich aufhören sollte!"
    Turn it up, play it loud: die britische Band The Brew.
    Turn it up! Play it loud! The Brew mit dem Titel "Every Gig Has A Neighbour" - ein Riff, ein paar Textzeilen, mehr als nur eine vage Andeutung: ein Claim: Dreh auf, mach das laut! Lass es alle in der Straße hören! The Brew sind eine Rockband! Powertriobesetzung: Schlagzeug, Bass, der Gitarrist ist auch der Frontmann. Aber der Reihe nach.
    "Wann wir zusammen kamen? Das war Ende 2004, ich war 15 Jahre alt, als ich in die Band kam."
    Gitarrist und Sänger Jason Barwick: Spitze Schuhe, enge Jeans, Paisley-Hemd, Halstuch, dunkle Locken im Gesicht: Er sieht schon aus wie ein Rockstar. Und stammt wie seine Bandmitglieder aus dem Nord-Osten Englands.
    "Die Jungs spielten Shows rund um Grimsby, unsere Heimatstadt, und ich hatte viele Freunde, die älter waren als ich, schon 18 waren und in die Bar rein durften und sich die Band anguckten, die damals noch Strange Brew hieß. Und alle sagten: Du musst Dir unbedingt Strange Brew angucken, ist eine tolle Band. Aber ich konnte eben nicht in die Bars. Eines Tages rief mich mein Gitarrenlehrer an und sagte, hörmal, eine Band sucht nach einem Gitarristen, sie heißen Strange Brew, ihr Gitarrist ist ausgestiegen, und sie haben nach Dir gefragt, das war sehr cool."
    "Sie haben nach Dir gefragt"
    "Ich spielte zu der Zeit in einer Bluesband und hatte Tim, den Bassisten von The Brew, mal nach einer unserer Shows getroffen. Tim hatte das Konzert zusammen mit seiner Frau gehört, ich werde das niemals vergessen. Nach der Show kam seine Frau und sagte: Du und mein Sohn, ihr würdet gut zueinander passen, er ist ein toller Trommler - und es stellte sich dann erst heraus, dass es um die Band Strange Brew/The Brew ging."
    Musik "Shake The Tree"
    "Unsere erste gemeinsame Show hat er komplett mit dem Rücken zum Publikum gespielt - wenn man sich den Typ heute auf der Bühne anguckt, ist das schwer zu glauben. Aber es ist die Wahrheit, wir haben daran gearbeitet, ein bisschen ausprobiert, denn in erster Linie musste es ja auch für Jason passen, er musste seine Bühnen-Präsenz entwickeln, und vermutlich haben wir gefunden, was für ihn funktionierte und wie er sich auf der Bühne wohlfühlen kann."
    Porträt eines jungen Mannes mit dunklen, halblangen Haaren.
    Gitarrist und Sänger Jason Barwick. (Frank Wesp)
    Pures britisches Understatement: schon längst ist Jason Barwick nicht nur dem Aussehen nach ein Rockstar. Auf der Bühne legt er die ganz große Show hin, er singt, läuft und springt auf der Bühne umher und schlägt mit langem kreiselndem Arm die Saiten seiner E-Gitarre an: die Windmühle. Rock'n'Roll!
    "Beim Windmühle-Machen habe ich mich in der Vergangenheit einige Male übel verletzt!"
    Und direkt das nächste Klischee: Der Verstärker-Turm hinter Gitarrist Jason: ein Fullstack, Marshall, 100 Watt eines Röhrenverstärkers auf zwei dicken Boxen mit insgesamt acht Lautsprechern. Seit den 1960er amtlich, braucht mal in Zeiten moderner Technik auf der Bühne aber eigentlich nicht mehr, das geht auch leiser - war aber im Rock'n' Roll schon immer so: macht ordentlich was her und ist vor allem mächtig laut.
    Ruf einer sehr guten Live-Band
    Seit gut zehn Jahren spielt die Band in der jetzigen Besetzung zusammen. 2006 erschien das Debüt "The Brew", bald eine kurze EP, eine Live-DVD, denn The Brew wuchsen von Anfang mit ihrem Ruf, eine gute Live-Band zu sein. Kein Zufall, sagt Bassist Tim Smith.
