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Bröckelnde Rollfelder
Kanadas Infrastruktur leidet unter dem Klimawandel

Das Auftauen der Permafrostböden gefährdet im Norden Kanadas die Versorgung einiger Dörfer. Die abgeschiedenen Orte erhalten Güter und Lebensmittel nur per Flugzeug. Doch durch den Klimawandel bilden sich zunehmend Risse auf den Rollfeldern.

Von Monika Seynsche | 18.06.2014
    Der Norden der kanadischen Provinz Quebec erstreckt sich als breite Landzunge zwischen der Hudson Bay im Westen und dem Atlantik im Osten. Eisige Winde fegen über die flache baumlose Tundra. Weit an der Küste verstreut liegen 14 Dörfer. Sie sind abgeschnitten vom Rest des kanadischen Straßensystems. Kein Lastwagen, kein Krankenwagen kann sie erreichen.
    "Alles, was in diese Dörfer transportiert wird, gelangt im Sommer mit Schiffen und das ganze Jahr über mit Flugzeugen hierher. Die Flugplätze sind also äußerst wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung und die Sicherheit der Bevölkerung. Alles, frische Lebensmittel, Medikamente und die Menschen selbst sind auf die Flugverbindungen angewiesen."
    Risse in den Rollfeldern
    Dementsprechend beunruhigt sei das Verkehrsministerium von Quebec, erzählt Emmanuel L'Herault vom Zentrum für Nordische Studien an der Université Laval. Denn seit einigen Jahren tun sich Risse in den Rollfeldern auf, und an vielen Stellen haben sich Mulden gebildet, die bis zu einem halben Meter tief sind. Besonders stark sind die Schäden an den Rändern der Rollfelder.
    "Die Verkehrsbehörde hat uns deshalb gebeten, den Untergrund der Flugplätze und Zufahrtsstraßen zu untersuchen, um herauszufinden, weshalb der Permafrost taut und damit diese Infrastrukturprobleme im Norden Quebecs hervorruft."
    Um zu verhindern, dass der im Sommer warme Asphalt den Permafrost darunter tauen lässt, wurde beim ursprünglichen Bau der Flugplätze und Straßen eine drei bis fünf Meter hohe Isolationsschicht aus Schotter aufgeschüttet, auf der dann der Asphalt verlegt wurde. Das sei auch sinnvoll, sagt Emmanuel L'Herault. Es schaffe aber ein neues Problem.
    "Normalerweise ist die Schneeschicht im Winter relativ dünn, vielleicht 50 Zentimeter. Gerade im Norden Quebecs gibt es keine Bäume und der Wind pfeift sehr stark und verweht den Schnee. Wenn Sie in dieser Gegend etwas bauen, sammelt sich sofort Schnee vor diesem Hindernis. Genau das passiert an den Rändern der Rollfelder und Straßen. Hier ist die Schneedecke dann zwei bis drei Meter dick und dadurch gelangt weniger kalte Luft bis hinunter zum Permafrost."
    Der gefrorene Boden taut auf
    Der tiefe Schnee isoliert den Boden und verhindert das natürliche Abkühlen des im Sommer aufgeheizten Untergrunds. Dadurch wird der Permafrost immer wärmer und wärmer, bis er taut und die Last des Rollfelds nicht mehr tragen kann. Im Zuge des Klimawandels verstärke sich dieser Effekt vermutlich noch, sagt Emmanuel L'Herault.
    Die Lösung sei allerdings relativ einfach. Er schlägt vor, den Rand des Rollfelds abzuflachen, sodass der Anstieg zwischen Umgebung und Flugfeld nicht mehr so steil ist. Statt sich am Fuß des Hangs zu verfangen kann der Schnee dann leichter über das Rollfeld gefegt werden. Auch an anderen Stellen in Kanada nagt der Klimawandel an der Infrastruktur.
    "Düker sind Rohre, die den Wassertransport unter Straßen hindurch gewährleisten. Wasser ist bekannt dafür, dass es die Stabilität der Straßen angreift."
    Loriane Periér vom Institut für Bauingenieurwesen der Université Laval in Quebec hat die Düker auf einem Abschnitt des Alaska Higways untersucht, der sich von British Columbia bis nach Alaska zieht.
    "Wir haben an zwei Dükern Messinstrumente installiert um den Einfluss der Wassermengen und der Wassertemperatur auf den Permafrost unter der Straße zu untersuchen."
    Bis zu 120 Zentimeter rund um die Düker taute der Boden durch das Wasser auf, das wiederum durch den Klimawandel wärmer und in größeren Mengen durch die Rohre fließt. Auch hier sind Setzungen und Risse im Asphalt die Folge. Würde man die Rohre isolieren, so die Ergebnisse der Forscherin, ließe sich das Problem abmildern.