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Brücke für Europa

Noch pendeln zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark Fähren. Eine feste Brücke über den Fehmarnbelt aber würde nicht nur den Gütertransport, sondern auch den Austausch von Dienstleistungen und Arbeitskräften erleichtern. Marc-Christoph Wagner berichtet.

19.12.2006
    Heinz Urbach wirkt zufrieden. Seit gut zwei Jahren arbeitet der 47-jährige Erfurter als Fahrer bei einer dänischen Spedition:

    "Ich war erst in den alten Bundesländern gewesen, habe dort jahrelang gearbeitet als Fernfahrer. Dann habe ich es versucht in Erfurt oder in der Umgebung, aber - ja, da ging es los, das Geld kam nicht pünktlich. Ich habe hier meine regelmäßige Arbeitszeit, meine regelmäßigen Pausen. Und was wichtig ist, das Geld kommt. Und das ist ja, wenn man Familie hat, wenn man Haushalt hat, sagen wir es mal so, überlebenswichtig, dass regelmäßig und pünktlich Geld bezahlt wird."

    Ginge es nach der dänischen Regierung, würde es noch sehr viel mehr Heinz Urbachs auf dem heimischen Arbeitsmarkt gehen. In vielen Branchen nämlich herrscht schon heute ein massiver Mangel an Arbeitskräften. Insbesondere dem Handwerk gehen immer mehr Aufträge verloren, weil qualifizierte Mitarbeiter fehlen. Vor diesem Hintergrund, so Verkehrsminister Flemming Hansen, ist die Brücke über den Fehmarnbelt weit mehr als ein verkehrspolitisches Projekt:

    "Sowohl die Öresundbrücke wie die Brücke über den Großen Belt in Dänemark haben zu einem markanten Sprung geführt - beim Verkehr und beim Wachstum. Darüber hinaus sind die betroffenen Regionen heute sehr viel enger miteinander verflochten. Heute arbeiten 20.000 Schweden in Dänemark - nur mit einer Fährverbindung wäre das undenkbar."

    Ähnlich sieht es Bjarne Palström vom Dänischen Industrieverband:

    "Eine gute Infrastruktur ist die Grundlage für Wachstum in Europa, und das gilt auch für den Norden. Wir können hier in der Ostseeregion eine Dynamik schaffen, die ganz Europa zugute kommt."

    Doch es besteht Handlungsbedarf. Wird bis Ende dieses Jahres keine richtungsweisende Entscheidung getroffen, fallen die EU-Zuschüsse weg - immerhin 20 Prozent des etwa viereinhalb Milliarden Euro teuren Projektes. Auch deswegen wird der heutige Besuch Angela Merkels in Kopenhagen mit Spannung erwartet. Die Bundesregierung aber tut sich aufgrund knapper Kassen schwer mit der öffentlichen Finanzierung der festen Verbindung. Ein Einwand, den der dänische Verkehrsminister Flemming Hansen nicht gelten lässt. Der Bau der Fehmarnbrücke sei eine bombensichere Investition:

    "Wenn zwei Staaten die Kredite für den Bau garantieren, dann sind die Zinsen die günstigsten des Marktes. Hinzu kommt: Wir operieren mit konservativen Zahlen, schon heute ist das für 2009 prognostizierte Verkehrsaufkommen erreicht. Wahrscheinlich könnten wir das Geld dank der Mautgebühren in 20 bis 25 Jahren zurückzahlen."

    Und mit dieser Haltung steht der Minister nicht alleine. Auch die Dänen selbst stehen einer Fehmarnbrücke positiv gegenüber - auch wenn sie:

    "Sie würde die Wirtschaft ankurbeln, und man wäre nicht mehr von den Fähren abhängig. Gut, meistens fahren sie, aber ein kleines Risiko gibt es immer."

    "Das ist die moderne Zeit, dass wir immer mehr zusammenwachsen. Wenn wir das Geld haben, ist es eine gute Idee."

    "Immer weniger Menschen sprechen Deutsch, immer mehr Englisch. Auch der Verbreitung der deutschen Kultur und Sprache würde so eine Brücke gut tun, vom Handel einmal ganz abgesehen."