    "Ich habe mal über Led Zeppelin gelesen: Wenn sie auf die Bühne gingen, dann mit dem klaren Plan. Je mehr sie geben würden, um so mehr würden sie vom Publikum zurückbekommen. Und da dachte ich: ja. So machen wir das auch."
    Überhaupt: Nicht nur Bassist Tim Smith sieht die Band von den großen britischen und amerikanischen Rock-Bands beeinflusst: Led Zeppelin, Cream, The Who, Jimi Hendrix. Idole, deren Stücke sie anfangs coverten.
    Porträt eines Mannes, der in die Kamera schaut.
    Tim Smith ist Bassist der britischen Rockband The Brew. (Frank Wesp)
    "Als ich zum ersten Mal Wolfmother gesehen habe, sie hatten gerade ihr erstes Album herausgebracht: Das war eine Band, die wirklich wie ein Wirbelwind über die Bühne fegte, sie haben genau das gewollt, was sie da machten, sie haben es gefühlt. Und ich war mit Kurt da, Jason war leider noch zu jung und konnte das Konzert nicht sehen. Ich sagte also zu Kurt: So möchte ich uns auf der Bühne sehen. Diese unmittelbare Power, wenn Du auf die Bühne gehst: Die Leute verlassen das Konzert mit dem Gefühl haben, Zeuge von irgendetwas Wahnsinnigem geworden zu sein. Das hat mich schwer beeindruckt - so wie zuletzt The Who an ihren Anfängen. Die sind meiner Meinung nach eh die beste Band der Band, eine wahre Rock'n'Roll-Band, wenn Du einen Auftritt von The Who gesehen hast, dann wirst Du das nicht vergessen."
    Mit dem zweiten Album "The Joker" werden sie im Jahr 2008 auf einmal groß, sie spielen in Clubs und auf Festivals in halb Europa: Niederlande, Spanien, Polen.
    Musik "Surrender It All"
    Musik "Stop"
    2009 die Einladung in den WDR-Rockpalast, denn zwei Jahre zuvor waren bei einem ihrer ersten Auftritte in Deutschland zwar nur 17 Leute bei ihrem Kölner Konzert, darunter aber der freie Journalist Vincent Abbate vom Rocks-Magazin und Peter Sommer vom WDR - wichtige Multiplikatoren.
    "Der Rockpalast war für die Band ein großer Schritt, sprichwörtlich über Nacht! Die Leute, die danach zu unseren Konzerten kamen, gingen von Null auf Hundert, der Rockpalast machte einen großen Unterschied. Joe hatte ein Problem damit, dass jemand seine Gitarrenverstärker angepackt und etwas verschoben hatte, um für die TV-Aufzeichnung bessere Bilder drehen zu können, er war nicht glücklich damit und hat die Aufzeichnung verweigert.
    "Also: Danke nochmal, Joe denn dadurch wurde unser komplett Set gesendet."
    "Danke Joe, wir schulden Dir was."
    Ein Riff, ein Refrain - Vollgas!
    US-Gitarrist Joe Bonamassa wird's verkraften können, der ist längst Blues-Weltmarktführer. The Brew aber fischen in einem musikalisch leicht anderen Teich - obwohl die drei Briten früher oft als Bluesrock-Band bezeichnet wurden. Ihr Sound ist klassischer Rock: ein Riff, ein Refrain - Vollgas! Tim Smith meint dazu:
    "Wir haben nie definiert was unser Sound eigentlich ist: wie auch immer: wenn wir aber ein Stück schreiben, dann wissen wir immer gleich, das ist unser Sound -Wenn das Sinn macht - wir wissen sofort: Ja, das sind wir! Das wird für The Brew funktionieren. Wir haben eine Menge Songs geschrieben, die es dann nicht auf eines der Alben geschafft haben, einer der Gründe war immer: wir fühlten, es ist nicht der richtige Song für das Album zu dieser Zeit."
    "Ausgangspunkt ist immer ein gutes Riff. Ein Riff, an das sich die Leute erinnern und dazu abgehen können. Und natürlich ein guter Refrain, jeder Song braucht einen einprägsamen Refrain, dann halten die Leute gerne ihre Hände in die Höhe und singen mit - danach suchen wir immer: ein gutes Riff und einen guten Chorus - das vom Songwriting her. Und von der Gitarrenseite her: und natürlich auch melodische Soli, eine Note kann im Solo soviel bedeuten, wie eine Million Noten, es geht um Ausdruck, die Art, wie Du es spielst und die Melodien."
