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BTU Cottbus
Nach der Fusion ist vor der Zukunft

Gegen die Vereinigung der Uni Cottbus und der Fachhochschule Lausitz in Senftenberg hatte es viel Widerstand gegeben. Besonders die Professoren der Uni Cottbus wehrten sich gegen eine Zusammenlegung mit der Fachhochschule. Zu unterschiedlich seien die Lehransprüche und auch die Ausbildung der Dozenten. Nun startet das erste gemeinsame Semester.

Von Sandra Voss | 09.10.2015
    Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (l, SPD) und der Gründungsbeauftragte der neuen BTU, Birger Hendriks (m.), übergaben am 15.10.2014 symbolisch den Staffelstab und das Amt des Präsidenten der BTU Cottbus-Senftenberg an Jörg Steinbach
    Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (l, SPD) und der Gründungsbeauftragte der neuen BTU, Birger Hendriks (m.), übergaben am 15.10.2014 symbolisch den Staffelstab und das Amt des Präsidenten der BTU Cottbus-Senftenberg an Jörg Steinbach (dpa/picture alliance/Patrick Pleul)
    08.30 Uhr: Es ist Semesteranfang, aber der Campus der Uni Cottbus ist trotzdem menschenleer. In der Kantine sitzt ein junger Mann einsam auf einem Stuhl. Er ist einer von 1.800 Studenten, die sich in diesem Jahr in Cottbus eingeschrieben haben, immerhin Brandenburgs zweitgrößte Stadt mit 100.000 Einwohnern. Heute ist sein erster Tag auf dem Unigelände, doch von den Querelen um die Fusion hat er schon gehört: "Ich war gestern auf einer Art Studentenparty und da gab es sehr viel Negatives da drüber, also die Leute waren nicht besonders begeistert."
    An einem anderen Tisch sitzen drei Mitarbeiter der Hochschule, darunter ein Professor. Auf die Zusammenlegung der Universität Cottbus mit der Fachhochschule Senftenberg angesprochen, winken sie ab und gehen. Nur einer gibt vage Auskünfte, allerdings will er seinen Namen nicht nennen. Die Fusion sei eine "komplexe Verwaltungsreform, die da läuft, die von der Großzahl der Mitarbeiter meines Erachtens noch nicht als positiv bewertet wird. Man arrangiert sich."
    Eine Etage höher, im stählernen Hauptgebäude, hat der Präsident der BTU, Jörg Steinbach, sein lichtdurchflutetes Büro. Von hier hat man einen weiten Blick über das Unigelände. Steinbach schätzt die Stimmung anders ein: "Ich habe die Wahrnehmung, dass man eher froh ist, dass die Unruhezeit, wo man nicht wusste, wo es hingeht, wo ist der rote Faden, dass die vorbei ist."
    Die Fusion, die für so viel Irritation gesorgt hat, war notwendig, argumentiert Brandenburgs Wissenschaftsministerin Sabine Kunst: "Zwei Standorte wären langfristig nicht tragfähig gewesen, sodass ich sehr glücklich bin, dass dieser Weg nicht ohne Risiko erst mal an diesem Ziel ist."
    Shuttlebusse zwischen den Standorten
    Nach vielen Diskussionen ist es gelungen, sich auf einen neuen, gemeinsamen Kurs zu einigen: Laut dem gerade vorgestellten Hochschulentwicklungsplan soll es ab dem kommendem Wintersemester möglich sein, innerhalb eines Studienganges zwischen universitären und anwendungsbezogenen Inhalten zu entscheiden. Zwei Fakultäten werden gestrichen. Dadurch erhofft sich Steinbach einen stärkeren Focus auf die Kernfächer. "Das Ordnungsprinzip sind jetzt die wissenschaftlichen Disziplinen und nicht mehr die Standorte und nicht mehr die Frage, fachhochschulisch oder universitär. Ich glaube, das ist für die jungen Menschen heute eine attraktive Alternative."
    Das klinge auf dem Papier gut, meint ein junger Doktorand, der seinen Namen ebenfalls nicht nennen will, sei in der Praxis aber schwierig umzusetzen. Denn immerhin sind die beiden Standorte 40 Kilometer voneinander entfernt. "Primär heißt das für den Studenten, wenn er sagt, er will eher etwas Theoretisches machen, er müsste seinen Lebensmittelpunkt nach Cottbus verlegen. Weil die meisten Vorlesungen, die dann eher in die Theorie gehen, die sind eben hier in Cottbus angeboten und nicht in Senftenberg. Und dadurch heißt es für den Studenten entweder oder. Entweder Cottbus oder Senftenberg."
    Die Studenten können beides haben, meint dagegen Wissenschaftsministerin Sabine Kunst. Denn die Distanz solle künftig mit Shuttlebussen überwunden werden. Doch sie weiß auch: Der Weg ist noch lang: "Ein halbes Jahrzehnt würde ich rechnen, die Entwicklung der neuen Struktur, die Besetzung neuer Stellen, das Tragen einer Corporate Identity durch diejenigen, die neu hinzukommen und auch das Neue mit ausmachen. Die müssen ja erst mal anlanden, sich wohlfühlen und mit vermitteln, dass es ein Universitätsmodell der Zukunft ist."