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Britische Waffen für die syrische Opposition

Großbritanniens Regierung geht offensiv auf die syrische Opposition zu. Außenminister William Hague möchte die Gegner Assads mit militärischem Gerät unterstützen. Dabei geht es ihm nicht nur um Hilfe für die Aufständischen. Die Unterstützung für die Opposition ist auch eine Frage nationalen Interesses.

Von Tobias Armbrüster | 07.03.2013
    Der britische Außenminister gibt schon seit Tagen in Interviews und Statements die neue Marschrichtung vor – das Wort Waffenlieferungen nimmt er zwar nicht in den Mund, aber er spricht von einer weitergehenden Unterstützung der Opposition in Syrien, von neuen Optionen. Gestern im Unterhaus hat er klar gemacht, was er damit meint:

    "Wir werden künftig auch gepanzerte Fahrzeuge liefern, damit die Oppositionellen sich in Syrien besser bewegen können – außerdem schusssichere Westen. Wir wollen auch Geräte liefern, mit denen die Rebellen, falls nötig, nachweisen können, dass das Regime Chemiewaffen einsetzt."
    13 Millionen Pfund will die britische Regierung für diese neue Hilfe kurzfristig bereitstellen. Die britische Regierung sieht sich hier als Vorreiter für alle EU-Staaten, denen die bisherige Linie gegenüber Damaskus nicht weit genug geht. Außenminister Hague weist immer wieder auf die rasant steigende Zahl von Todesopfern und von Flüchtlingen in diesem Konflikt hin. Deshalb jetzt also direkte Unterstützung für die aufständischen Truppen, wenn auch ohne tödliche Waffen. Diese neue Politik wird allerdings im Unterhaus auch kritisch gesehen, etwa vom Labour-Politiker Peter Hain:

    "Der Außenminister verfolgt eine völlig verfehlte Strategie, er will einen Regimewechsel durchpeitschen, mitten in einem Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten, mitten in einer Art kaltem Krieg. Er sollte stattdessen die Verhandlungsbereitschaft in Damaskus testen – aber was wir hier erleben ist ein Versagen seiner Diplomatie."

    Es gibt allerdings auch Stimmen, vor allen bei den Konservativen, die mehr Einsatz fordern, etwa direkte Waffenlieferungen an die syrische Opposition. William Hague geht da also einen Mittelweg - für seine militärische Hilfe nutzt er eine Neuregelung – gemeinsam mit seinen EU-Außenminister-Kollegen hatte er sich in der vergangenen Woche darauf geeinigt, dass einzelne EU-Länder die Sanktionen gegen Syrien umgehen können, um der Opposition zu helfen.

    Dass Großbritannien mit solchen Initiativen vorprescht, ist nichts Neues – britische Regierungen waren in der Vergangenheit immer wieder sehr schnell bereit, militärisch einzugreifen, so etwa im Irak und in Afghanistan. Bei der syrischen Opposition wächst deshalb die Hoffnung, dass die Aufständischen bald auch Waffen bekommen. Der Kommandeur Salim Idriss von der Freien Syrischen Armee gestern in der BBC:

    "Das Regime in Damaskus nimmt seit zwei Jahren jedes Dorf in unserem Land unter Beschuss – dieses Töten müssen wir beenden, und dazu brauchen wir die richtigen Mittel."

    William Hague hat die militärische Hilfe für die syrische Opposition seit Wochen vorbereitet, immer wieder entsprechende Andeutungen gemacht. Die britische Regierung befindet sich deshalb zunehmend in einer direkten Auseinandersetzung mit dem Regime in Damaskus. Am Wochenende hat Diktator Assad der Sunday Times ein Interview gegeben und darin klargestellt, dass die Briten für ihn keine Verhandlungspartner mehr sind:

    "Großbritannien spielt seit langer Zeit bei uns in der Region eine destruktive Rolle - wie sollen wir von der Regierung in London erwarten, dass sie uns hilft, diesen Konflikt zu lösen, wenn die gleiche Regierung die Terroristen bei uns unterstützt und wenn sie nichts unternimmt, um die Lage bei uns im Land zu verbessern."

    Für den britischen Außenminister dagegen ist die neue Unterstützung für die Opposition in Syrien auch eine Frage des nationalen britischen Interesses. William Hague hat davor gewarnt, dass Syrien bereits jetzt ein bevorzugter Rückzugsort für militante Islamisten sei. Dass die neue Militärhilfe deshalb auch in die falschen Hände geraten kann, gehört mit zu den Risiken der neuen britischen Strategie.

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