    Drummer Kurt Smith grinst:
    Der Drum-Sound bedeutet alles! Du kannst alles haben, einen tollen Songs, tolle Texte, tolles Songwriting - aber wenn das Schlagzeug nicht gut und kräftig powerful klingt, dann nutzt es alles nichts. Was soll ich sagen: Ich bin der Trommler! Ich bin nicht ganz neutral. Aber auch ganz objektiv besehen: Die Drums sind natürlich am wichtigsten. Led Zeppelin waren bekannt für den dicken fetten Drum-Sound, alle großen Rockband hatten auch einen großen Drum-Sound, natürlich nicht nur das Schlagzeug, alle Instrumente klangen gut, aber das Schlagzeug ist eben besonders wichtig.
    Porträt eines bärtigen jungen Mannes mit dunklen kurzen Haaren, der in die Kamera blickt.
    Der Schlagzeuger von The Brew: Kurt Smith (Frank Wesp)
    Und es sind in verschiedenen Songs immer wieder mehr oder weniger versteckte Grüße an den Led Zeppelin: Knife Edge.
    Musik "Knife Edge"
    Musik "KAM"
    "Mit jedem Album haben wir mehr Fans erreicht, die Kritiker schienen uns immer zu mögen, und die Liveshows wurden mit den Jahren immer besser, wir spielten tigere und mit mehr Energie. Uns haben auch schon Leute gesagt: 'Eigentlich ist das gar nicht so meine Musik, aber Eure Performance, Eure Energie muss man einfach genießen, denn man spürt die Leidenschaft und wie es Euch Spaß macht!' Die Leute mögen das. Wenn man eine CD laut über die Tonanlage abspielt, ist das einfach nur langweilig. Die Leute mögen Passion und Energie!"
    Ab dem Rockpalast 2009 ging es für das Trio mit Leidenschaft und Lautstärke enorm voran, das Album "Million Dead Stars" aus dem Jahr 2010 erschien bei Freiburger Label Jazz Records - es markiert so etwas wie den Durchbruch. Hier der Titelsong. The Brew "A Million Dead Stars".
    Musik "A Million Dead Stars"
    Album Tour, Album, Tour. Nach "A Million Dead Stars" erscheint 2011 das Album "The Third Floor". 2012 Live in Europa, daraus der Titel "Imogen Molly". Man ahnt, wie laut die Band spielt, wie sehr die Gitarre über die Bühne schwappt. Jason hüpft über die Bühne. Aber Kurt am Schlagzeug und Tim Smith halten dagegen. Und die Band jammt auch. "Imogen Molly".
    Musik "Imogen Molly"
    Musik "Mute"
    Nach "Live in Europe" erscheint 2014 "Control" und 2015 spielt die Band vor ihrem größten Publikum bislang.
    "In Polen haben wir ein fantastisches Festival gespielt, Woodstok Festival: 750.000 Leute waren da! Das war heftig, ich habe ein bisschen gezittert, bevor ich da auf die Bühne musste. Ich habe vor einigen Jahren diese Riesenbühne beim Glastonbury-Festival gesehen und dachte, Mann, der Hammer, und dann in die Hauptbühne im polnischen Woodstok, da dachte ich nur: wow, das ist wirklich mal krass. Wir waren kleine Spielfiguren auf dieser Riesenbühne."
    Selbst der Verstärker-Turm wirkt klein
    "Selbst mein Verstärkerturm, das Marshall-Stack sah so klein aus. Es gibt Fotos und Videos, man sieht, wie Leute Crowdsurfen, das war der Hammer und es war so heiß, um die 45 Grad, wir spielten "Every gig has a neighbour" und es fuhr dieses Feuerwehrauto langsam durch das Publikum, zwischen den Menschen hindurch, und hat Wasser über die Menge versprüht, um die zu kühlen es war so heiß. Einige sind auf das Dach des Feuerwehrautos geklettert und sind runter gesprungen. Ich sah all das, während ich spielte und dachte nur: wie abgefahren."
    Im September 2016 dann "Shake The Tree". Bislang hat noch jede Band behauptet, das neue Album sei das am besten klingende, das mit der besten Musik und den besten Songs. Und bei The Brew? Genauso! Höher, schneller, weiter.
    Musik "Black Hole Soul"