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Brüssel
EU-Gipfel im Schatten des Brexit

Großbritanniens Premier Theresa May wird auf dem EU-Gipfel erneut für eine Verschiebung des Brexits werben. Die EU hat bereits signalisiert, dass sie zustimmen könnte. Doch die von May vorgeschlagene Zeitspanne bis zum 30. Juni könnte rechtliche Probleme mit sich bringen.

Von Bettina Klein | 21.03.2019
Europaflaggen vor der Europäischen Kommission in Brüssel | picture alliance / dpa | Verwendung weltweit
EU-Ratspräsident Donald Tusk hat angedeutet, dass eine Brexit-Verschiebung Vorzüge habe, "er wirft abe auch eine Reihe rechtlicher Fragen auf". Im Bild: Die EU-Kommission in Brüssel (dpa)
Staatsminister Michael Roth brachte es am Dienstag in Brüssel auf den Punkt.
"Unsere Geduld wird derzeit auf eine sehr harte Probe gestellt und ich kann nur noch mal an unsere britischen Partner appellieren, jetzt endlich eine konkreten Vorschlag zu machen, warum man überhaupt eine Verlängerung anstrebt."
Der konkrete Vorschlag kam gestern per Brief in Brüssel an. Theresa May wünscht eine Verlängerung der in Artikel 50 vorgesehenen Zeitspanne um drei Monate bis zum 30. Juni. Anderenfalls sind die erforderlichen gesetzgeberischen Prozesse nicht umzusetzen. Ratspräsident Donald Tusk, an den Mays Brief gerichtet war, erklärte kurz darauf, er glaube eine kurze Verlängerung sei möglich, aber sie wird geknüpft sein an ein positives Votum im britischen Unterhaus.
Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel?
Wie aber sollen die Staat- und Regierungschefs schon heute über die gewünschte Verlängerung entscheiden, wenn sie doch noch gar nicht wissen können, ob das Abkommen tatsächlich in der nächsten Woche eine dritte Chance bekommt? Möglicherweise kommt hier ins Spiel, womit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schon gestern früh im Deutschlandfunk aufhorchen ließ.
"Meine Einschätzung ist die, das wird sie vielleicht überraschen, dass es in dieser Woche beim Europäischen Rat zu gar keiner Beschlussfassung kommen wird, sondern wir uns nächste Woche wieder treffen werden."
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Im Moment sehe er einen solchen weiteren Gipfel nicht voraus, sagte Donald Tusk, er werde aber auch nicht zögern, falls nötig zu einem weiteren Treffen nach Brüssel einzuladen. Geht bei diesem Szenario das Austrittsabkommen nächste Woche in London durch und einigt sich der Gipfel grundsätzlich heute darauf, dann könnte die Verlängerung nächste Woche auch in einem schriftlichen Verfahren abgewickelt werden.
Fällt das Abkommen in London wieder durch oder wird es nicht zur Abstimmung zugelassen, dann wäre die Alternative, entweder der "No Deal"-Brexit am 29. März. Oder alle treffen sich Ende nächster Woche tatsächlich noch einmal, um dann sehr schnell neu zu beraten.
EU-Austritt nach aktiver Teilnahme an EU-Wahl?
Zur Diskussionen wird heute beim Gipfel aber auch die von Theresa May vorgeschlagene Zeitspanne stehen.
"Auch wenn der 30. Juni Vorzüge hat – er wirft eine Reihe rechtlicher und politischer Fragen auf", so Ratspräsident Donald Tusk.
Dieser Termin liegt klar nach den Europawahlen Ende Mai, wenn auch noch vor der Konstituierung des Europäischen Parlaments. Ein Mitgliedstaat der Europäischen Union muss an den Europawahlen teilnehmen, anderenfalls könnten sich daraus rechtliche Probleme ergeben. Klagen beim Europäischen Gerichtshof gegen die Gültigkeit der Wahl des Parlamentes und seiner Entscheidungen etwa könnten die ganze EU lahm legen.
Das befürchtet die Kommission, weshalb sie zu einem Termin spätestens am 23. Mai rät, einen Tag vor der Wahl. Entscheiden müssen darüber die 27 Staats- und Regierungschefs – und zwar einstimmig.
Merkels Hoffnung stirbt zuletzt
"Ich werde bis zur letzten Stunde der Laufdauer bis zum 29. März dafür kämpfen, dass wir noch zu einem geordneten Austritt kommen. Da haben wir ja nicht mehr viel Zeit, aber doch noch einige Tage Zeit", versicherte Angela Merkel kürzlich in Berlin.
Heute Nachmittag wird Theresa May ihren 27 Kollegen ein weiteres Mal ihre Position erläutern. Anschließend wird ein weiteres Mal ohne sie beraten. Zum Abendessen darf die britische Regierungschefin wieder dabei sein. Es soll dann um die Beziehungen zu China gehen, denen die EU in der nächsten Zeit sehr viel Aufmerksamkeit schenken will. Es werden noch Wetten angenommen, ob es bei diesem Ablauf heute Abend bleiben wird.